Baby-Reagenzglas

Chinesische Forscher haben den ersten Schritt zum Designer-Baby gemacht. Sie manipulierten das Erbgut von lebensfähigen Embryonen. Doch das Experiment gilt innerhalb der medizinischen Gemeinschaft als höchst umstritten und stellt einen Tabubruch dar. Die technischen Möglichkeiten gibt es schon lange, doch nicht nur die Ethik verbietet das erschaffen eines Menschen nach ausgewählten Kriterien.

Wie weit darf der Mensch bei der Schöpfung eines anderen Menschen gehen? Ist es legitim die Genetik eines Embryos so zu verändern, dass bestimmte Eigenschaften hervorgehoben bzw. weggelassen werden? Hier spielt nicht nur die mögliche Wahl der Haar- oder Augenfarbe eine Rolle. Theoretisch ist alles möglich, nachdem die menschliche DNA 2003 im Zuge des weltweiten Humangenomprojektes nach 13 Jahren Forschung offiziell komplett entschlüsselt wurde.

Bisher haben ethische, rechtliche und soziale Fragen verhindert, dass der Mensch in Gottes Schöpfung eingreift. Gerüchte gab es allerdings schon länger, dass einige Wissenschaftler Genversuche an lebensfähigen Embryonen machten. Ob jemals ein Baby beziehungsweise ein Mensch daraus wurde ist offiziell nicht bekannt. Einige chinesische Wissenschaftler gehen diesen Schritt jetzt vor den Augen der Öffentlichkeit. Sie machen das Designer-Baby zur Wirklichkeit, indem sie die DNA mehrerer Embryonen gezielt manipuliert haben. Die Methode die Angewendet wurde ist eine vergleichsweise simple Vorgehensweise. Nach der CRISPR/Cas9 Methode werden durch bestimmte Enzyme die DNA an einer festzulegenden Sequenz geschnitten. Dann kann an dieser Stelle die genetische Sequenz gelöscht oder überschrieben werden. Da dieses Verfahren an sich medizinisch gesehen einfach zu bewerkstelligen ist, lässt dies befürchten, dass die Forschungen um Dr. Junjiu Huang schnell Anwendung in Kinderwunschzentren findet. „Die Methode ist noch nicht ausgereift. Wenn man dies bei normalen Embryonen versuchen will, sollte die Erfolgsquote bei fast 100 Prozent liegen“, erklärt Junjiu Huang. Besorgt zeigte er sich über unbeabsichtigte Mutationen, die während der Versuchsreihe auftraten. Sie waren anscheinend höher als im Tierversuch oder bei erwachsenen Menschen.

Weltweit sorgten die Versuche von Dr. Junjiu Huang für Kritik. Die nicht medizinische oder therapeutische Forschung öffnet eine gefährliche Tür. Die Hemmschwelle für Designer-Babys könnte fallen. Daher plädiert Edward Lanphier, Vorsitzender des Bündnisses für regenerative Medizin in Washington D.C., für ein generelles Verbot beim Verändern von menschlichen Embryonen. Für Lanphier besteht dringender Gesprächsbedarf auf internationaler Ebene zu Sicherheit und Ethik auf diesem Gebiet und fordert ein Moratorium. Für ihn ist die seriöse Wissenschaft in Gefahr, sollten nicht-therapeutische Maßnahmen in der Forschung missbraucht werden. „Wir haben Bedenken, dass ein öffentlicher Aufschrei über solch einen ethischen Bruch die vielversprechende therapeutische Entwicklung behindern würde“, so Lanphier

Vereinzelt erfährt Dr. Junjiu Huang aber auch Zustimmung. Einige Wissenschaftler sehen darin eine Möglichkeit Erbkrankheiten schon vor der Geburt auszuschließen. Aber sie geben auch zu bedenken, dass noch längst nicht alle ethischen Punkte ausreichend diskutiert wurden. Jedoch sollte die Forschung das Ziel, Erbkrankheiten auf diesem Wege zu vermeiden, nicht aus dem Auge verlieren. Leider kann keine Theorie und Diskussion derzeit die Folgen genveränderter Embryonen, Spermien oder Eier absehen. Die Menschen die verändertes Erbgut in sich tragen würden, konnten vorher nicht ihre Zustimmung oder Ablehnung geben. Sie wurden von anderen „erschaffen“. Zudem geben sie ihr verändertes Erbmaterial an die nächste Generation ab. Wenn die Gesellschaft schon vor gentechnisch veränderten Lebensmitteln Angst hat, wie ist es dann bei einem gentechnisch veränderten Ehemann oder Ehefrau mit der eine Familie gegründet werden soll? Wie würden gentechnisch veränderte Menschen von der Gesellschaft gesehen? Auch die Möglichkeiten des Missbrauchs sind enorm. Perfekte Soldaten, hochintelligente Menschen, Super-Sportler oder gefügige Arbeitsbienen, nichts scheint unmöglich. Der erste praktische Schritt haben die Wissenschaftler um Dr. Junjiu Huang getan.

