Cola-Dose-Regal

Der britische Apotheker und Gesundheits-Blogger Niraj Naik hat auf seinem Blog „The Renegade Pharmacicst“ veröffentlicht, was in der kommenden Stunde nach dem Konsum einer Dose Cola im Körper passiert. Seine Ausführungen wurden auf dem Blog kontrovers diskutiert. Ist alles nur an den Haaren herbeigezogen oder basieren die Aussagen auf Fakten?

Was kann ein Apotheker über den Gesundheitsfaktor beziehungsweise den Gesundheitsschäden von Soft-Drinks aussagen? Prädestinieren Niraj Naik aufgrund seiner Apotheker-Ausbildung und Erfahrung zu aussagekräftigen Thesen über die Auswirkungen einer Dose Cola? Nicht nur Mediziner haben sich zu den Aussagen zu Wort gemeldet. In den sozialen Medien wirft ihm die eine Seite vor unbewiesene Thesen aufzustellen, andere nutzten die Chance gegen Cola zu wettern. Für viele Medien war dies eine willkommene Meldung, die unkritisch weiter verbreitet wurde. Scheinbar ist niemanden aufgefallen, dass die Original-Meldung von Wade Meredith ist, die bereits im Juni 2010 veröffentlicht wurde. Der Apotheker habe lediglich noch einige Querverweise angegeben, die diese Thesen bekräftigen sollen. Was also passiert laut Niraj Naik beziehungsweise Wade Meredith innerhalb der nächsten Stunde nach dem Konsum einer Dose Cola im Körper?

In den ersten 10 Minuten
10 Teelöffel Zucker belasten das System schlagartig (100% der empfohlenen Tagesdosis.) Es kommt nicht zum Erbrechen durch die überwältigende Süße, da die Phosphorsäure das Aroma senkt.

Nach 20 Minuten
Der Blutzucker geht in den Spitzenbereich, was eine erhöhte Insulinausschüttung bewirkt. Darauf reagiert die Leber, indem Sie allen Zucker die sie bekommt in Fett umwandelt (In diesem Moment gibt es viel Zucker).

Nach 40 Minuten
Die Koffein-Aufnahme ist abgeschlossen. Die Pupillen erweitern sich, der Blutdruck steigt und als Reaktion darau , gibt die Leber mehr Zucker in die Blutbahn. Die Adenosin-Rezeptoren im Gehirn werden blockiert und machen munter.

Nach 45 Minuten
Der Körper erhöht die Dopaminproduktion, welche die Lustzentren des Gehirns stimuliert. Dies geschieht, nebenbei erwähnt, physikalisch auf dieselbe Weise wie bei Heroin.

Nach 60 Minuten
Die Phosphorsäure bindet Kalzium, Magnesium und Zink im unteren Darm und sorgt für einen weiteren Schub in den Stoffwechsel. Dies wird durch hohe Dosen von Zucker und künstlichen Süßstoffen ausgelöst, welche auch die Erhöhung der Kalziumausscheidung durch den Urin verstärkt.

Die harntreibenden Eigenschaften des Koffeins kommen ins Spiel. Nun werden mit Sicherheit das für die Knochen bestimmte gebundene Kalzium, Magnesium und Zink sowie Elektrolyte und Wasser ausgeschieden.

Nachdem die inneren Prozesse abgeklungen sind, folgt rasches Absenken des Blutzuckerspiegels. Reizbarkeit und/oder Trägheit setzen ein. Das gesamte Wasser, welches in der Coke enthalten war, wurde ausgeschieden, mitsamt den wertvollen Nährstoffen die der Körper für die Hydrierung und den Aufbau für starke Knochen und Zähne benötigt.

Cola-Dose-Grafik-60-Minuten-Verzehr

Weiter schreibt der bloggende Apotheker, dass Coke nicht nur einen hohen Gehalt an Mais-Sirup enthält, sondern neben Koffein auch raffinierte Salze. Der regelmäßige Verzehr von Cola oder anderen verarbeiteten Lebensmitteln, die solche Inhaltsstoffe aufweisen, können zu höherem Blutdruck, Diabetes und Übergewicht führen. Hin und wieder sei der Konsum allerdings unbedenklich, der Schlüssel sei Mäßigung beim Konsum. Nun sollte jeder die Risiken von Limonaden kennen, die von ihrem hochsäurebildenden Zuckergehalt, der Kohlensäure und Zusätzen wie Salz und Phosphor ausgehen, so Niraj Naik weiter.

Obwohl der Apotheker keine Studien oder andere wissenschaftliche Beweise darlegt, die diese Behauptungen explizit bekräftigen, hat sich diese Meldung viral schnell verbreitet und wurde von diversen Medien ebenfalls unverändert publiziert. Zu Recht kam es auf dem Blog des Apothekers zu kritischen Kommentaren. So wurde ihm die reißerische Formulierung übel genommen, dass Coca Cola Dopamin ausschütte, genau wie es beim Konsum von Heroin geschehe. Im Grunde ist dies richtig. Allerdings ist Dopamin ein Neurotransmitter, umgangssprachlich als Glückshormon bezeichnet, das auf viele Arten ausgeschüttet wird. Beispielsweise beim Verzehr von Schokolade, nach dem Sport, durch Musik oder beim Sex.

