Kaffeetassen-Kaffeebohnen

Lange galt Kaffee als eher ungesund, vor allem übermäßiger Konsum. Mittlerweile schreiben immer mehr Studien dem beliebtesten Heißgetränk der Deutschen positive Eigenschaften für die Gesundheit zu. Aber Kaffee ist nicht gleich Kaffee. Auch die oft je nach Mensch unterschiedliche Wirkung des Koffeins macht exakte Ergebnisse schwierig.

Für viele Deutsche ist der Kaffee am Morgen das bewährte Mittel um die Lebensgeister zu wecken. Der Morgen-Kaffee gehört für viele zum morgendlichen Ritual wie das Zähneputzen. Mittags nach dem Essen verhindert er das Esskoma und am späten Nachmittag ist er mit einem Stück Kuchen der perfekte Genuss. Oftmals geht der Kaffeekonsum aber auch mit einem schlechten Gewissen einher, gilt Kaffee nicht gerade als besonders gesund.

Trotzdem florieren die Coffeeshops und der Konsum der Deutschen wächst. 162 Liter Kaffee trinken die Deutschen jährlich. Damit hat Deutschland den drittgrößten pro Kopf Konsum der Welt, nach den USA und Brasilien. Das sind umgerechnet etwa ein halber Liter Kaffee pro Tag oder rund 1.000 Tassen bei typischen Kaffeetassen von 150 Millilitern. Aber wie ungesund oder gesund ist die Leidenschaft für das Heißgetränk wirklich? Immer mehr Studien zeigen, dass Kaffee gegen Diabetes, Gicht, Parkinson oder Leberleiden positiv wirkt. Auch ist die Menge des täglichen Konsums nicht zwingend ungesund, was Vieltrinker erfreuen dürfte.

Lange Zeit galt hoher Kaffeegenuss als gesundheitlich bedenklich, weil er den Herzrythmus und Blutdruck erhöht, er nervös macht und gar die Lebenserwartung senkt. Die These des vorzeitigen Ablebens von Kaffeetrinkern gilt heute als überholt. „In früheren Studien wurde nicht auf einen möglichen ungesunden Lebensstil geachtet“, erklärt Dr. Anna Flögel, Ernährungswissenschaftlerin am Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam. So sind viele Kaffeetrinker auch Raucher. „Dabei lag das am Rauchen. Heute weisen die Ergebnisse zahlreicher Studien darauf hin, dass Kaffee mit einer niedrigeren Gesamtsterblichkeit einhergeht“, so Flögel.

Auch das Kaffee harntreibend ist und dem Körper Wasser entzieht, gehört heute in die Welt der Mythen. Der Flüssigkeitshaushalt des Körpers wird nur sehr gering verringert. Daher darf Kaffee auch in die tägliche Flüssigkeitsbilanz hinzugerechnet werden. Nur als Durstlöscher eignet sich Kaffee nicht sonderlich.

Inzwischen gibt es zahlreiche Studien zu den Wirkungen und Auswirkungen von Kaffee. Einige zeigen negative Effekte, andere wiederum positive Wirkungen. Einige Punkte sind weiterhin umstritten, andere gelten als be- oder wiederlegt. Aktuell überwiegen die positiven Meldungen.

Ein Grund für die Schwierigkeiten bei den Forschungen ist, dass die Menschen sehr unterschiedlich auf den Hauptwirkstoff Koffein reagieren. Etwa ob es schnell oder langsam abgebaut wird. Die Wirkungen von Koffein sind beim Menschen sehr komplex. Für die Pflanze ist Koffein ein Abwehrmechanismus gegen Fressfeinde, der sie betäubt oder tötet. „Koffein ist eigentlich ein Gift, aber in geringen Dosen regt es den Kreislauf an und fördert die Konzentration", erklärt Getränketechnologe Prof. Bernd Lindemann von der Hochschule Geisenheim. Eine tödliche Dosis für den Menschen ist selbst bei übermäßigem Kaffeegenuss nicht gegeben. „Dafür müsste man schon 100 Tassen am Tag trinken“, so Prof. Lindemann.

Im Körper wirkt Koffein zweifach. Es verengt die Blutgefäße. Dadurch muss das Herz mit mehr Druck pumpen, um das Blut zirkulieren zu lassen. Folglich steigen Herz- und Atemfrequenz, wodurch Gehirn und alles andere optimal mit Blut versorgt werden. Zum anderen blockiert Koffein den Botenstoff Adenosin. „Adenosin könnte man als eine Art Bremse im Gehirn verstehen“, erklärt die Pharmakologin Prof. Karen Nieber von der Universität Leipzig. Der Botenstoff macht müde und verringert den Austausch zwischen den Nervenzellen. Koffein macht also munter, weil es Adenosin bremst und zugleich den Kreislauf anregt. Die positiven Eigenschaften des Koffein, den viele Kaffeetrinker schätzen, ist die höhere geistige Leistungsfähigkeit sowie Wahrnehmung, eine bessere Konzentration und verringerte Reaktionszeit. Bei einigen Menschen sorgt der Muntermacher für Schweißausbrüche, zittern und Nervosität.

