Frankfurter Bäche

Die Idylle trügt. Die schönen Frankfurter Bäche sind mit Keimen und Chemikalien belastet. Sie sind für Kinder nicht zum Planschen und Baden geeignet, doch entsprechende Warnschilder fehlen. Die Kläranlagen können nicht alles Filtern und verschmutzen die Bäche dadurch zusätzlich.

Der beliebte Eschbach, in den mehrere Quellbäche des Taunus münden, schlängelt sich von der Stadtgrenze im Norden der Mainmetropole durch Nieder-Eschbach. Er fließt durch grüne Landschaften, Baumreihen und mündet bei Harheim in die Nidda. Auch wenn das Wasser klar aussieht, ist der Eschbach dennoch schwer verunreinigt.

Dies stellte das Gesundheitsamt fest, als in dem Bach nach dem lebensbedrohlichen multiresistenten Keim Klebsiella pneumoniae gesucht wurde. Zwar wurde der Erreger nicht gefunden und es konnte dahingehend Entwarnung gegeben werden. Doch dafür fanden sich viele andere resistente Bakterien. Obwohl der Eschbach von mehreren Quellbächen des Taunus gespeist wird, ist es kein reines Quellwasser im Eschbach. Oberhalb der Stadtgrenze steht die Kläranlage von Bad Homburg, die gereinigtes Abwasser in den Bach leitet.

Genau wie der Eschbach sind auch der Erlen- und der Urselbach verunreinigt. Auch an diesen beiden Bächen liegen Kläranlagen, weshalb die Bäche so viele Fäkalkeime aufweisen, dass sie die schlechteste von vier „Eignungsstufen“ vom Gesundheitsamt bekommen, welche vierteljährlich Proben entnimmt. Nicht einmal Sportplätze dürften mit dem Wasser bewässert werden.

Viele Frankfurter wissen gar nicht um die Keimgefahr in ihren Bächen. Daher fragt der Stadtverordnete Luigi Brillante von der „Europaliste“, warum es „an den sanierten und zum Verweilen anregenden Uferstellen des Eschbachs keine Hinweisschilder auf die hohe Keimbelastung“ gebe. Brillante sehe dort Familien mit Kindern an den Bächen und die Kleinen spielen unbekümmert im Wasser.

Von Warnschildern hält Gesundheitsdezernent Stefan Majer (Die Grünen) nicht viel, denn dies sei nicht „zu Ende gedacht“. Damit diese sinnvoll wären müssten sie im geringen Abstand aufgestellt werden und „das ist absurd“. Außerdem weise die Stadt regelmäßig darauf hin, dass es sich bei den Frankfurter Bächen und Flüssen nicht um Badegewässer handele und das Spielen in den Gewässern mit einem gesundheitlichen Risiko einhergehe.

Damit Kinder in den Bächen spielen können, müsste die von der EU vorgegebene Badegewässerrichtlinie eingehalten werden. Das schafft in Deutschland nur die Isar bei München. Hier wurden die Gemeinden aufgefordert die Kläranlagen mit einer weiteren Aufbereitungsstufe auszustatten. Das Abwasser wird dort mit ultraviolettem Licht behandelt, was zur Abtötung der keime führt. Das Verfahren ist jedoch mit hohen Kosten verbunden und wird meist nur in kleinen Kläranlagen ausprobiert.

Es sind auch nicht nur die Kläranalgen alleine, die für die Verkeimung der Bäche verantwortlich sind. Auch Tierkot und die Landwirtschaft verunreinigen die Gewässer. Neben den Keimen kommt aus der Massentierhaltung zudem jede Menge Antibiotika, die als Gülle auf die Felder und nachher in die Gewässer gelangen.

Wasserexperten sehen Keime nicht mal als das größte Problem. Insgesamt schwimmt zu viel in den deutschen Gewässern. Medikamentenrückstände aus der humanmedizin sind genauso zu finden, wie Reste von Wasch-, Reinigungs- und Pflanzenschutzmitteln oder Mikroplastikteilchen aus Kleidung, Kosmetik und Pflegemittel. Diese Stoffe können von Kläranlagen nicht herausgefiltert werden.

Abwasserexperten und Umweltpolitiker diskutieren seit längerem über eine verpflichtende vierte Reinigungsstufe für alle Klärbetriebe in Deutschland. Hier sollte das Thema über die verstärkt auftretenden resistenten Keime in Bächen und Flüssen mit beachtet werden. Das die Keime, sobald sie im Wasser sind, auch andere Keime resistent machen steht schon fest. Woher sie kommen ist nicht ganz klar, doch ein vom Bund aufgelegtes Forschungsprojekt soll Gewissheit bringen.

Ernst Appel und Werner Kristeller, die gemeinsam die Stadtentwässerung Frankfurt leiten, möchten allerdings fest halten, dass Kläranlagen keine „Reparaturbetriebe“ seien. „Wir werden nicht alles herausholen können“, erklären sie beiden. Viel wichtiger sei ein Umdenken in der Gesellschaft. Immer noch werden zu viele Medikamente in der Toilette „entsorgt“. Auch sei der Gedanke eine zusätzliche Reinigungsstufe löse die aktuellen Probleme fehl am Platz. Es dauert mindestens ein Jahrzehnt vom Beschluss bis zur Realisierung.

Was bleibt den Eltern mit ihren Kindern in dieser Situation? Müssen sie sich informieren was alles in den Bächen fließt, bevor sie mit ihren Kindern in der Natur spielen? Oder sollte ein Hinweisschild allen Bürgern klar machen, dass die Gewässer ungeeignet für Kinder sind. Wie gefährlich sind die Keime eigentlich wirklich. Das können die Fachleute nicht abschließend beantworten. Eine erforderliche Zusammenarbeit zwischen Umwelt-, Hygiene- und Abwasserexperten gibt es noch nicht.

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