Schon vor zwei Jahren hatten die Gessertshausener ihr Trinkwasser wegen coliformer Keime abkochen müssen. Nun sind die Krankheitserreger wieder aufgetaucht. Wie gefährlich sind coliforme Keime eigentlich für die Gesundheit? Ein Experte gibt antworten.
Für jede Kommune ist verunreinigtes Trinkwasser eine kleine Katastrophe. Die Gemeinde Gessertshausen trifft es seit vergangener Woche erneut. Das Trinkwasser ist mit coliformen Keimen belastet, genau wie schon einmal vor rund zwei Jahren. Die Einwohner müssen das Wasser wieder einmal abkochen. Betroffen ist der Ortsteil Gessertshausen östlich der Schwarzach, Deubach und Brunnenmühle.
Genau wie vor zwei Jahren handelt es sich um coliforme Keime zu denen auch die Salmonellen, Klebsiellen oder Enterobakterien gehören. Der Allgemeinmediziner Dr. Bernd Reitz aus Dinkelscherben sagt aber, dass die Bakterien eigentlich harmlos sind. „Es handelt sich um eine ganze Gruppe von Bakterien, die sich bei Menschen und Tieren im Darm ansiedeln“, so der Mediziner. Auch ein Sprecher des Gesundheitsamtes im Landkreis Augsburg erklärt, es handelt sich grundsätzlich nicht um schädliche Bakterien. Sie seien ganz normale Darmbewohner die bei der Verdauung eine Rolle spielen. Allerdings gilt auch hier wie bei allen Erregern oder Schadstoffen, auf die Menge kommt es an.
„Bis zu einer bestimmten Menge im Körper ist alles in Ordnung, in übermäßiger Anzahl können sie aber zu Magen-Darm-Infektionen führen“, sagt Dr. Reitz. Besonders gefährdet sind Säuglinge und Kleinkinder sowie ältere und kranke Menschen, deren Immunsystem geschwächt ist. Bei einer Magen-Darm Infektion kommt es zu Erbrechen und Durchfall, welcher zu einem erhöhten Flüssigkeitsmangel führen kann. „In der Regel ist eine Brech-Durchfall-Erkrankung nach ein paar Tagen ausgestanden“, erklärt Reitz, „wenn die Beschwerden aber länger anhalten oder ungewöhnlich schwer sind, sollte man unbedingt einen Arzt aufsuchen.“
Mit einem Arztbesuch kann die Bakterienart festgestellt werden. Im Labor wird untersucht, ob der erkrankte tatsächlich an Darmbakterien erkrankt ist und nicht etwa an einer anderen Bakteriengruppe wie EHEC, die giftige Substanzen abgibt. Dann könnte es problematisch werden. Gelangen Keime wie EHEC in andere Körperregionen wie in das Gehirn, in die Blutbahn oder Lunge, drohen Entzündungen wie Harnwegsinfekte oder Lungenentzündungen. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts erkranken 5000 bis 7000 Menschen an Durchfall der von E.-coli-Bakterien ausgelöst wurde.
Das Gesundheitsamt hat daher für die betroffene Versorgungszone der Gemeinde Gessertshausen eine Abkochverordnung erlassen. Betroffen sind rund 800 Haushalte, die ihr Trinkwasser sprudelnd abkochen müssen. Dies ist notwendig, wenn das Wasser für das Waschen von Lebensmitteln und zum Zubereiten von Speisen genutzt wird. Auch für das Zähneputzen sollte das Wasser abgekocht werden. Alternativ kann Wasser aus Flaschen zurückgegriffen werden. „Für die normale Körperhygiene, etwa zum Baden oder Duschen, kann das Wasser aus dem Hahn auch weiterhin ohne Abkochen verwendet werden“, so Dr. Reitz. Offene Wunden sollten jedoch abgedeckt werden, damit es zu keinem Kontakt mit dem Wasser kommt.
Die Wasserversorger haben zur Desinfektion seit vergangener Woche eine Chlor-Lösung in die betroffenen Leitungsnetzte eingeleitet. Bisher ist laut Bürgermeisterin Claudia Schuster die Mindestkonzentration nicht erreicht. Für die Endverbraucher entsteht nach Angaben des Gesundheitsamtes keine Gesundheitsgefahr durch die Chlorung. Die Mengen sind insgesamt zu gering. Für die Landwirte wird Entwarnung gegeben. Für Tränkewasser der Nutztiere gelten laut Veterinäramt andere Qualitätsmerkmale. Entscheidender ist dort der Gehalt an Schwermetallen, Eisen oder Nitrit und nicht der Keimgehalt. Tränkewasser muss lediglich „geeignet“ sein.
Die Ursachensuche läuft derweil weiter in Gessertshausen. Zum Ende der Woche wird das Rohrnetz nochmals gespült. Gleichzeitig müssen alle Wasseranschlüsse der betroffenen Haushalte geprüft werden. „Wir müssen das jetzt systematisch und gründlich machen, damit wir den Keim ein für allemal loswerden“, so Claudia Schuster. Einen Überblick über die betroffenen Straßenzüge gibt es, veröffentlichte die Gemeinde Gessertshausen auf ihrer Webseite.