Mit der neuesten Errungenschaft von Berliner Wissenschaftlern, rückt der Traum vom perfekten Menschen noch einen Schritt näher. Es ist ihnen gelungen ein perfektes Spiegelbild eines DNS-Moleküls zu erschaffen. Dies könnte der medizinische Durchbruch zum gentechnisch perfekten Menschen sein. Auch bisher schwer heilbare Krankheiten lassen sich durch die Symmetrie heilen.

Symmetrie spielt in der Natur eine große Rolle. Überall sind beim Menschen, den Tieren und Pflanzen Symmetrien zu beobachten. Zwei Nasenflügel, zwei Augen, zwei Ohren, zwei Beine und Arme. Aus wissenschaftlicher Sicht gilt ein symmetrisches Gesicht als Schönheitsideal. Innerhalb des Körpers scheint die Symmetrie eher eine untergeordnete Rolle zu spielen. Für Nukleotide und Aminosäuren gibt es keine gespiegelten Pedanten. Dabei sind dies die Bausteine unseres Lebens, die für die Entstehung von DNS, RNS und Proteinen verantwortlich sind.

Bisher hat die Wissenschaft auf die fehlende Symmetrie innerhalb des Körpers keine Antwort, stellt sich aber gleichzeitig die Frage, was wäre wenn es Spiegelbilder der Moleküle gäbe. Nachdem entdeckt wurde, dass die molekularen Grundlagen nur auf ein einziges Abbild reagieren, forschen Wissenschaftler daran mit gespiegelten Molekülen Krankheiten zu besiegen.

Dies gelang Forschern des Berliner Pharma-Unternehmens NOXXON Pharma AG, die eine neue Klasse Aptamere erschaffen haben, wie es in Sciencedaily veröffentlicht wurde. Diese einzelsträngigen Moleküle sind Bestandteile der DNS und können bedingt durch ihre dreidimensionale Struktur spezifische Moleküle an sich binden. In der Natur werden solche Aptamere aus D-Nukleotiden gebaut. Die Forscher der NOXXON Pharma AG entwickelten sie aus L-Nukleotiden. Diese sind absolut identisch mit ihren Spiegelbildern, aus denen die DNS zusammengebaut wird. Für die Pendants der D-Nukleotiden prägten die Berliner Forscher den Begriff ‚Spiegelmere‘.

Aptamere werden von Forschern schon lange zur Abwehr von Krankheiten eingesetzt. Die Problematik dabei ist, dass die Aptamere schnell vom Immunsystem identifiziert und als Gefährdung eingestuft werden. Sie werden in der Folge von bestimmten Enzymen zersetzt. Das besondere an Spiegelmeren ist, dass diese vom Immunsystem unerkannt bleiben und von Enzymen nicht zersetzt werden können. Dadurch haben sie eine wesentlich längere Überlebenszeit im Körper. Diese Eigenschaft wollen die Forscher nun zur Bekämpfung von Krankheiten nutzbar machen.

Die NOXXON Pharma AG hat bereits ein Spiegelmer entwickelt, welches das Protein C5a hemmt. Treten im Körper krankheitserregende Stoffe auf, schüttet das Immunsystem C5a aus, welches sich dann an Mastzellen bindet. Dadurch wird Histamin ausgeschüttet. C5a ist ein wesentlicher Bestandteil bei der Bekämpfung von Entzündungen und Infektionen. Eine zu hohe Ausschüttung des C5a führt allerdings zu Problemen, die zu schwerwiegenden Entzündungen führen können. Zudem haben Labortests an Mäusen gezeigt, dass zu viel C5a das Tumorwachstum begünstigt. Es besteht auch der Verdacht, dass bei einer Lungenentzündung übermäßiges C5a zu Organversagen führt. Mit dem Spiegelmer wird das Protein gehemmt. Damit könnten große Fortschritte in der Krebsimmuntherapie und zur Abwehr anderer Krankheiten erzielt werden.

Babys-DNA-StrangDr. Axel Vater von der NOXXON Pharma AG hat mit Kollegen des Instituts für Molekularbiologie und Genetik an der Universität von Aarhus in Dänemark die dreidimensionale Struktur eines Spiegelmers dargelegt, welches sich an das C5a bindet. Damit konnten die Wissenschaftler nachvollziehen, wie es dem Spiegelmer gelingt das C5a daran zu hindern sich an die Mastzellen zu binden. Mit der unterdrückten Histaminausschüttung ist es jetzt möglich Entzündungen effektiver einzudämmen. Möglich war dies nur durch neue technische Methoden. „Die Computerprogramme, die wir nutzen um die Struktur nukleotider Säuren zu analysieren sind für normale Bausteine, die D-Nukleotide entworfen. Den Programmen musste also erst beigebracht werden, wie sie mit den Spiegelmeren, geschaffen aus deren Spiegelbildern, den L-Nukleotiden, umzugehen haben“, so Dr. Axel Vater.