Ein anderer Kommentar erklärt, dass mit einer Dose Cola längst nicht die gesamte Tagesdosis an Kohlenhydraten erreicht sei, sondern lediglich etwa 10 Prozent. Auch das der Blutzucker stark ansteigt ist nicht ungewöhnlich. Alle Lebensmittel, die Kohlenhydrate enthalten erhöhen den Blutzuckerspiegel. Wie schnell beziehungsweise langsam der Körper die Kohlenhydrate abbaut, lässt den Blutzucker schnell oder langsamer steigen. Bei Traubenzucker steigt der Blutzucker schnell, bei Vollkornbrot dauert es wesentlich länger. Auch andere Behauptungen des Artikels lesen sich dramatischer als sie wirklich sind beziehungsweise stimmen schlicht nicht. Dennoch ist der Kern der Aussage, nämlich das Softdrinks gesundheitsschädliche Effekte haben, nicht falsch, wie diverse Studien zeigen.

Wissenschaftliche Fakten über Cola & Co.

Diverse Studien belegen, dass zuckerhaltige Softdrinks dick und krank machen können. Schon die Nurses‘ Health Study aus den 1980er-Jahren befasste sich mit dem Konsum von zuckerhaltigen Getränken. Diese große epidemiologische Studie an US-amerikanischen Krankenschwestern zeigte, dass die Frauen, die mehr als zwei Süßgetränke konsumierten, eine wesentlich höhere Wahrscheinlichkeit für koronare Herzerkrankungen aufwiesen.

Eine neuere Studie sieht einen Zusammenhang von Softdrinks mit beschleunigtem Altern, je nach Konsumverhalten sogar um Jahre. Nach Angaben der Studie von der Universität von Kalifornien, veröffentlicht im „American Journal of Public Health“, sind Menschen die täglich 350 Milliliter zuckerhaltige Softdrinks (etwa eine Dose) konsumieren um 4,6 Jahre älter als Menschen, die stattdessen Wasser oder Tee trinken.

Die Wissenschaftler befragten rund 5.000 Personen zu ihren Trinkgewohnheiten. Bei den Befragten wurde anschließend die DNA der weißen Blutkörperchen analysiert. Es zeigte sich, dass die Telomere, die Schutzkappen am Ende der Chromosomen, bei den Konsumenten der Softdrinks deutlich kürzer waren. Mit jeder Zellteilung, also dem ganz normalen Altern, werden die Telomere kürzer. Sie sind praktisch eine biologische Uhr, welche die Lebensdauer eines Menschen aufzeigen kann. Es wird neuerdings vermutet, dass Telomere zudem in Verbindung mit der Entwicklung bestimmter Krebsarten, Herzleiden und Diabetes stehen.

Die Wissenschaftler der Studie fragten sich vor etwa vier Jahren, wie es bereits in jungen Jahren zu einer Verkürzung der Telomere kommen könne. Leiterin der Studie Elissa Epel vermutet, dass zuckerhaltige Softdrinks einen wesentlichen Teil dazu beitragen und in Zusammenhang mit westlichen Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht sowie frühzeitige Erkrankungen stehen. Durch diese Studie könne zwar noch kein eindeutiger Beweis erbracht werden, doch der Zusammenhang ist erbracht, dass zuckerhaltige Getränke die Zellalterung beschleunigen. Natürlich könnte lediglich der übermäßige Zuckerkonsum im Blut oxidativen Stress und Entzündungen verursachen, der ja mit dem Konsum von Softdrinks einhergeht. Das seien laut Epel die perfekten Voraussetzungen, um die Telomere zu verkürzen. Die Wissenschftler um Epel planen nun weitere, langfristige Studien, die den Konsum von Softdrinks wie Coca Cola genauer untersuchen.

Eine Langzeitstudie aus Schweden zeigt die gesteigerte Krebsgefahr für Männer, die regelmäßig Softdrinks konsumieren. Die Studie von Isabel Drake von der Universität von Lund, veröffentlicht in der Fachzeitschrift „American Journal of Clinical Nutrition“, spricht von einem erhöhten Risiko an Prostatakrebs zu erkranken. „Bei Männern, die jede Menge Softdrinks oder andere zuckerhaltige Getränke zu sich nahmen, stieg das Risiko um 40 Prozent“, so Drake.

Über einen Zeitraum von 15 Jahren wurden von 8.000 Männern im Alter von 45 bis 73 die Trink- und Essgewohnheiten beobachtet. Lediglich 330 Milliliter (etwa eine Dose) reichten aus, um das Risiko für Prostatakrebs um 40 Prozent zu erhöhen. Jene die zuckerhaltige Frühstücksflocken konsumierten, hatten ein 38 Prozent höheres Risiko an einer milderen Form von Prostatakrebs zu erkranken, die jedoch nicht behandelt werden muss. Für die Probanden die Softdrinks konsumieren, gebe es laut Wissenschaftlerin Drake genügend Gründe den Konsum der zuckerhaltigen Getränke zu überdenken.

