Es gehört schon zum alltäglichen Stadtbild. Geneigte Häupter die auf das Smartphone oder das Tablet starren. Der New Yorker Mediziner Kenneth K. Hansraj hat in einer aktuellen Studie die Belastungen für die Nackenwirbel ermittelt. Das Ergebnis verdeutlicht, dass die Wirbel bei der „Head-down Generation“ enorme Belastungen hinnehmen müssen und es zu ernsthaften Schäden kommen kann.
Wer kennt nicht das Bild der Evolution des Menschen. Beginnend als Affe, über den gebeugten Neandertaler bis hin zum aufrecht gehenden Homo Sapiens. Wer sich in seiner Umwelt umschaut, könnte durchaus den Eindruck gewinnen, die Evolution macht einen Schritt zurück. Gesenkte Häupter, leicht gebückte Haltung und der Blick auf das Smartphone oder das Tablet gerichtet. Den meisten Menschen ist ihre Haltung in dem Moment gar nicht bewusst. Scheinbar automatisch Blicken die Menschen in die Richtung der Hände, anstatt die Hände mit dem Smartphone in das Gesichtsfeld zu heben.
Kenneth K. Hansraj, Chef-Chirurg am New Yorker Klinikum für Wirbelsäulenchirurgie und Rehabilitation, bezeichnet diesen Typus Mensch als „Head-down Generation“, die Kopf unten Generation sozusagen. Der New Yorker Mediziner beobachtete bei seiner Arbeit eine Zunahme von haltungsbedingten Problemen, die er auf den Gebrauch von Smartphones und Tablets zurückführt. In seiner Studie erforschte er die Auswirkungen dieser Körperhaltung. Bei neutraler Kopfposition lastet der Kopf mit einem durchschnittlichen Gewicht von rund sechs Kilogramm auf der Halswirbelsäule. Mit jeder weiteren Neigung erhöht sich die Belastung. Eine Neigung von lediglich 15 Grad belastet die Halswirbelsäule mit mehr als dem doppelten Gewicht, nämlich knapp 14 Kilogramm. Ein Neigungswinkel von 30 Grad wirkt mit 20 Kilogramm und bei 45 Grad sind es etwa 25 Kilogramm. Das ist so viel wie ein Sack Zement aus dem Baumarkt.
Die Folgen auf Dauer sind Risse, Verschleiß und Verkrümmung. Laut Dr. Hansraj ist eine optimal Körperhaltung bei zurückgezogenen Schulterblättern und die Ohren sind auf einer Linie mit den Schultern. Das entlastet nicht nur die Wirbelsäule, sondern es kommt zu weniger Stress. In der Studie zeigte sich, dass bei den Probanden mit richtiger Körperhaltung der Cortisonspiegel niedriger war und dass mehr Serotonin, ein Glückshormon, produziert wurde. Ein gerader Rücken lässt uns zudem attraktiver und selbstbewusster wirken, wie Studien belegen.
Selbst die Psyche profitiert davon, wie Psychologen an der Universität Witten/Herdecke und der kanadischen Queen‘s University in Kingston herausgefunden haben. Menschen mit aufrechter Körperhaltung deuten Ereignisse positiver als Menschen mit geneigter oder gebückter Haltung. Mediziner vermuten schon seit längerem einen Zusammenhang von Kopf- und Nackenschmerzen, chronischen Rückenschmerzen, Verdauungsschwierigkeiten, Depressionen und Herzerkrankungen und gebückter Haltung. Bisher hat das jedoch nur Menschen betroffen, die lange und häufig am PC arbeiten. Mittlerweile ist die falsche Körperhaltung bei dem größten Teil der Bevölkerung, bedingt durch die mobile Technologie, alltäglich. Es gilt einfach darauf zu achten beim Gebrauch des Smartphone, nicht den Kopf zu neigen. Einfach das Gerät auf Augenhöhe halten und öfter mal den Winkel ändern und die Wirbelsäule wird es danken.
Foto: © Kenneth Hansraj/Surgical Technology International