Ein internationales Forscherteam entschlüsselte das wahre biologische Alter der Menschen im Gegensatz zum kalendarischen Alter. Der Körper jedes einzelnen altert unterschiedlich schnell, unabhängig vom Lebensalter. Die Forscher fanden heraus warum Personen im selben Lebensjahr unterschiedlich vital oder gesundheitlich angeschlagen sind.
Während so manche ein Senior mit 65 noch stundenlang wandern geht, mit dem Rad große Touren absolviert und mit den Enkelkindern herumtollt als wäre dieser Mitte 30, schafft es ein anderer im selben Alter noch nicht einmal allein die Einkaufstaschen in den ersten Stock zu tragen. Ein Forscherteam ist der Ursache auf den Grund gegangen und hat revolutionäre Erkenntnisse errungen. Sie kamen zu dem Schluss, das Menschen biologisch unterschiedlich altern.
Der Gerontologe Dan Belsky von der Duke-Universität in Durham, North Carolina und ein internationales Forscherteam haben Methoden entwickelt, mit der sich die Geschwindigkeit des Alterns bei jungen Menschen feststellen lässt. In der erstellten „Dunedin-Studie“ haben die Forscher das biologische Alter von 1.037 Menschen aus der Stadt Dunedin in Neuseeland untersucht.
Die Studienteilnehmer wurden seit der Geburt bis zum 38. Lebensjahr regelmäßig medizinisch und psychologisch untersucht und deren Werte erfasst. Der Alterungsprozess zeichnet sich in den Organen früher ab als bei den Augen, Gelenken oder Haaren, so Belski. Daher protokollierten die Forscher 18 Gesundheitswerte, wie unter anderem die Lungenfunktion, Nierentätigkeit, Leberwerte, das Immunsystem, Herzfitness, Zahngesundheit, den Cholesterinspiegel oder die Länge der Chromosomenenden (Telomere), die sich im zunehmendem Alter verkürzen. Sie untersuchten auch die Blutgefäße hinter dem Auge, die eine Indikation auf die Blutgefäße im Gehirn geben.
Aufgrund der erfassten Daten der Studienteilnehmer, konnten die Forscher das biologische Alter der 38jährigen feststellen. Diese lag zwischen 28 und 61 Jahren. Das Forscherteam verglich die erfassten Daten der Studienteilnehmer als sie 26 und 32 Jahre alt waren. Dabei stellte sich heraus, dass die meisten Studienteilnehmer auch biologisch jedes Kalenderjahr um ein Jahr gealtert sind. Einige von den Studienteilnehmern sind aber innerhalb eines Kalenderjahres biologisch um drei Jahre gealtert, gemessen am Gesundheitsstatus. Für andere hingegen lief die biologische Uhr langsamer ab.
Die Forscher entdeckten auch das diejenigen, welche schneller biologisch alterten, auch einen stärkeren IQ-Rückgang aufzeigten sowie Anzeichen für ein erhöhtes Demenz- oder Schlaganfallrisiko aufwiesen. Ebenfalls zeigten sie verminderte motorische Fähigkeiten. Sie schnitten bei Gleichgewichts- und Koordinationsübungen sowie kognitiven Tests schlechter ab. Diese Studienteilnehmer gaben auch selber an, dass sie physiologische Probleme, wie etwa bei körperliche Anstrengung, haben.
Schon im Alter von 26 Jahren waren die Spuren des beschleunigten Alterns nachweisbar, erklärte der Gerontologe Dan Belsky. Zudem wurden die erfassten Daten auch durch die Fremdwahrnehmung der Studienteilnehmer gestützt. Studenten der Duke University schätzten Anhand von Fotos das Alter der 38 jährigen Studienteilnehmer. Jene welche biologisch schneller gealtert waren, wurden von den Studenten auch als älter eingestuft.
Belski und die Forscher gehen davon aus, dass die Erkenntnisse aus der Studie helfen und die Analysemethode der Altersfeststellung dabei hilft den Alterungsprozess als Ganzes zu verstehen und nicht nur altersbedingte Krankheiten in isolierter Sicht zu betrachten und zu behandeln. Damit mehrere Krankheiten gleichzeitig verhindert werden, ist es notwendig das zu schnelle Altern zu bekämpfen und nicht nur einzelne Erkrankungen.
„Wenn wir aber altersbedingte Krankheiten verhindern wollen, müssen wir das Altern schon bei jungen Menschen untersuchen“, erklärt Belsky. „Wenn wir älter werden, wächst unser Risiko für verschiedene Krankheiten. Um mehrere Krankheiten gleichzeitig zu verhindern und nicht Blindekuh zu spielen, muss das Altern selbst unser Ziel sein“. Erkenntnisse aus der Zwillingforschung lassen vermuten, dass die Ursache des Altern nur zu 20 Prozent genetisch ist und der Rest auf Umwelteinflüsse zurückführt. Genau diese Umwelteinflüsse geben Raum für einen Ansatz der medizinischen Beeinflussung des Alterungsprozess, so die Forscher.
Die gewonnenen Kenntnisse aus der Dunedin-Studie sind im Angesicht einer alternden Weltbevölkerung von wachsender Bedeutung. Bereits die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte vor den bevorstehenden Herausforderungen für die Gesundheitssysteme. Laut WHO wird schon in fünf Jahren die Anzahl der Personen der über 60jährigen erstmals über der unter Fünfjährigen liegen.