Luftverschmutzung

Seit Jahren sind die Werte bei Stickoxid (NO2) in vielen Großstädten zu hoch. 2016 wurden im Jahresmittel wieder an 57 Prozent der Messstellen die Grenzwerte teils deutlich überschritten. Zwar zeigt sich seit 2010 ein leicht abnehmender Trend, doch dies zeigt auch, dass viel zu wenig seitens der Regierung und Behörden getan wurde. Nun droht die EU mit Strafe.

„Seit Jahrzehnten gefährdet Stickstoffdioxid unsere Gesundheit“, sagte Maria Krautzberger, Präsidentin des UBA. „Schuld sind in den Städten vor allem alte Diesel-Autos. Es kann aus Sicht des Gesundheitsschutzes nicht akzeptiert werden, dass die Kommunen keine Handhabe haben, um beispielsweise Dieselautos mit hohem Ausstoß aus den belasteten Innenstädten auszuschließen. Deutschland ist auch gegenüber der EU verpflichtet, für saubere Luft in den Städten zu sorgen. Dazu kann die Blaue Plakette einen wichtigen Beitrag leisten. Die Kommunen brauchen eine bundeseinheitliche Regelung, die festlegt, wer die blaue Plakette bekommt und wer nicht. Schließlich geht es darum, die Gesundheit ihrer Bürgerinnen und Bürger zu schützen.“

Als die VW-Diesel-Affäre ans Licht kam wieder etwas Schwung in das Thema Luftverschmutzung in Großstädten. Die “blaue Plakette“ für besonders saubere Autos wurde wieder heiß diskutiert. Gescheitert ist sie am Widerstand der CSU, die “pauschale Einfahrverbote“ für Dieselfahrzeuge nicht als Lösung sieht. Würde die blaue Plakette kommen, wird befürchtet, dass jedes zweite Auto keine bekommen würde. Also ist letztlich wieder nichts passiert. So argumentierte CSU-Verkehrsminister Alexander Dobrindt etwa, es sei wirkungsvoller, bei Taxen, Bussen oder Behördenfahrzeugen anzusetzen, die fortwährend im Stadtverkehr unterwegs sind. Außerdem lasse das Bundesimmissionsschutzgesetz Fahrverbote schon heute zu. Also weder Bundesregierung noch die Kommunen wollen Maßnahmen durchsetzen. Lieber schiebt jede Seite dem anderen den schwarzen Peter zu.

Außer heißer bzw. dreckiger Luft ist in den letzten Zehn Jahren nichts passiert. Mit der aktuellen Tabelle des Umweltbundesamtes wird den Behörden und der Bundesregierung wieder mal deutlich ihr Unvermögen vor Augen gehalten. 2016 wurden im Jahresmittel wieder an 57 Prozent der Messstellen die Grenzwerte teils deutlich überschritten.

Eine gute Nachricht gab es in Sachen Feinstaub (PM10). Das führt das UBA aber auf die günstige Wetterlage zurück. “ Außer zu Beginn des Jahres blieben besonders feinstaubbegünstigende Wetterlagen aus, so dass 2016 die geringste Feinstaubbelastung seit 2000 gemessen wurde. Nur an der verkehrsnahen Messstation am Stuttgarter Neckartor wurde erneut der EU-Grenzwert überschritten (PM10-Tagesmittelwerte über 50 µg/m³ an mehr als 35 Tagen im Jahr). Das UBA ist dennoch besorgt: Der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlene Wert von 20 µg/m3 im Jahresmittel wurde an fast einem Viertel aller Messstationen (24 Prozent) überschritten“, berichtet das Umweltbundesamt.
Die leittragenden sind die Stadtbewohner. Stickoxide sind gesundheitsschädlich. Sie können Schwindel, Kopfschmerzen und Atemnot auslösen. Asthmatiker sind besonders gefährdet und bei hohen Konzentrationen begünstigen sie das Risiko für Schlaganfälle. Laut Angaben der Europäischen Umweltagentur gehen 10.400 Todesfälle im Jahr 2012 in Deutschland auf Stickoxide zurück. Europaweit sind es etwa 75.000 Todesfälle.