Am Ende ist es den Wissenschaftlern gelungen die atomare Struktur des an C5a gebundenen Spiegelmers aufzuzeigen, indem sie Teilchen des gebundenen Proteins mit Röntgenstrahlen befeuert haben. Dadurch konnten letztlich als Ergebnis perfekte Spiegelbilder zu natürlich vorkommenden DNS- und RNS-Molekülen aufgezeigt werden, die aus natürlichen Aminosäuren entstanden sind.

Die Fortschritte in der Gentechnik gehen schnell voran. Während die chinesischen Wissenschaftler mit einer eher simplen Methode arbeiten, zeigen die jüngsten Forschungen das Potenzial der Gentechnik. Mit Spiegelmeren ist der perfekte gentechnische Mensch greifbar nahe. Das Gen-Baby scheint früher oder später unvermeidbar. Gentechnik ist sowohl Fluch als auch Segen. Es kommt darauf an wie Verantwortlich damit umgegangen wird und welche Ziele forciert werden.

Angewandte Gentherapie ist hingegen schon lange für viele Patienten ein Segen. Vor 25 Jahren hat die amerikanische ‚Food and Drug Association‘ (FDA) erstmals eine Gentherapie zugelassen. Damals haben US-Pioniere das vier Jahre alten Mädchen Ashanthi DeSilva mit Gentherapie gegen das angeborene Immundefektsyndrom (SCID; severe combined immune deficiency syndrome) erfolgreich behandelt.

Auch die französischen Ärzte um Dr. Fabien Touzot und Dr. Marina Cavazzana von der Necker-Kinderklinik in Paris haben langjährige Erfahrungen in der Gentherapie sammeln können. Sie haben in einer Studie (Blood 2015, online 13. April) die Gentherapie mit der Stammzellentransplantation verglichen. Dafür wurden Befunde von 27 Kindern analysiert. Die Kinder litten unter einer X-Chromosom-gekoppelten schweren kombinierten Immundefizienz (SCID-X1). 14 Kinder wurden gentherapeutisch behandelt und 14 mit einer haploidenten Stammzelltransplantation, die jeweils von der Mutter oder dem Vater die Stammzellen bekamen.

Alle Kinder wiesen einen Defekt im Gen IL2RG mit dem Bauplan für die Gamma-Kette des IL-2-Rezeptors auf. Infolgedessen fehlen den Kindern T-Lymphozyten und natürlichen Killerzellen. Bei der Gentherapie wurde ex vivo das intakte Gen nicht vermehrungsfähiger Retroviren in CD34-positive hämatopoetische Zellen eingeschleust. Anschließend wurden die Zellen reinfundiert. Nach 2,5 bis fünf Jahren kam es bei vier Patienten zu einer T-Zell-Leukämie, die auf die erste Generation des Genvektors zurückzuführen war. Nachdem die Therapietechnik 2010 geändert wurde, blieb die unerwünschte Nebenwirkung aus.

Nach dem Ergebnis der Studie ist die Gentherapie gegen SCID erfolgreicher als die Stammzelltransplantation. Getestet wurde die Normalisierung der Immunzellen sechs Monate nach der Behandlung. Bei 78 Prozent der gentherapierten Kinder haben sich die Immunzellen normalisiert, jedoch nur bei 26 Prozent der Kinder mit Stammzellenbehandlung. Bei der Gentherapie waren nach 11 Monaten keine Zeichen einer BCG-Infektion mehr vorhanden, bei der Stammzellentherapie erst nach 25,5 Monaten. Auch die Anzahl der CD3-, CD4- und CD8-positiven T-Zellen war bei den gentherapierten Kindern sowohl nach sechs als auch nach 12 Monaten erheblich höher.

Laut Touzot und seinen Kollegen traten nach der Verbesserung des Genvektors keine toxischen Effekte mehr auf. Würden sich die positiven Ergebnisse über einen längeren Zeitraum bestätigen, ist die Gentherapie im Vergleich zur haploidenten Stammzelltransplantation mindestens für ebenbürtig, wenn nicht sogar eine Alternative.

Gen-Technik ist ein sehr sensibler wissenschaftlicher Bereich. Er kann Menschenleben retten, medizinische Durchbrüche erzielen aber auch Schreckensvisionen wahr werden lassen. Letztlich ist es immer ein Mensch der entscheiden muss, wie weit er bereit ist zu gehen.

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