Die Wirkung des Koffeins für das Herzkreislauf-System nährten lange die Befürchtungen, Kaffee erhöhe das Herzinfarktrisiko. Obwohl es Studien gibt, die diese These stützen, geben die meisten Studien in dieser Hinsicht Entwarnung.

Das Koffein wirkt nach 15 bis 30 Minuten und dauert mehrere Stunden an. Der Koffein-Schub lässt nach Angaben der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nach etwa vier Stunden nach. Allerdings ist das sehr pauschal. Manch einer hat nach vier Stunden und manche sogar noch nach acht Stunden erst die Hälfte des Koffeins verstoffwechselt. Bei Frauen wirkt Koffein teilweise doppelt so lange als bei Männern. Ältere Menschen, Kinder, Jugendliche oder schwangere Frauen reagieren sehr unterschiedlich auf den Wachmacher. Raucher wiederum bauen Koffein schneller ab als Nichtraucher. Auch Medikamente nehmen Einfluss auf die Wirkung und Dauer des Koffeins. Männer werden laut einer Studie von der Universität Barcelona besser wach als Frauen. Vieltrinker von Kaffee sind körperlich an Koffein gewöhnt, weshalb es weniger stark wirkt, als Seltenheitstrinker. Genau diese unterschiedlichen Wirkungen machen es den Wissenschaftlern schwer in manchen Punkten eindeutige Ergebnisse zu erlangen. „Wie lange, wie überhaupt und wie intensiv Koffein im Körper wirkt, ist individuell sehr unterschiedlich“, sagt Flögel.

Welcher Kaffee getrunken wird spielt außerdem eine Rolle. Die Sorte, das Röstverfahren und zuletzt die Zubereitung beeinflussen den Koffeingehalt in der Tasse. „Er pendelt zwischen 40 und 120 Milligramm pro Tasse“, so Flögel, womit 150 Milliliter Kaffee gemeint sind. Auf dieser Norm basiert auch die Empfehlung von drei bis fünf Tassen pro Tag seien unbedenklich. In einer aktuellen Risikobewertung Europäische Lebensmittelbehörde EFSA wird empfohlen nicht mehr als 200 Milligramm Koffein auf einmal und höchstens 400 Milligramm pro Tag zu konsumieren. Stillende und Schwangere sollten den Konsum auf drei Tassen beschränken. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt Frauen in der Schwangerschaft maximal ein bis zwei Tassen Kaffee pro Tag zu sich zu nehmen. Es gibt auch Studien, die zeigen, dass sich das Risiko für Totgeburten bei Kaffeegenuss erhöht.

Robusta Kaffee hat etwa drei Mal so viel Koffein wie ein Arabica. Robusta hat bis zu 4,5 Prozent Koffein, während die Sorte Arabica maximal 1,7 Prozent erreicht. Wie ein Kaffeeanbieter röstet entscheidet ebenfalls über den Koffeingehalt. Ein Espresso kann bei dem einen Hersteller 50 Milligramm Koffein enthalten und beim anderen 300 Milligramm. Zuletzt die Zubereitung als Faktor für den Koffeingehalt. Filterkaffee enthält mehr Koffein als ein Espresso. Die Zubereitung spielt auch für den Cholesterinspiegel eine Rolle. Beim Filterkaffee bleiben die Stoffe Cafestol und Kahweol im Filter hängen. Diese führen zum Anstieg des „schlechten“ LDL-Cholesterins.

Neben dem Hauptbestandteil Koffein enthält die Kaffeebohne viele weiter Stoffe. Die geröstete Bohne enthält bis zu 800 Aromastoffe bei gerade mal drei Kilokalorien pro Tasse. Der Rohkaffee besteht zu 40 Prozent aus Kohlenhydraten, überwiegend Vielfachzucker (Polysaccharide) und Einfachzucker. Beim Rösten werden die Kohlenhydrate verändert und abgebaut. Die Zellwand der Bohne, die wasserunlöslichen Polysaccharide, bleiben beim Aufbrühen als Kaffeesatz zurück. Über zehn Prozent der Bohne sind unterschiedliche Feststoffe, die ebenfalls kaum in die Tasse gelangen. Auch die Fette, etwa zehn Prozent stecken in der Bohne, gelangen kaum in den Kaffee. Kaffee enthält zudem einige B-Vitamine, wie wie Vitamin B2, Vitamin B5 und Vitamin B6 und insbesondere Vitamin B3. Kaffee enthält zudem viele Chlorogensäuren. Auch Mineralstoffe mit fünf Prozent liefert die Bohne, wovon der größte Teil ins Getränk gelangt. Dies sind vor allem Kalium, Kalzium, Magnesium und Phosphor. Schließlich enthält die Bohne noch diverse Alkaloide, wie das anregende Koffein.

