Wasserhahn-Glaswaschbecken

Trinkwasser aus der Leitung ist unbedenklich. So beschwören es die Behörden und Wasserbetriebe immer wieder. Dennoch leben in den Hauswasserleitungen Millionen von Bakterien in Biofilmen. Manche sind nützlich, manche stark gesundheitsgefährdend. Wie dieses verhindert werden kann, haben Wissenschaftler der Universität Lund untersucht.

In einem Glas Trinkwasser aus dem Hahn sind etwa zehn Millionen Bakterien. So erschreckend dies klingen mag, es kommt auf die Art der Keime an. Von den harmlosen Mikroben abgesehen, kommt es dennoch immer wieder zu Verunreinigungen im Trinkwasser durch Legionellen oder Darmbakterien. Obwohl die Wasserversorger bei gesundheitsgefährdenden Verunreinigungen in der Regel schnell Warnungen herausgeben, kommt es zu vielen Erkrankungen wie in Warstein 2013 mit 160 Fällen durch Legionellen. Dieses Bakterium kann schwere Lungenentzündungen hervorrufen und die Erkrankung sogar tödlich enden. In Warstein erlangen zwei Menschen der Erkrankung.

Ein hohes Gefahrenpotenzial sind die hauseigenen Wasserleitungen. Die Wasserbetriebe gewährleisten ein einwandfreies Trinkwasser bis zum Hausanschluss. Ab diesem Punkt bis zum Wasserhahn sind etliche Meter Wasserleitungen in denen das Wasser unkontrolliert fließt. Mit diesem Thema haben sich Wissenschaftler der Universität Lund in Schweden befasst. Sie untersuchten sogenannte Biofilme in Wasserleitungen und Wasserzählern. Die Bakterienvielfalt zeigte sich bei der Analyse als vielfältiger als bisher angenommen.

Die gute Nachricht: Die meisten Bakterien schwimmen nicht frei im Wasser herum. Über 95 Prozent leben auf einem dünnen Film an den Oberflächen der Leitungen. Sie bilden Biofilme, einen kleinen ökologischen und symbiotischen Lebensraum Mikroorganismen wie Bakterien, Pilzen oder Algen. Sie nutzen Schutzmechanismen und Stoffwechseleigenschaften der jeweils anderen Spezies. Die Wissenschaftler haben diese Biofilme genau untersucht und stellten fest, dass mehrere Tausend verschiedenen Arten von Bakterien in diesem Mikro-Ökosystem leben.

„Wir vermuten, dass es gute Bakterien gibt, die helfen, unser Wasser sauber zu halten - ähnlich dem, was in unserem Darm passiert. Wir hoffen, dass wir irgendwann die Zusammensetzung der Bakterien im Wasser ähnlich beeinflussen und die Wasserqualität kontrollieren können, indem wir das Wachstum der guten Bakterien anregen“, sagt Forscherin Catherine Paul. Dies wäre vergleichbar mit präbiotischer Ernährung, die unseren Darm positiv beeinflusst.

Aber ganz so einfach ist es nicht. „Das halte ich für schwierig“, erklärt Hans-Curt Flemming, ehemaliger Institutsleiter des Biofilm Centre der Universität Duisburg Essen. Es sei extrem schwer das Ökosystem eines Biofilms in einem offenen System wie den Wasserleitungen zu kontrollieren. Dafür sind die Biofilme zu komplex und reagieren sensibel auf jedwede Veränderung. Außerdem sei kein Biofilm wie der andere. Jeder für sich ist eine einzigartige Welt. „Nährstoffe, die man dem Wasser zugibt, haben sich meist auch als gutes Futter für die schon angesiedelten Mikroorganismen erwiesen“, so Flemming.

Ähnlich argumentiert auch Manfred Höfle vom Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung. „Man kann natürlich versuchen, eine Substanz zu finden, die unerwünschten Bakterien die Nährstoffgrundlage entzieht. Allerdings muss diese dann auch für den Menschen gut verträglich sein“, sagt Höfle. So ein Prozedere ist aufwendig und kostspielig. Daher werden heute weiterhin Substanzen die schädlich sind, wie Nitrat oder Phosphat, einfach entfernt.

Dennoch stellt sich die Frage, was der Einzelne machen kann. „Man muss die Bedingungen in den Leitungen steuern. Man muss schauen, wo sich schädliche Bakterien vermehren können und dann die Umgebung entsprechend verändern“, erklärt Flemming. Parameter wie Wassertemperatur, pH-Wert oder Chlorgehalt beeinflussen die Biofilme erheblich. Es wird auch vermutet, dass einige Gummi-Dichtungen Nährstoffe an Bakterien abgegeben.

Um gefährlichen Bakterien die Nährstoffe zu entziehen, sollte bei Erneuerung oder Neuinstallation von Wasserleitungen auf das richtige Material geachtet werden. Laut Höfle lasse sich das in Deutschland über entsprechende Verordnungen gut ermitteln.

„Einfach daran halten und beim Leitungsbau nicht sparen“, so Höfle. Ein anderes Thema sind Wasserzähler, die sich in einer Hamburger Kita nach wochenlanger Suche als Keimherd entpuppt haben. „Die Wasserzähler sind in diesem Zusammenhang interessant, weil in ihren Biofilmen Krankheitserreger oder Fäkalindikatoren sein können, die das ganze nachfolgende Netz kontaminieren können. Bei den jüngsten Fällen waren es die Hersteller, die bei Dichtigkeitsprüfungen kein keimfreies Wasser verwendet hatten und somit verkeimte Wasserzähler geliefert haben“, erklärt Flemming.

 

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