Stickoxide begünstigen zudem die Ozonbildung und sauren Regen. „Nur wenn wir unsere Stickoxidemissionen in den Griff bekommen, können wir erhöhte Ozonbelastungen auch bei fortschreitendem Klimawandel vermeiden“, so Maria Krautzberger. „Ich bin froh, dass sich Ende 2016 alle EU-Staaten verpflichtet haben, bis 2030 die Emissionen von Feinstaub, Ammoniak, Stickoxiden und flüchtigen Kohlenwasserstoffverbindungen zu senken. Dadurch wird hoffentlich nicht nur die steigende Belastung durch Ozon begrenzt, sondern auch die Feinstaubbelastung gesenkt.“

Ob hier nicht der Wunsch Vater des Gedankens ist bleibt abzuwarten. Die droht Deutschland bereits mit Klage, weil sie die EU-Umweltschutzbestimmungen nicht einhalten kann. Umweltverbände wie die Deutsche Umwelthilfe haben bereits Gerichtsverfahren in 16 Städten eingereicht und erfolgreich gewonnen, weil die Luftreinhaltepläne nicht besser und schneller umgesetzt werden. Darunter waren die Städte Stuttgart, Berlin, München. Hamburg oder Düsseldorf. Doch bisher haben die Verurteilungen auch nicht wirklich für ein Umdenken gesorgt. Das Urteil gegen die Stadt Düsseldorf im Oktober 2016 könnte allerdings ein Richtungsweiser für künftige Urteile werden.

Bei diesem Urteil entschied das Gericht strenger und hat explizit ein begrenztes Diesel-Fahrverbot angeregt. Von einem „bahnbrechenden“ Urteil spricht daher die Deutsche Umwelthilfe. Bei deutlicher Überschreitung der Grenzwerte müsse nun ein Diesel-Fahrverbot kommen, es sei keine Option mehr. Die Richter argumentierten, dass die rechtlichen Grundlagen für Fahrverbote bereits vorhanden seien. Die Bundesländer, Städte und Gemeinden müssen nicht darauf warten bis auf Bundesebene die sogenannte „Blaue Plakette“ eingeführt wird. Ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge dränge sich jetzt auf sagten die Richter, wie ein Sprecher der Justizbehörde erklärte. Es sei schließlich unbestritten, dass Dieselautos maßgeblich zu den Emissionen beitragen. Zudem bezeichnete das Gericht die Stadt bezüglich der Durchsetzung des Luftreinhalteplans als inkompetent. „Auf die – unstreitig – fehlende Kompetenz des Beklagten zur Einführung einer Blauen Plakette (im Rahmen der 35. BImSchV), die sicherlich hinsichtlich Bundeseinheitlichkeit und Kontrollierbarkeit die bessere Lösung wäre, kann sich dieser gerade angesichts der auch ihn treffenden staatlichen Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG (vor Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit und der Gesundheit) nicht mit Erfolg berufen. Denn die gegenwärtigen bundesrechtlichen Regelungen erlauben dem Beklagten und bzw. zusammen mit der Beigeladenen schon heute die Anordnung von Fahrverboten für (bestimmte) Dieselfahrzeuge“, geht aus dem Urteil hervor. Ein so konkretes Fahrverbot wie nun in Düsseldorf wurde bislang aber noch nicht ausgesprochen“, sagte DUH-Anwalt Remo Klinger. Damit sei der Weg geebnet Fahrverbote für Dieselfahrzeuge umzusetzen. Zudem ist dieses Urteil richtungsweisend für zukünftige Rechtsprechungen.

Die Deutsche Umwelthilfe war auch treibende Kraft beim Dieselabgasskandal, dem sogenannten Diesel-Gate, der insbesondere mit VW in Verbindung gebracht wird. Die Deutsche Umwelthilfe hat in Zusammenarbeit mit amerikanischen Umweltschützern auf die Manipulationen bei den Abgaswerten von Dieselfahrzeugen aufmerksam gemacht. Mit Axel Friedrich, ehemaliger Experte des Umweltbundesamtes, ist auch ein anerkannter Fachmann bei der Umwelthilfe. Friedrich hat seit jeher ganz genau auf die Angaben der Hersteller geachtet und diese hinterfragt. „Wir wissen ziemlich genau, wer hier betrügt. Man kann sagen, es sind fast alle. Wir sehen, dass VW hier eher ein graues Schaf ist, denn wir haben andere tiefschwarze Schafe: Ich sehe, dass Fiat, Renault-Nissan, GM-Opel und Ford bei allen Modellen, die wir gemessen haben, weit über den Grenzwerten liegen. Auch der Kunde wird hier betrogen. Er kauft sich ein Fahrzeug mit sauberer Euro-sechs-Norm, bekommt es aber gar nicht. Das ist nicht nur Betrug an der Umwelt, sondern auch am Käufer“, so Friedrich. Dieselfahrzeuge kamen in Mode wegen der großen CO2 Debatte, denn sie produzieren viel weniger CO2 als Benziner. Gleichzeitig stoßen Dieselfahrzeuge jedoch mehr Stickoxide aus. Zwar verfügen die modernen Dieselfahrzeuge über spezielle Katalysatoren, die jedoch nur auf dem Prüfstand funktionieren und nicht auf der Straße.

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