Ölbohrturm

Die norwegische Aktiengesellschaft Central Anglia AS sucht in Angeln nach Öl. Das LBEG hatte der Bohrfirma den Hauptbetriebsplan und somit Bodenproben genehmigt. Die Gegner fürchten eine Verunreinigung des Trinkwassers. Umwelt- und Energieminister Robert Habeck (Grüne) erklärte die Aufsicht über die Ölförderung zur Chefsache. Bei einer öffentlichen Diskussion teilte er jedoch mit, dass er rechtlich keine Chance für ein Verbot für die Ölsuche sieht.

Die Pläne des norwegischen Bohrunternehmens Central Anglia in Angeln nach Öl zu suchen sorgen seit über drei Jahren für Unruhe bei den Bewohnern. Die Bürgerinitiative “Angeliter bohren nach“ übergab vor rund vier Wochen eine Petition mit 6.000 Unterschriften an Umweltminister Robert Habeck (Grüne). Die größte Sorge der Ölbohrgegner ist die Verseuchung der Gewässer und die Verunreinigung des Trinkwassers.

Am Donnerstag brachte die Diskussionsveranstaltung in der Sporthalle auf dem Scheersberg in Steinbergkirche im Kreis Schleswig-Flensburg Ernüchterung. Die 300 Angeliter protestierten gegen die unzureichenden Informationen für die Öffentlichkeit und forderten klare Bekenntnisse von Umweltminister Robert Habeck und Landrat Wolfgang Buschmann. Eine Kreis-Sprecherin sagte, dass es an der Zeit sein das „wenig transparente“ Verfahren der Öffentlichkeit näher zu bringen. Zudem wollten die Gegner erfahren, wie gegen die geplanten Ölbohrungen in und um Sterup vorgegangen werde könnte.

Das Geheimverfahren, wie die Initiative es nennt, kann durchaus so bezeichnet werden. Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) hatte dem Bohrunternehmen Central Anglia im September 2015 den Hauptbetriebsplan und somit Bodenproben an der Oberfläche genehmigt. Dass die Genehmigung erteilt wurde, ist erst sehr viel später bekannt geworden. Selbst das Umweltministerium in Kiel wurde nicht informiert, obwohl es Pflicht gewesen wäre. Das Ministerium erfuhr von der Genehmigung Ende März 2016. So hat Grünen-Politiker Robert Habeck erst Monate später davon erfahren und warf der Behörde fehlendes politisches Gespür vor. Die Central Anglia darf jetzt auf 183 Quadratkilometern nach Öl suchen.

Quelle: Landesregierung Schleswig-Holstein

Das Ergebnis der Diskussionsveranstaltung war für die Gegner ernüchternd. Umweltminister Habeck teilte den Teilnehmern mit, dass er rechtlich keine Chance sehe die Ölsuche des Bohrunternehmens zu verhindern. „Die Angeliter haben auf rechtlichem Wege nur eine Chance, wenn sich die Gesetze ändern“, erklärte auch Landrat Buschmann. So unwahrscheinlich Gesetzänderungen auch sind, selbst wenn würde dies Jahre dauern. Auch das LBEG hätte die Suche nach Öl nicht verbieten können. Das Bergrecht enthalte keine Möglichkeiten dafür.

Mittlerweile ist beim LBEG ein Antrag auf Verlängerung der Aufsuchungserlaubnis bis 2019 eingegangen. Die jetzige Erlaubnis läuft bis 30. November 2016. Auch hier wurde zunächst nicht berichtet, weshalb Habeck dieses Verfahren zur Chefsache erklärte. Nun muss das Bohrunternehmen seine Anträge im Kieler Ministerium stellen. Das Ministerium leitet die Anträge zur Bearbeitung weiter nach Hannover. „Auf diese Weise sichern wir die Transparenz“, so Habeck. Er ließ den Worten alle Anträge von öffentlichem Interesse publik zu machen auch gleich Taten folgen. Habeck verteilte Kopien eines neuen Antrages der Central Anglia.

