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Wie das Landratsamt Mittelsachsen bestätigte, gibt es einen Tuberkulose Fall an der sächsischen Clara-Zetkin-Schule in Freiberg. Die früher als Schwindsucht bezeichnete Krankheit ist aus den Köpfen der Menschen in Deutschland längst gewichen. Viele halten sie in Deutschland sogar als ausgerottet, doch die TBC Erkrankungen zeigen eine steigende Tendenz seit 2012. In Berlin wurde sogar eine neue Spezialambulanz Tuberkulose eingerichtet.

 „Bis jetzt wurden 57 Schülerinnen und Schüler im Alter von 12 bis 17 Jahren und 24 Lehrer als Kontaktpersonen erfasst und untersucht“, sagte eine Sprecherin des Landratsamtes gegenüber der ‘Freien Presse‘ zum aktuellen Geschehen an der sächsischen Clara-Zetkin-Schule in Freiberg. Es wird zudem ermittelt, ob sich der Erreger auf andere Schulangehörige übertragen hat.

Anlässlich des Welttuberkulosetages im März sagte Sachsens Sozialministerin Barbara Klepsch: „Wir müssen Tuberkulose noch immer sehr ernst nehmen. Diese Infektionskrankheit kommt auch in unseren hochentwickelten Ländern vor.“ Die meisten Erkrankungen gehen laut dem Ministerium auf Menschen zurück, die in Deutschland geboren sind. Dr. Thomas Grünewald vom Leipziger St. Georg Klinikum wiederspricht dieser Aussage. Jedenfalls was die Tuberkulose Fälle in Leipzig angeht. : „80 Prozent der Neuerkrankten in Leipzig kommen aus dem Ausland. Oft sind es Patienten aus der Ukraine und aus afrikanischen Ländern“, so Grünewald.

„Es gibt einen Zusammenhang mit der aktuellen Zuwanderung“, sagt auch Lena Fiebig, Infektionsforscherin am Robert-Koch Institut. „Migration ist aber nicht die Ursache von Tuberkulose. Das Bakterium ist es. Es ist sehr ungleich in der Welt verteilt. Es kommt aber auch in Deutschland vor“, so Fiebig. Die AfD nutzt die gestiegenen Zahlen der Tuberkulose Erkrankungen in Deutschland und spielt diesen Ball der Migrationswelle zu.

Wie ungleich Tuberkulose in der Welt verteilt ist zeigen folgende Zahlen. 60 Prozent der Fälle traten in nur sechs Staaten auf. Das waren Indien, Indonesien, China, Nigeria, Pakistan und Südafrika. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind in 2015 rund 10,4 Millionen an TBC erkrankt, wovon 1,4 Millionen an der Infektion starben. Für gerade mal 20 Prozent bestand eine Chance auf Heilung. Dies ist jedoch nicht den schlechten Heilungschancen, sondern der medizinischen Infrastruktur und Versorgung geschuldet. Tuberkulose gilt deshalb, obwohl relativ gut mit Antibiotika behandelbar, weiterhin als die in der weltweiten Statistik führende tödliche Infektionskrankheit.

In Deutschland sind besonders in Städten die meisten Erkrankungen zu finden. „Die Rate in Metropolen ist definitiv höher als im Rest des Landes“, bestätigt Fiebig. Das liegt hauptsächlich an der Zusammensetzung der Bevölkerung von großen Städten. „Tuberkulose hat immer eine soziale Dimension“, erklärt Fiebig. Obdachlose und Menschen aus prekären Lebensverhältnissen haben ein höheres Risiko an TBC zu erkranken. Auch Alkohol- und Drogenmissbrauch sind Faktoren, aber auch die Migration. Alle diese Faktoren spielen eine Rolle vor allem in großen Städten.

