Die britische Reporterin Kitty Logan provozierte ein blutiges Gefecht zwischen pro-russischen Separatisten und ukrainischen Regierungstruppen. Ein Facebook post von ihr brachte alles ans Tageslicht. Der ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU entzog ihr die Akkreditierung und gab ihr ein Einreiseverbot. Sie provozierte eine „zerstörerische Aktionen gegen ukrainische Staatsbürger“
Die Aufgabe eines Kriegsberichterstatters ist es objektiv aus Krisengebieten zu berichten, aber niemals in eine Kampfhandlung einzuschreiten. Ein Journalist ist immer unbeteiligter Beobachter. Dieses ungeschrieben Reportergesetz gilt aber nicht für die Deutsche Welle Kriegsreporterin Kitty Logan. Für eine Reportage aus der Ukraine provozierte die Britin ein blutiges Gefecht zwischen pro-russischen Separatisten und ukrainische Regierungstruppen, um anschließend über die von ihr selbst verursachte Kampfhandlung zu berichten.
Im Auftrag des öffentlich-rechtlichen Auslandsfunk Deutsche Welle war Kitty Logan in der Ukraine unterwegs um pro-russische Separatisten zu filmen, welche die Waffenruhe brechen. Doch leider fand sie dort keine. Außer über leerstehende Häuser und verlassene Haustiere gab es nichts zu berichten. Das frustrierte Kitty Logan. Als sie auf eine Truppe separatistischer Frontkämpfer stieß, ergab sich für sie die Gelegenheit einer guten Story.
Der Separatisten-Kommandant fragte Logan „Soll ich auf die schießen, damit Sie was zu filmen haben?“. Damit meinte der Kommandant die Soldaten der ukrainischen Regierungstruppen auf der gegenüberliegenden Seite des Feldes. Logan, die kurz vor Redaktionsschluss immer noch nichts zu berichten hatte, antwortet auf die Frage des Kommandanten „Ach, okay, warum nicht.“ Daraufhin folgte ein zweistündiges Feuergefecht mit Schusswaffen, Mörsern und Sprengstoffen. Die Situation eskalierte und wurde zu einem Großgefecht, der Schlacht um den Donezker Flughafen. OSZE-Kriegsbeobachter erfassten zu dieser Schlacht einen eigenen Bericht „Die Kämpfe um den Donezker Flughafen gingen mit verstärkter Intensität weiter […]. Zwischen 12:45 Uhr und 16:53 Uhr hörten wir 96 ein- und ausgehende Explosionen durch Mörser, Anti-Granatwerfer, schweres Feuer von Maschinengewehren und Handfeuerwaffen und sahen 21 Luftschläge von 82-mm-Mörsern in einer Entfernung zwischen 2,5 und sieben Kilometern.“
Logan teile ihr Erlebtes anschließend auf Facebook: „Totales Chaos. Zwei Seiten feuern hier alles aufeinander ab, was sie haben. Panzerabwehrwaffen, Mörser, Raketen. Sie waren noch dabei, als wir uns verdrückt haben. Von wegen Waffenstillstand. Fühle mich allerdings ein kleines bisschen schuldig.“
Voller Stolz auf das gemachte Filmmaterial nah am Kampfgeschehen über die gebrochene Waffenruhe, welches Deutsche Welle ausstrahlte, schrieb sie ganz ungehemmt darüber, wie sie es anzettelte die Waffenruhe zu brechen und das Gefecht auslöste. Sie dachte, dass ihr Facebook post nur für ihre engsten Freunde sichtbar ist. Dem war aber nicht so. Jeder konnte lesen was die Kriegsreporterin auf Facebook schrieb. Wie sie die Kampfhandlungen auslöste und wie sie ihre eigene Wahrheit über die Geschehnisse in der Ukraine kreierte.