Landrat Buschmann zeigte sich auf der Veranstaltung merklich kämpferischer als Umweltminister Habeck. „Zwischen der Ölförderung und einer Schweinerei ist die Entfernung nicht so groß“, so Buschmann, was eine Anspielung auf Habeck, der sich zuletzt mit einem Ferkel auf dem Arm fotografieren ließ. Buschmann erinnerte an die klaren Bekenntnisse von Gemeindevertretungen, Amtsausschüssen und Kreistag. Er sprach von einem unkalkulierbaren Risiko durch Chemikalien für Böden und Wasser. Auch das „überkommene Bergrecht“ wurde zum Ziel der Kritik.

Der Kritik am Bergrecht schloss sich Habeck an. Das Bergrecht ist veraltet. Zu seiner Zeit lag das Interesse hauptsächlich in der Sicherung der Rohstoffe, ganz getreu dem Motto: Alles fördern an Rohstoffen was geht. Umweltschutz oder Transparenz für die Öffentlichkeit waren damals kein Thema. „Wir arbeiten an Veränderungen“, so Habeck. Er erklärte jedoch gleichzeitig, dass dies ein sehr schwieriger Prozess ist, denn selbst in den Ländern herrscht beim Thema Bergrecht keine Einigkeit. Auch wenn Habeck die Sorgen der Ölbohr-Gegner teilt. Ein Bekenntnis zu deren Zielen gab er nicht ab. „In meiner Rolle muss ich mich an Recht und Gesetz halten“, sagte Habeck und betonte, dass die rechtlichen Aspekte seitens des Bergamtes eingehalten wurden. „Es mag ein Restrisiko bei Ölbohrungen geben, aber das ist rechtlich nicht von Belang“, so Habeck.

Sprecherin Ingrid Lohstöter kritisierte die Haltung des Umweltministers und forderte ihn auf mutiger zu handeln. „Bundesrecht? Na und – das kann man ändern“, sagte Lohstöter. Habeck solle doch bitte das gesamte Projekt nochmal auf den Prüfstand stellen. Sich nur auf die bestehenden Gesetze zu berufen sei sich aus der Verantwortung zu stehlen. Lohstöter referierte ausführlich über die Gefahren für Mensch und Umwelt, wie Lagerstättenwasser, abgefackeltes Gas, defekte Rohrleitungen, Krebs und Erdbeben.

„Hände weg von unserem Grundwasser“, sagte auch Dr. Hans Heinrich Hennings, der Vorsteher des Wasserbeschaffungsverbandes Sterup. Sobald das Ölbohrunternehmen Central Anglia Bohrungen beantragt wird auch der Wasserbeschaffungsverbandes Sterup um eine Stellungnahme gebeten. „Wir werden dann sehr deutlich darstellen, welch hohes Gut unser Wasser ist“, erklärte Dr. Hennings. Der stellvertretende Leiter des Bergamtes Ulrich Windhaus erklärte, dass Wasserfragen im Bergrecht sehr wohl berücksichtigt werden müssen. „Im Genehmigungsverfahren müssen wir mit der zuständigen Wasserbehörde Einvernehmen erzielen. Kein Einvernehmen, keine Genehmigung“, so Windhaus. Allerdings sagte er auf Nachfrage, dass wenn keine Einigung mit der der Wasserbehörde des Kreises erlangt würde, sich das Bergamt an die Wasserbehörde des Landes richtet.

Zwar ist dem Verfahren juristisch kaum beizukommen, doch es gab bei der Veranstaltung auch unkonventionelle Ideen es Central Anglia schwer zu machen. „Wir müssen erreichen, dass Kreis und Gemeinden die Nutzung ihrer Straßen und Wege für die Ölsucher verbieten“, so ein Teilnehmer. Es gibt in der Gegend bereits gelbe Schilder von Eigentümern von Privatgrundstücken, welche seismische, geophysikalische und mikrobiologische Untersuchungen auf ihrem Grund und Boden untersagen. Zuwiderhandlungen werden zur Anzeige gebracht.

Auf der Webseite des Unternehmens wird schnell deutlich, dass es sich um ein junges und kleines Unternehmen handelt, welches nur in Sterup aktiv ist. Es hat zudem einen Geldgeber aus Nordrhein-Westfalen, dessen Name der Öffentlichkeit bisher aber nicht bekannt ist.

