Es ist eine kleine medizinische Sensation. Erstmals wurde ein kleiner Schrittmacher direkt in die Herzwand verpflanzt. Er braucht keine Kabel, ist weniger invasiv, verbessert die Chancen von problematischen Herzpatienten und die Batterie hat eine Lebensdauer von rund 10 Jahren. Die Micra-Kapsel gilt als sicherer als herkömmliche Geräte.
In der Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie des Universitätsklinikums Düsseldorf setzte ein Ärzteteam einem 82-jährigen Mann eine Kardiokapsel ein. Die sogenannte Micra-Kapsel ist ein Herzschrittmacher, der im Herzen selbst verbleibt und völlig ohne Kabel auskommt. Dem 82-jährigen geht es nach der OP gut. „Dies ist ein großer Fortschritt in der medizinischen Versorgung von Schrittmacherpatienten“, sagt Klinikdirektor Malte Kelm. Etwa 500.000 Menschen in Deutschland sind auf einen Herzschrittmacher angewiesen.
Ein Herz braucht für einen koordinierten und kräftigen Herzschlag elektrische Impulse, damit es den Körper und die Organe ausreichend mit sauerstoffreichem Blut versorgt. Dafür sind natürliche Taktgeber erforderlich. Arbeiten diese jedoch unverlässlich, wird der Körper nicht mehr ausreichend versorgt. Hier kommen Schrittmacher ins Spiel, die mit elektrischen Impulsen Abhilfe schaffen.
Das kleine Wunder ist nur noch ein Zehntel so groß wie reguläre Schrittmacher und hat ein Gewicht von 1,75 Gramm. Bei Maßen von 26 Millimetern Länge und einem Durchmesser von 6,7 Millimetern kann von einem wahren Winzling gesprochen werden. Erstmals ist es gelungen Batterie, Herzmessung und Taktgeber in einer einzigen winzigen Kapsel unterzubringen. Der nötige elektrische Impuls wird dort abgegeben, wo die Spitze der Micra-Kapsel die Herzwand berührt. Die Lebensdauer des Schrittmachers beträgt 10 Jahre. Die Zulassung wurde aufgrund von Studienergebnissen von 60 Patienten und Nachbeobachtungszeit von bisher drei Monaten gegeben. Teilgenommen haben 720 Patienten aus 56 Zentren in 19 Ländern.
Herkömmlichen Schrittmacher werden unter das Schlüsselbein implantiert und die Kabel über die Blutgefäße geleitet ins Herz verankert. Diese Schwachstelle gibt es bei der Micra-Kapsel nicht mehr. „Die Elektroden herkömmlicher Herzschrittmacher sind dauerhaft der Herzbewegung ausgesetzt. Dieses schwächste Glied des Systems ist bei der neuen Herzkapsel gar nicht mehr vorhanden“, betont Shin.
Die Operation ist insgesamt weniger invasiv als bei regulären Schrittmachern. Die Micra-Kapsel wird mithilfe eines Katheters durch die Leistenvene in die rechte Herzkammer vorgeschoben. Dies geschieht über einen Katheterzugang in der Höhe der Hüfte. Ist die Kardiokapsel an der richtigen Position, wird sie im Herzmuskelgewebe verankert. Neben einem geringeren Infektionsrisiko entfällt auch die typische Narbe unter dem Schlüsselbein. Übrig bleibt nur die kleine Narbe des Katheterzugangs.
Besonders hilfreich ist die Kardiokapsel bei vorerkrankten Patienten, bei denen der Zugang über die Vena Subclavia, die unterhalb des Schlüsselbeins entlangführt, nicht oder nur schwer möglich ist. „Insbesondere Patienten, bei denen sich der Zugang über die Vene unter dem Schlüsselbein schwierig gestaltet, können von dieser Therapie profitieren“, sagt Privatdozent Dong-In Shin, Leiter der Abteilung für Rhythmologie. Bei jährlich 100.000 Eingriffen dieser Problem-Patienten bietet das Unternehmen Medtronic diesen Menschen eine therapeutische Option.