In einem Hinterhof in Mönchengladbach Mülfort war bis vor kurzer Zeit noch eine Kampfkunst Akademie in der etwa 50 muslimische Jungen zwischen sechs und 18 Jahren über längere Zeit Vollkontaktkampfsport trainiert haben. Einige der Betreiber dieser Kampfsportschule waren dem polizeilichen Staatsschutz und anderen Sicherheitsbehörden seit Jahren bekannt. Sie sind Mitglieder der salafistischen Dschihadisten-Szene in Mönchengladbach. Wurde hier nur Kampfsport oder auch für den Dschihad trainiert?
Der im Januar von Spezialkräften des Sondereinsatzkommandos (SEK) festgenommene Syrienrückkehrer aus Rheydt, Mustafa C., hielt sich regelmäßig in der Kampfkunst Akademie auf. Laut Bundesanwaltschaft soll der 26-jährige Mustafa C. zusammen mit Sebastian B. im März und August 2013 über die Türkei nach Syrien gereist sein. Dort schlossen sich beide dem Kampfverband „Auswanderer von Aleppo“ an, welcher sich später in die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) eingliederte. Mustafa C. und Sebastian B. sind dringend verdächtigt eine dschihadistische Kampfkunst- und Militärausbildung durchlaufen und daraufhin logistische Aufgaben, wie z.B. den Verpflegungstransport an die Front, übernommen zu haben. Neben der Mitgliedschaft in einer ausländischen Terrorgruppe wird Mustafa C. auch die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat vorgeworfen. Innerhalb seiner Kampfgruppe soll er ebenfalls für die Propaganda zuständig gewesen sein.
Auch der deutsche salafistische Konvertit, Prediger und islamistischer Aktivist Sven Lau verkehrte regelmäßig in der Kampfkunstschule und nahm an den Übungen teil. Lau ist den Ermittlern auch seit längerem einschlägig bekannt. Er ist ein Anhänger des deutschen salafistischen Konvertiten und Predigers Pierre Vogel. Während des Bürgerkriegs war Lau schon dreimal in Syrien, wie er selbst in einem Interview im Februar 2014 zugab. Nach eigenen Aussagen war er dort, um humanitäre Hilfe zu leisten. Er trat oftmals in der Öffentlichkeit als Mitglied des Neusser Vereins „Helfen in Not“ auf, eine Organisation, die unter anderem den Transport von ausrangierten Rettungswagen nach Syrien finanziert. Der Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen beobachtet den Verein. Es lägen Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich bei der Organisation um eine „extremistische salafistische Bestrebung“ handelt.
Lau war zuvor schon in das Visier der Fahnder geraten als Vorsitzender des mittlerweile aufgelösten salafistischen Vereins „Einladung zum Paradies e. V.“. Im Juni 2011 wurde Lau vom Staatsschutz kurzzeitig festgenommen und verhört. Er stand im Verdacht zusammen mit zwei Mittätern ein Feuer im Keller eines Mehrfamilienhauses gelegt zu haben, um sich anschließend selbst als Opfer eines Brandanschlags darzustellen. Lau wurde auch anderweitig auffällig. Er belastete sich bei einer Zeugenaussage selber. In dem Gerichtsverfahren um eine Schlägerei zwischen den beiden Angeklagten, einem Salafisten und einem Karnevalisten, im Frühjahr 2011, sagte Lau in seiner Zeugenvernehmung aus, dass er selbst auch einen Mann geschlagen habe. Darauf gestützt, leitete die Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung gegen Lau ein.
Die Behörden waren besorgt über die Kampfsportschule und die mögliche Indoktrination von Kindern mit radikal islamistischem Gedankengut. „Um einer eventuell möglichen Radikalisierung der Kinder und Jugendlichen frühzeitig entgegen wirken zu können, wurde die Polizei in Zusammenarbeit mit städtischen Behörden tätig. Die Stadtverwaltung führte entsprechende Überprüfungen der Räumlichkeiten durch. Es wurde festgestellt, dass die Betreiber verschiedene rechtliche Vorschriften zum Betrieb einer Sportschule nicht beachtet hatten. Die Betreiber schlossen daraufhin ihre Kampfsportschule“, liesen die Behörden in einer Mitteilung verlauten.
Dennoch bleiben die Behörden und die Polizei aufmerksam. „Da die Betreiber und Anmieter der uns vom Staatsschutz her bekannt waren, aus der Geschichte „Einladung zum Paradies“, hatten wir die Befürchtung das dort das Wohl der Kinder und Jugendlichen gefährdet ist. Das die da eventuell mit salafistischen, extremistischen Weltanschauungen indoktriniert werden. Mit der Schließung des damaligen Vereins „Einladung zum Paradies“ ist das ja nicht so gewesen, das die Protagonisten aus dem Stadtbild verschwunden sind. Das ist nach wie vor hier oberste Prämisse der alle mit Sicherheit befassten Behörden in Mönchengladbach ein Auge auf diese Gruppierung zu haben.
Wir machen uns Sorgen was die hier treiben. Die werden beobachtet und darum waren wir auch dankbar, dass wir den Hinweis zu dieser Kampfsportschule bekommen haben. Um eben diesen Tendenzen entgegen zu wirken“, erklärt Willy Theveßen von der Polizei Mönchengladbach. In der Presseerklärung der Polizei wird auch die Bevölkerung um Aufmerksamkeit gebeten: „Die Polizei Mönchengladbach bittet auch weiterhin um Hinweise auf Aktivitäten von Personen, die der Dschihadistischen-Szene angehören. Es ist auch in der Zukunft damit zu rechnen, dass dieser Personenkreis auf ähnlichen oder anderen Wegen erneut versuchen wird, Kinder und Jugendliche mit einem vorgeblich attraktiven Freizeitangebot für ihre Ziele zu begeistern.“