Kartenlesegerät-Kreditkarte

Bis 2030 soll im gesamten Land das Bargeld abgeschafft werden. Jede Transaktion soll nur noch digital getätigt werden. Den meisten Bürgern gefällt der Gedanke, doch bringt dies, neben augenscheinlichen Vorteilen, auch neue Gefahren mit sich. Cyberkriminelle reiben sich die Hände und Banken bekommen gigantische Mengen persönlicher Daten.

Die Skandinavier haben schon viele neue Ideen auf den Weg gebracht. Also erstes Land in Europa emittierte 1661 die schwedische Zentralbank Banknoten. Jetzt werden die Schweden wieder die ersten sein, die die Banknoten abschaffen werden. Vielerorts in Schweden wird bereits heute kein Bargeld mehr angenommen. An den Ladentüren hängen Hinweise mit der Aufschrift „Vi hanterar ej kontanter“, übersetzt, „Wir akzeptieren kein Bargeld“. Sogar Kleinstbeträge auf Märkten oder für Zeitschriften werden mittels mobiler Kartenlesegeräte abgerechnet. Mittlerweile werden über 80 Prozent der Käufe nur noch digital getätigt. Der Umsatz im Einzelhandel läuft bis zu 95 Prozent bargeldlos. In Schweden wird so gut wie alles mit der Karte oder in irgendeiner Form digital bezahlt. Selbst bei der Kollekte in der Kirche wird mittels Karte gespendet. Fahrscheine für die öffentlichen Verkehrsmittel nehmen werden vielerorts über das Mobiltelefon mittels SMS erworben. Problematisch wird das Ganze für Touristen die eine öffentliche Toilette besuchen wollen, welche nur mit einer SMS von einem schwedischen Mobilfunktelefon bezahlen werden kann. Das letzte was der durchschnittliche Schwede mit Bargeld kauft sind illegale Güter wie zum Beispiel Drogen. Daher verfolgen viele Skandinavier auch die Philosophie. „Musst du bar zahlen, stimmt etwas nicht“.

Die Banken treiben die Entwicklung weiter voran. Bis auf die Handelsbanken haben sich die großen Nordischen Banken seit 2010 nach und nach vom Bargeld verabschiedet. Von 2010 bis 2012 haben über 500 Bankfilialen ihre Dienstleistungen auf Bargeldlosen Betrieb umgestellt. In demselben Zeitraum wurden 900 Geldautomaten abgebaut. Mittlerweile hat Schweden die zweitschlechteste Bankautomatenabdeckung in Europa. Bargeld nur noch im Supermarkt üblich, was allerdings auf 500 schwedische Kronen pro Einkauf beschränkt ist.

Bis 2030 plant Schweden komplett Bargeldlos zu sein. Der Autor der Studie „The Cashless Society“, Niklas Arvidsson, Assistenzprofessor an der Königlich Technischen Hochschule, beschreibt in seiner Arbeit das Sterben des physischen Geldes. Es ist zum einen der Versuch den Schwarzgeldfluss, Diebstahl und Banküberfälle zu verhindern. Zusätzlich können Banken sich das aufwändige Cash-Handling sparen und erhalten zudem persönliche Daten ihrer Kunden. Daraus können sie ersehen wo, wann, wie viel Geld für was ausgeben wurde. Bald wissen die Banken mehr über das monetäre und alltägliche Verhalten des Kunden als dieser von sich selbst. Die Banken wissen wann die Kunden eine Notdurft verrichtet haben oder welche Zeitschrift für die Zugfahrt gekauft wurde. Alles liegt wie auf dem Präsentierteller, auch welche Süßigkeiten als Kind konsumiert wurden, wie oft das Restaurant frequentiert oder das Kino besucht wird. Da heutzutage für nahezu alles Geld erforderlich ist, wird das gesamte Leben transparent. Alle Daten bleiben gespeichert, selbst wenn der Kunde es selbst schon wieder vergessen hat. Wofür diese gesammelten Daten neben gezielter Werbung noch verwendet werden, wird sich in Zukunft zeigen. Denkbar ist vieles.

Doch gibt es auch Kritiker dieser neuen Entwicklung, wie den ehemaligen Polizeichef und Interpol-Präsident Björn Eriksson. Er sieht die Bargeldlosigkeit als Bereicherungsmanöver der Banken. Er verweist auf die steigende Zahl von Cyberkriminalität gegenüber der rückgehenden Zahl von Banküberfällen in seinem Bericht, was das Argument von vermiedenen Banküberfällen ad absurdum führt. Auch die angebliche Sicherheit von Cyber-Geld gegenüber Bargeld ist fraglich. Er erläutert, dass die Öffentlichkeit viel zu wenig über die Häufigkeit von digitalen Verbrechen erfährt und das Cyberkriminelle es meist auf Kundendaten absehen, um an deren Geld zu kommen. Eine Bankkarte oder ein Mobiltelefon mit digitalen Zahlungsmöglichkeiten ist keinesfalls sicherer als Bargeld.

Die Bevölkerung selber stört der Wandel wohl (noch) nicht. Es ist schon zur Gewohnheit geworden alles mit Karte zu bezahlen. Es ist nicht nötig sich zur Bank oder einem Automaten bequemen zu müssen, um sich Geld zu besorgen. Selbst Kinder können schon ab sieben Jahren über Debitkarten verfügen. Das Taschengeld wird einfach von den Eltern überwiesen. Allgemein sorgen sich die Schweden nicht sonderlich um ihre persönlichen Daten. Möchte jemand wissen wieviel Steuern der Nachbar bezahlt, reicht ein Anruf beim Finanzamt. Die Bürger gehen davon aus, dass dem Staat, den Behörden und den Banken vorbehaltlos vertraut werden kann.

Ob die EU oder Deutschland nachzieht steht noch nicht fest, zumindest nicht für Hans-Gert Penzel von der Uni Regensburg. “Cash ist natürlich auch ein Anonymisierungsmittel. Die Skandinavier hatten nie so große Probleme, ihre Daten preiszugeben“, so der Bankenexperte und fügt hinzu: “Solche Bürger sind auch eher bereit, ihre Geldströme elektronisch und transparent zu haben, nachvollziehbar für alle möglichen Interessenten“. Andere Länder, andere Kulturen. Ob das deutsche Volk es so kühl und gelassen betrachtet, wie die Menschen aus dem ist eher zu bezweifeln. Aus der eigenen Geschichte heraus zeigt sich, dass die deutschen Bürger noch nie großes Vertrauen in Banken und Währungen gehabt haben und solche Ideen zunächst lieber aus der Ferne betrachten. Zudem liebt das deutsche Volk seine Privatsphäre, gerade in finanziellen Angelegenheiten. Über Geld spricht man nicht, heißt es so schön. Der Bundesbürger möchte nicht Jedermann alle Details aus seinem Leben zugänglich machen. “Das wäre in Deutschland und vermutlich auch in Österreich deutlich schwieriger. Denn eine solche Anonymisierungsfunktion werden Sie in der Cashless Society nicht mehr haben”, so Penzel. Mal abwarten wie sich das in Schweden entwickelt. Die EU hat noch immer Mittel und Wege gefunden seinen Bürgern große Reformen schmackhaft zu machen. Und wenn es um das liebe Geld geht, drückt die EU auch mal was gegen den Bürgerwillen durch.

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