Nestlé-Verladeflugplaz-Wasserflaschen-Paletten

In Kanada ist die Empörung groß. Nestlé sichert sich Wasservorkommen, die bei einem internationalen Wettbewerb den ersten Rang für das «Wasser mit dem besten Geschmack der Welt» bekamen. Für eine Millionen Liter zahlt Nestlé gerade mal 2,25 US-Dollar. Die Bewohner von British Columbia „werden richtig über den Tisch gezogen“.

Ein neues Gesetz der kanadischen Provinz British Columbia sorgt für Unmut bei der Bevölkerung. Ab 2016 kann Nestlé dank des neuen Water Sustainability Act (Wasser-Nachhaltigkeits-Verordnung) bestes Grundwasser praktisch umsonst aus dem Boden Pumpen. Unternehmen müssen dann für jede Millionen Liter Wasser eine Gebühr von maximal 2,25 kanadischen Dollar bezahlen. „Die denken das ist ein guter Preis für eine Millionen Liter. Für mich ist das nicht richtig. Ich denke wir bräuchten einen besseren Preis dafür, damit die Menschen das Geld für Umwelt- und Wasserschutz verwenden können “, sagt Spencer Chandra-Herbert von der Partei New Democratic Party (NDP). Die Umweltministerin von British Columbia Mary Polak entgegnet nur, dass es sich bei den 2,25 Dollar um eine Gebühr für den Zugang zum Wasser handelt. Das Wasser selber sei umsonst. „Wir verkaufen das Wasser nicht. Das haben wir noch nie”, so Polak, denn das wollen die Leute in der Provinz British Columbia gar nicht. Außerdem könne ab 2016 der Wasserverbrauch der Unternehmen mit der Gebühr kontrolliert werden.

Viele Bewohner von British Columbia sind empört, wie der 66-jährige Kanadier Rolef Ohlroggen aus Gibsons. Er kann nicht fassen, dass Nestlé Hunderte von Millionen von Litern Grundwasser praktisch gratis aus dem Boden holt und es dann teuer in Flaschen verkauft. „Wir werden richtiggehend über den Tisch gezogen“, klagt Ohlroggen. Für den weltgrössten Nahrungsmittelkonzern ein gutes Geschäft, denn vor zehn Jahren gewann das Wasser den internationalen Wettbewerb „Wasser mit dem besten Geschmack der Welt“. Die Einwohner konnten damals das ausgezeichnete Wasser gratis von einem Hahn mitten im Dorf abzapfen. Jetzt muss die Kreditkarte gezückt oder Münzen in den Automaten geworfen werden. Doch da machen die Einwohner nicht mit, wie der „Ausser Betrieb“ Zettel belegt. „Die Leute sabotieren ihn. Sie finden, das Wasser gehöre den Menschen hier“, erklärt Ohlroggen. Anfangs hielt der 66-jährige den Geldautomaten für Grundwasser für einen Witz. Lustig war es dann aber doch nicht. „Das Wasser wird uns durch die Gier von Unternehmen gestohlen“, so der Kandier.

Jährlich pumpt Nestlé aus der nördlich gelegen Region von Gibsons rund 265 Millionen Liter Grundwasser aus dem Boden. Dafür zahlen sie ab 2016 stolze 596,25 Dollar. Für eine Flasche Nestlé Wasser müssen die Kandier mehr bezahlen als Nestlé für eine Millionen Liter. Die Internetbürgerinitiative „Sum Of Us“ (Einige von uns) lancierte eine Onlinepetition und sammelte bisher mehr als 90.000 Unterschriften. Für die sonst eher politisch wenig interessierten Kanadier eine beachtliche Anzahl von Unterschriften. Hunderte Kommentare wie „Nestlé nimmt dieses Wasser aus dem Boden und ersetzt es nicht, beutet es nur aus“ oder „Ich bezahle mehr für mein Wasser als die“ sind im Internet zu finden. Die Internetbürgerinitiative kritisiert auch die unfaire Behandlung zwischen Bevölkerung und Unternehmen. Würde ein Kanadier Grundwasser in einen Swimmingpool mit Olympiamaßen entnehmen, müsste er 180 Dollar bezahlen, das Unternehmen lediglich 6,25 Dollar, was weniger als 3,5 Prozent sind. Verständlich das zum Boykott gegen Nestlé-Produkte aufgerufen wird.

Nestlé indes befürwortet das Gesetz. „Alle Verbraucher von Grundwasser sollten einen fairen Beitrag dafür zahlen“, so Nestlé Sprecher John Challinor. Die Kritik sieht er als ungerecht. „Wir sind ein ziemlich kleiner Verbraucher in British Columbia“, erklärt Challinor und verweist darauf, dass die Landwirtschaft 900-mal mehr Wasser als Nestlé verbraucht. Maude Barlow, die Trägerin des alternativen Nobelpreises und Chefberaterin der UNO für Wasserfragen, findet die 2,25 Dollar einfach nur „unerhört“, das „Wasser gehört dem Volk“.

Nicht das Kanada unter Wassermangel leidet, zumindest aktuell noch nicht. Das Land besitzt etwa ein Fünftel der Süsswasservorkommen der Welt und profitiert davon durch Energie, die mit Wasser erzeugt wird. So stammen 90 Prozent der Energie für die Provinzhauptstadt Vancouver aus Wasserkraft. Doch Maude Barlow, Vorsitzende der Konsumenten- und Bürgerbewegung Council of Canadians, warnt vor der herrschenden Unbekümmertheit und der Annahme die Wasservorräte seien unerschöpflich. In einigen Provinzen werde mehr Wasser verbraucht als es sich wieder regeneriert. Gerade im Bergbau und in der Erdöl- und Naturgasindustrie werde Wasser in großem Maße genutzt. Maude Barlow ist eine erbitterte Gegnerin, wenn mit Wasser massiv Profite gemacht werden, während viele Menschen kein sauberes Trinkwasser haben. Sie war es auch, die maßgeblich daran mitgewirkt hat, dass die UNO 2010 zu einem Menschenrecht erklärte. „In Kanada gibt es zu viele Indianerreservate, wo die Wasserversorgung nicht ausreichend ist“, so Barlow.

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