Der ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU entzog ihr daraufhin die journalistische Akkreditierung. Kitty Logan wurde aus dem Land gejagt und erhielt ein Einreiseverbot in die Ukraine, weil sie eine „zerstörerische Aktionen gegen ukrainische Staatsbürger begangen habe“. Logan hat sich bereits bei der ukrainischen Regierung entschuldigt, bereut aber nichts und dementierte ihre Tat. In einem Twitter post schrieb sie „Ich habe nie jemanden gebeten, irgendetwas anders zu schießen als Bilder, und würde das auch nicht tun.“
Kurz darauf widerspricht sich ihr Dementi in einem weiterem Facebook post: „Nachricht an alle, die unerlaubt Fotos und Inhalt von meiner privaten Facebook-Seite genommen haben: Ihr habt daran kein Urheberrecht, um sie in irgendeiner Form zu benutzen.“ Mit dieser leeren Drohung um ein weiteres Bekanntmachen ihrer Tat zu verhindern, bestätigt sie ihre Einträge. Die Urheberrechte sind jedoch bei sozialen Medien nicht eindeutig geklärt. Inwieweit der private Rahmen in sozialen Netzwerken überhaupt anerkannt wird, ist unklar. Gerichtsentscheidungen dahingehend stehen noch aus. Vielleicht hätte die Kriegsreporterin auch etwas besser ihre Privatsphäre-Einstellungen auf Facebook verwaltet.
Vorläufig hat der öffentlich-rechtliche Auslandsfunk Deutsche Welle die Zusammenarbeit mit Logan beendet und versucht die Situation herunter zu spielen. Wie ein Sprecher der Deutsche-Welle verkündete: „Wir haben an der journalistischen Arbeit von Kitty Logan nichts auszusetzen und keine Zweifel an ihrer Integrität.“ Die Geschehnisse um die Schlacht um den Donezker Flughafen seien anders abgelaufen als Logan es selbst in Facebook beschrieben hat.
„Ihr privater Facebook-Post ist allerdings sehr unglücklich formuliert. Sie hat sich dafür auch gegenüber der Regierung in Kiew entschuldigt. Mit keiner Silbe hat sie die Soldaten gebeten, das Feuer zu eröffnen.“ Deutsche Welle betont das der Separatisten-Kommandant Logan erklärte, dass sie bald auf die Ukrainischen Truppen das Feuer eröffnen werden. Sie habe die Möglichkeit die Kampflinie zu verlassen oder das Gefecht zu filmen. Logan und ihr Team entschieden sich zu bleiben, auch weil die Stellung der Separatisten der sicherste Ort in der Gegend war.
Original Text des Facebook post von Kitty Logan nach dem Bruch der Waffenruhe:
A Case of careful what you wish for. Following previous failure to find rebel frontline troops in action and returning with photos of pets, tried again to witness ceasefire breaches. „Should i shoot at them so you get something on camera?“ asks the rebel commander, pointing at Ukrainian positions across the open field, currently silence. Well…errr… „We need to fire at them anyway, they fired at us earlier.“ Story deadline looming. Commander chomping at the bit, weapon ready. Oh, OK, why not then. Predictably spend what seems like forever pinned down trench with barrage of bullets whizzing past ears, before escaping to better cover. Within an hour, total mayhem. Two sides throwing everything at each other – RPGs, mortars, rockets. They were still at it when we made the mad dash out… Some ceasefire. Did feel a tad guilty though…
Übersetzung:
Ein Fall von „sei vorsichtig mit deinen Wünschen“. Nach erfolglosen Versuchen Rebellen in Aktion zu finden komme ich zurück mit Tierfotos, versuche nochmals einen Bruch des Waffenstillstands zu finden. “Soll ich auf die schießen, damit Sie was zu filmen haben?“ fragte mich der Kommandant der Rebellen und zeigt auf die Ukrainischen Truppen auf der anderen Seite des Feldes, wo es momentan ruhig ist. Also…errr… „Wir müssen sowieso auf sie schießen, weil sie zuvor auf uns geschossen haben.“ Redaktionsschluss steht bevor. Kommandant brennt vor Ungeduld, Waffe geladen. Oh, OK, dann warum nicht. Wie vorauszusehen, waren wir festgenagelt vom Kugelhagel der uns um die Ohren zischte, bevor wir zu einer besseren Stellung fliehen konnten. Innerhalb einer Stunde, totales Chaos. Zwei Seiten feuern hier alles aufeinander ab, was sie haben. Panzerabwehrwaffen, Mörser, Raketen. Sie waren noch dabei, als wir uns verdrückt haben. Von wegen Waffenstillstand. Fühle mich allerdings ein kleines bisschen schuldig.