Zwei Interventionsstudien an US-amerikanischen Erwachsenen haben einen Zusammenhang von Softdrink-Konsum und Fettstoffwechselstörungen aufgezeigt. Leider geben die meisten Interventionsstudien, welche die epidemiologischen Untersuchungen überprüfen sollen, keine alltäglichen Ergebnisse wieder. Es wurden Getränke verwendet, die einen täglichen Konsum von 1,7 bis 4 Litern Softdrinks entsprechen würden.

Züricher Wissenschaftler um den Endokrinologen Dr. Kaspar Berneis haben deshalb ein auf den Alltag zugeschnittenes Studiendesign entwickelt, welches heute üblichen Trinkgewohnheiten entspricht. 29 gesunde und normalgewichtige junge Männer haben an der Studie teilgenommen. Es wurden den Probanden fünf verschiedene Getränke gegeben. Darin waren 40 oder 80 g Fructose, 40 oder 80 g Glucose oder 80 g Saccharose enthalten. Die Probanden konsumierten drei Wochen lang, täglich drei Mal je 200 Milliliter von einem der fünf Getränke. Anschließend wurden die metabolischen Parameter der Probanden gemessen.

Waren die drei Wochen vorbei, kam es zu einer sogenannten vierwöchigen Washout-Phase, in der der Körper sich wieder durch selbstständige Entgiftung reinigt, bevor die nächste Intervention von drei Wochen mit einem anderen der fünf Süßgetränke weiter geht. Zur Kontrolle, ob die Washout-Phase ausreichend war, wurden die Daten vor der ersten Intervention als Kontrolle hinzugezogen. Zudem berieten die Wissenschaftler die Probanden, wie diese möglichst wenig Fructose durch Ernährung aufnehmen. Das Forscherteam wollte herausfinden, wie sich der Kohlenhydrat- und Lipidstoffwechsel bei dieser Ernährungsweise verändert.

Die Ergebnisse der Studie waren selbst für die Wissenschaftler überraschend. „Wir haben den schädlichen Effekt von Softdrinks unterschätzt“, erklärt Berneis, der so deutliche Auswirkungen bei den jungen, gesunden Probanden nicht erwartet hätte. Bei allen fünf Interventionen ist der Nüchternblutzucker um signifikante vier bis neun Prozent erhöht gewesen. Auch das hochsensitive C-reaktive Protein (CRP) war um 60 bis 109 Prozent erhöht. Das CRP dient als Marker für subklinische Entzündungen, die als Schlüsselfaktor von Insulinresistenz gelten. Die höchsten Werte wurden beim Konsum von den Fructose-Getränken ermittelt. Veröffentlicht wurde die Studie im „American Journal for Clinical Nutrition“.

Die Studie zeigte ebenfalls, dass sich der Körperfettanteil erhöht hat. Auch hier haben die Fructose-Getränke deutlich mehr dazu beigetragen als die Glucose-Getränke. Ebenso haben die Fructose-Getränke die LDL-Partikelgröße gesenkt, wodurch sie atherogener werden. Daraus folgerten die Wissenschaftler, dass die Fructose einen deutlich schädlicheren Effekt auf den Stoffwechsel hat als die Glucose. Obwohl der Kaloriengehalt bei beiden gleich ist, metabolisiert sie der Körper unterschiedlich. Glucose kann in Glykogen gespeichert werden, Fructose wird teilweise zu Fett verstoffwechselt. Außerdem begünstigt sie die Lipidablagerung im viszeralen Fettgewebe.

Das zuckerhaltige Softdrinks zu Übergewicht führen können, da sie vom Körper schlecht verstoffwechselt werden, ist nicht erst seit der Züricher Studie bekannt. Auch weil die Getränke im Gegensatz zu Obst eine höhere Konzentration an Fructose enthalten. Schnell sind Mengen erreicht, die der Körper nicht bewältigen kann.

Eine neue Erkenntnis geht aus der Züricher Studie dennoch hervor. Selbst ein geringer Konsum von Softdrinks über einen Zeitraum von lediglich drei Wochen beeinflusst den Kohlehydrat- und Fettstoffwechsel negativ. Es sei laut Berneis beunruhigend, dass solche Effekte schon nach drei Wochen auftreten, auch weil die Probanden jung, gesund und normalgewichtig waren. Schlimmer noch war die Feststellung, dass sich selbst nach den vierwöchigen Washout-Phasen die Effekte über die gesamte Studiendauer summiert haben.

Es bleibt festzuhalten, dass der Blogger und Apotheker mit seinem kritischen Softdrink Posting im Grunde recht hat. Softdrinks sind der Gesundheit nicht förderlich und können selbst in kleinen Mengen schon erhebliche Effekte aufzeigen. Nur hat er das Pferd von hinten aufgezäumt.

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