Die vielen guten Stoffe in der braunen Bohne wirken positiv für die Gesundheit, wie immer mehr epidemiologische Studien zeigen. Kaffee kann vor Diabetes schützen, Parkinson oder Leberleiden. Eine mit 125.000 Teilnehmern durchgeführte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Kaffee die Leber vor Schädlichen durch zu viel Alkohol schützen kann. Schon bei einer Tasse Kaffee am Tag reduziere sich das Risiko für eine Leberzirrhose um 20 Prozent, bei mehr als drei Tassen um 80 Prozent. Wie genau Kaffee das zuwege bringt ist noch nicht ausreichend erforscht.

Die 2012 veröffentlichte EPIC-Studie unter Leitung des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung mit 42.600 Teilnehmern konnte aufzeigen, dass sich das Risiko für Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen nicht erhöht. "Eigentlich trainiert die erhöhte Herzfrequenz den Herzmuskel sogar", erklärt die Pharmakologin Prof. Karen Nieber. Auch ein Überblicksartikel im Januar von Forschern der Emory University in Atlanta im "Journal of the American Heart Association" kam zu dem Schluss, dass Kaffee das Risiko für Herzrhythmusstörungen oder Herzerkrankungen nicht erhöht, sondern eher positiv wirkt. Tee- und Kaffeetrinker haben demnach ein geringeres Risiko von Herzerkrankungen. Das Risiko sinkt bei einem Konsum von zwei bis vier Tassen um 20 Prozent, sagen die Forscher des University Medical Center Utrecht. Tee sei allerdings noch besser als Kaffee. Hier senken drei bis sechs Tassen Tee das Risiko um 45 Prozent.

Es gibt laut der niederländischen Studie keine Obergrenzen für Tee. Bei Kaffee sehen es die Wissenschaftler ähnlich. Auch wenn die Studienteilnehmer, die mehr als vier Tassen konsumierten öfter krank waren, lag dies eher an einer wenigen gesunden Lebensweise, wie weniger ausgewogene Ernährung oder Rauchen.

Nach einer Studie des Instituts für Ernährungsforschung senkt Kaffeegenuss das Risiko an Diabetes 2 zu erkranken. Menschen die mehr als vier Tassen tranken, hatten gegenüber Menschen die durchschnittlich weniger als eine Tasse Kaffee tranken ein 23 Prozent geringeres Risiko an Diabetes 2 zu erkranken. Diese Wirkung wird den Chlorogensäuren in der Kaffeebohne zugeschrieben. Kaffee hat nach Mate-Tee die höchste Konzentration an Chlorogensäuren. Das Kaffee das Diabetes Risiko senkt, sagt auch Dr. Young Hee Lee-Barkey, leitende Oberärztin am Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen: „Das zeigen große Beobachtungsstudien. Koffein scheint für diesen Effekt nicht ausschlaggebend zu sein, da er auch bei entkoffeiniertem Kaffee auftritt“.

Auch gegen Gicht soll Kaffee helfen, wie die veröffentlichte neue Studie eines kanadisch-amerikanisches Forscherteams in der Fachzeitschrift „Arthritis & Rheumatism“ zeigt. Hier wurden 45.000 Männer jenseit der 40 Jahre über mehrere Jahre hin beobachtet. Die Teilnehmer, die vier bis fünf Tassen tranken hatten ein 40 Prozent geringeres Risiko an Gicht zu erkranken. Bei über sechs Tassen ist das Risiko sogar um 60 Prozent gesunken. Auch hier ist nicht das Koffein für die Wirkung verantwortlich. Die Wissenschaftler vermuten hier die enthaltenen Antioxidantien als maßgeblich.

Bei Krebs ist sich die Wissenschaft uneinig. Manche sagen, dass Krebsrisiko werde erhöht, andere behaupten Kaffee habe eine Schutzwirkung. Nach der EPIC-Studie gebe es kein erhöhtes Krebsrisiko, aber auch vorbeugende Effekte sind mit Skepsis zu betrachten. „Das sind alles Studien, die an Zellkulturen gemacht wurden“, so Prof. Karen Nieber. Studien zu Alzheimer beruhen wiederum oft auf Tierversuchen. Bei den beiden Themen steht also noch Forschungsarbeit vor den Wissenschaftlern, um genauere Fakten zu erhalten.

Jedenfalls ist Kaffee nicht so bedenklich wie noch vor Jahren vermutet wurde. Außerdem zeigt er auch positive gesundheitliche Aspekte. Bei einigen Themen muss noch viel geforscht werden. Da Kaffee nun so unterschiedlich bei jedem wirkt, ist es schwer gesundheitsfördernde Aspekte pauschal auf Alle zu übertragen. „Wer ungesund lebt, weil er zum Beispiel raucht oder häufig Alkohol trinkt, den macht Kaffee nicht gesünder“, so Dr. Anna Flögel, Ernährungswissenschaftlerin am Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam. Festzuhalten ist, dass vier Tassen am Tag nicht gesundheitsgefährdend sind, eher positiv wirken. Beim Kauf von Kaffee auf die Sorte und eine schonende Röstung achten. Und am Ende bleibt Kaffee das was er sein sollte – ein stimulierendes Genussmittel.

 

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