„Tuberkulose kommt in Deutschland vor. Aber eben nicht so häufig, dass jeder Arzt regelmäßig eine sieht“, so Lena Fiebig. Daher wird auch nicht jeder TBC Fall sofort erkannt. Ärzte denken nicht unbedingt bei anhaltendem Husten, Nachtschweiß und starkem abnehmen an eine TBC Infektion und einen Röntgencheck um diese zu diagnostizieren. Dadurch lassen sich nämlich die Veränderungen im oberen Teil der Lunge gut erkennen. Befällt die Tuberkulose auch andere Organe wird die Diagnose schwieriger.

Die steigenden TBC Fälle sind eine neue Entwicklung in Deutschland. Nach dem Zweiten Weltkrieg ist TBC als typische Armutserkrankung mit dem wachsenden Wohlstand in den aufstrebenden Industrienationen stetig zurückgegangen. Die damals als Schwindsucht bezeichnete Krankheit verschwand zunehmend aus den Köpfen der Menschen. Mit 4.200 registrierten Fällen gab es 2012 den absolut niedrigsten Stand in Deutschland. Seitdem wächst die Zahl jedes Jahr ein wenig. 2016 erfasste das Robert-Koch-Institut 5.915 Erkrankungen, 63 mehr als im Jahr zuvor.

Das Berliner Vivantes-Klinikum in Neukölln hat im Februar eine Spezialambulanz Tuberkulose eingerichtet. Sprechstunde ist jeden Donnerstag, allerdings ist es noch kaum bekannt, dass hier Klinikmediziner und Praxisärzte aus verschiedenen Fachbereichen wegen TBC zusammenarbeiten. Für Patienten bringt es den Vorteil, dass sie nach einem Klinikaufenthalt ihren Arzt für die Folgebehandlung nicht wechseln müssen, was in Neukölln sowieso nicht einfach wäre. „Es gibt genau zwei Lungenfachärzte“, sagt Klinik-Chefarzt Wulf Pankow.

Bisher kamen in die Berliner Tuberkulose-Ambulanz in Neukölln Kranke im Alter von 19 bis 90 Jahren. Wird eine ansteckende Form von Tuberkulose diagnostiziert, muss der Patient isoliert werden, was sich manchmal als nicht einfach darstellt. „Manche akzeptieren das sofort, bei anderen müssen wir auch an die Verantwortung anderen gegenüber appellieren“, sagt Oberarzt Norbert Frank. „Wenn da absolut keine Einsicht herrscht, erzwingen wir einen Aufenthalt im Gefängniskrankenhaus. Das ist sehr selten, aber wir haben das schon getan“, ergänzt Wulf Pankow.

Genau wie in Leipzig stammen die meisten Erkrankten in Berlin nicht aus Deutschland. „Bei Migranten zeigt sich die ganze soziale Problematik“, sagt Pankow. „Wir brauchen einen Dolmetscher, und wir müssen die Unterbringung klären. Über Bundesländergrenzen hinweg ist das besonders schwierig“. Die tückische Lungenkrankheit war nie ganz aus Berlin verschwunden, doch nun steigt die Zahl der Fälle wieder an.

INFO:

Die Tuberkulose (kurz TBC oder TB) ist eine bakterielle Infektionskrankheit. Sie wird durch diverse Arten von Mykobakterien verursacht und befällt vornehmlich die Lungen. Die Inkubationszeit beträgt sechs bis acht Wochen. Typische Symptome sind Fieber, Husten, Nachtschweiß und rasche Gewichtsabnahme. Der Husten geht oft mit grünlichem oder blutigem Auswurf einher. Da sich die frühen Symptome mit vielen Erkrankungen decken und Tuberkulose selten auftritt, wird sie nicht immer sofort als solche erkannt. Übertragen wird Tuberkulose durch Tröpfchen in der Atemluft, ist jedoch nicht hochansteckend. Nur etwa fünf bis zehn Prozent erkranken bei gesunden Menschen, wenn sie mit dem Erreger in Kontakt kommen. Ältere Menschen und Immunschwache haben ein erhöhtes Risiko.

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