In den FAQ´s erklärt das mit 110.000 Euro Stammkapital unterlegte Unternehmen auf die Frage, wie das Land und die Region von der Förderung profitiert: „Schleswig-Holstein ist mit Mittelplate der größte Ölproduzent in Deutschland. Heimische Öl- und Gasförderung bringt der Region handfeste Vorteile. 40% der Erlöse aus dem Verkauf des geförderten Erdöls gehen als Förderzins an das Land. Allein in 2013 betrugen diese Einnahmen ca.140 Millionen Euro. Dazu kommen noch ca. 15% der Gewinne als Körperschaftssteuer. Diese Einnahmen können vom Land beispielsweise in Straßenbau und Bildung investiert werden. Ca. 15% der Gewinne bleiben als Gewerbesteuer in der Region. Es werden heimische Arbeitsplätze administrativer und technischer Art in der Vorbereitungs- und Durchführungsphase geschaffen.“

Auf die Frage, ob das umstrittene Fracking zum Einsatz kommt, heißt es: „Nein, die hydraulische Druckbehandlung wird nicht zum Einsatz kommen. Diese Methode wird überwiegend bei sehr dichten (Schiefer)Lagerstätten angewandt um Formationen aufzubrechen, bei denen das Öl bzw. Gas nicht selbständig zum Bohrloch fließt. Die Eigenschaften der erwarteten Dogger- und Rhätsandsteine in Sterup sind ausgezeichnet, so dass das Öl selbständig zum Bohrloch fließt. Die Anwendung von „Fracking“ macht hier keinen Sinn und wird ausgeschlossen.“

Die Gefahren für Grundwasser sind laut Central Anglia ausgeschlossen. „Alle Bohrungen und sonstigen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Erdölsuche und Förderung werden so geplant und durchgeführt, dass schädliche Einwirkungen auf das Trinkwasser ausgeschlossen werden können. Bei einer anstehenden Bohrung beginnt dies mit der Standortwahl. Vor einer Bohrung wird im Rahmen des Betriebsplanverfahrens eine wasserschutzrechtliche Gefährdungsabschätzung in enger Abstimmung mit den Wasserbehörden durchgeführt.

Bei Bohrbeginn werden die oberen Bodenhorizonte durch ein Standrohr zum Schutz von Grund- und Trinkwasser gegenüber dem Bohrloch isoliert. Der Raum zwischen Rohr im Bohrloch und dem umgebenden Boden in den obersten Schichten bzw. dem tiefer gelegenen Gestein wird mit Zement gefüllt, dessen Dichtigkeit sorgfältig überprüft wird. Mit fortschreitender Bohrtiefe wird der verwendete Bohrkopfdurchmesser insgesamt bis zu dreimal reduziert. Dabei werden in das vorhandene Bohrloch jeweils Rohre mit verringertem Durchmesser eingesetzt und der Zwischenraum wiederum mit Zement aufgefüllt. Das Erdöl wird später nur durch das innerste Rohr gefördert, das von der Lagerstätte bis an die Oberfläche reicht. Die grundwasserführenden Schichten sind daher durch ein Verbundsystem aus bis zu vier Lagen von Stahlrohren und Zement vom Produktionsrohr während der Förderung getrennt. Eine Grundwasserverschmutzung ist nach unseren Recherchen bei den bisher über 20000 Erdöl/Erdgas Bohrungen in Norddeutschland nicht vorgekommen.

Vor der Förderung, nach Abschluss dieser Arbeiten, wird das Bohrloch umfassend auf seine Dichtheit getestet und erst dann für weitere Schritte freigegeben. Die Dichtheit des Bohrlochs wird zudem durch Drucküberwachung der Ringräume zwischen dem Produktionsrohr und den äußeren Stahlrohren kontrolliert.

Um das Grundwasser auch vor Eintreten von Flüssigkeiten von der Oberfläche her zu schützen, wird ein Bohrkeller aus wasserundurchlässigem Stahlbeton errichtet. Das Standrohr wird flüssigkeitsundurchlässig in die Bohrkellerplatte eingebunden. Der gesamte Bohrplatz wird zudem versiegelt und mit einem umlaufenden Rinnensystem versehen, das sämtliche anfallenden Flüssigkeiten auf dem Bohrplatz sammelt und in ein Auffangbecken leitet. Im Normalfall handelt es sich hierbei um reines Niederschlagswasser.“