Der Skandal um Bleiverseuchtes Trinkwasser in Flint/Michigan weitet sich auf alle US-Bundesstaaten aus. Als das Thema in den Medien für Empörung sorgte, interessierten sich die Amerikaner dafür wie es denn um ihr Trinkwasser steht. Wie USA TODAY recherchierte ist Blei im Trinkwasser in den ganzen USA ein erhebliches Problem. Besonders in Kindertagesstätten und Schulen ist das Trinkwasser viel zu oft mit Blei verseucht. Hat Deutschland auch ein Bleiproblem? Fragen und Antworten
Was als Sparmaßnahme begann wurde zu einer massiven Gesundheitsgefährdung 100.000er Einwohner. In Flint/Michigan wurde 2014 die Wasserversorgung umgestellt. Obwohl seit Monaten Anwohner über Gesundheitsprobleme klagten und Ärzte warnten, reagierten die Behörden nicht. Am Ende musste Präsident Obama sogar den Notstand erklären.
Die bankrotte Stadt Flint steht unter einem von Gouverneur des Bundesstaats Michigan, Rick Snyder, ernannten Notverwalter. Dieser entschied als Sparmaßnahme die Trinkwasserversorgung von Detroit abzukoppeln und stattdessen Wasser aus dem Flint River zu entnehmen. Das billige Flusswasser enthielt zu viele korrosive Stoffe und die Kläranlage konnte das Flusswasser nicht nach den Trinkwasservorschriften aufbereiten. Das korrosive Wasser löste Blei aus den alten Leitungen heraus. Schon sehr bald nach dieser Sparmaßnahme beklagten sich die Anwohner über schlechten Geruch und Geschmack sowie Rost im Wasser. Sie gaben dem schlechten Wasser auch die Schuld für die auftretenden Beschwerden wie Hautausschlag, Erbrechen und Haarausfall seit der Umstellung der Wasserversorgung.
Erst im September 2015, eineinhalb Jahre später, gab Gouverneur Rick Snyder zu, dass das Trinkwasser nicht zum Verzehr geeignet ist und veröffentlichte eine Warnung. Zuletzt musste Präsident Obama sogar den Notstand ausrufen. Den rund 8000 Kindern, die monatelang mit Blei verseuchtes Wasser getrunken haben, ist dies nur ein schwacher Trost. Das Schwermetall kann irreversible Schäden verursachen. Es zerstört Nervenzellen und das Gehirn. Gerade bei Kindern kann Blei Lern- und Verhaltensstörungen verursachen. Im Kinderkranenhaus Hurley wurden über 2000 Kinder untersucht mit schrecklichen Ergebnissen. Mona Hanna-Attisha vom Kinderkrankenhaus Hurley machte noch vor Hillary Clinton auf das Problem aufmerksam, doch die Behörden wiesen ihre Sorgen von der Hand. „Es war frustrierend, dass es so lange gedauert hat“, sagt Hanna-Attisha.
Der Skandal um Flint weitet sich nun zu einem landesweiten Skandal aus. Wegen dem enormen medialen Interesse recherchierte USA TODAY das Thema landesweit. Ist Blei im Trinkwasser ein generelles Problem in den USA oder ist Flint nur ein extremer Einzelfall? Da Kinder gesundheitlich am schlimmsten durch Blei geschädigt werden, lag das Hauptaugenmerk auf Kindertagesstätten und Schulen. Das Problem ist wesentlich größer als vermutet wurde.
Nach einer Analyse der U.S. Environmental Protection Agency wurden zwischen 2012 und 2015 sind von 470 Tests an Schulen und Kindertagesstätten 350 mit zu hohen Bleiwerten aufgefallen. In den USA liegt der Grenzwert für Blei im Trinkwasser bei 0,015 Milligramm/Liter (Deutsche Trinkwasserverordnung: Grenzwert Blei 0,01 Milligramm/Liter). Dieses Ergebnis lässt vermuten, dass 20 Prozent der gesamten amerikanischen Trinkwasserversorgung den Grenzwert von Blei überschreitet.
Typisch für amerikanische Schulen sind die Trinkwasser-Brunnen, die oft und gern von den Kindern genutzt werden. Eine Wasserprobe in einer Grundschule im Bundesstaat Maine war 41-mal höher, während eine andere in einer Vorschule in Pennsylvania 14 mal höher war als erlaubt. Und ein Trinkwasser-Brunnen in einem Musikzimmer bei der Caroline Elementary School wies einen Bleigehalt von 5 Milligramm/Liter auf. „Es ist eine beängstigende Sache. Niemand hat erwartet das in den Schulen zu haben“, sagt die besorgte Mutter Nicole Rich. „Wer weiß, wie groß das Problem tatsächlich ist?“
Nach Angaben von Experten ist das Problem sehr groß. Genaue Daten gibt es leider nicht. Die Behörden erfassen lediglich 10 Prozent der Schulen und Kindertagesstätten des Landes. 8225 Institutionen für Kinder haben eine eigene Wasserversorgung und da ist es fraglich, ob sie überhaupt auf Blei testen. Die Amerikanische Umweltbehörde EPA schätzt, dass etwa 90.000 Schulen und eine halbe Millionen Kindertagesstätten nicht durch den Drinking Water Act geregelt sind, welcher vergleichbar mit der Deutschen Trinkwasserverordnung ist. Das liegt daran, dass kommunale Wasserversorger selbstverantwortlich sind und sie ihr Wasser selbst testen und nicht von den Bundesbehörden kontrolliert werden.
Die Eltern haben also keine Sicherheit darüber, ob das Wasser in den Schulen und Kindertagesstätten einwandfrei ist. „Es gibt eine regulatorisches schwarzes Loch, wenn es um Schulen und Kindertagesstätten geht“, sagt Yanna Lambrinidou, eine Forscherin der Technischen Universität Virginia. Sie untersucht Trinkwasser auf nationaler Ebene und ist weniger über die aktuellen Diskussionen verwundert. „In gewisser Weise ist es eine offizielle Bestätigung der großen Verbreitung von Blei und die großen Gesundheitsschäden, die unentdeckt bleiben.“
Wie die Recherchen von USA TODAY ergaben, sind die Verwaltungsmaßnahmen der EPA und einigen Behörden sehr unregelmäßig. Die Schulen vergessen oft zu testen und informieren weder die Eltern rechtzeitig, noch beheben das Problem sofort, sofern die Bleiwerte zu hoch sind. Obwohl es hier eine echte gesundheitsgefährdende Problematik gibt, kann sich die EPA nur zu einer Empfehlung durchsetzen. Sie rät allen Schulen und Kindertagesstätten, auch diejenigen die nicht unter die Kupfer- und Blei Verordnung der Behörde fallen, die Giftmengen von Blei im Trinkwasser zu reduzieren. Die EPA und die Bundesbehörden legen ihre Priorität auf diejenigen, die sehr Hohe Werte aufweisen. Diesen Schulen und Kindertagesstätten wird bei den Trinkwasserproben und Maßnahmen gegen die hohen Bleikonzentrationen geholfen, wie etwa alte Bleirohre zu ersetzen.
Eine wachsende Gruppe von Wissenschaftlern, Aktivisten und Eltern ist das nicht genug. Sie fordern, dass alle Schulen und Kindertagesstätten dazu verpflichtet werden müssen, regelmäßig auf Blei zu testen. „Unsere Kinder trinken das Wasser jeden Tag. Dass es nicht unbedingt immer getestet werden muss, ist für mich völlig unverständlich“, sagt Nicole Rich. „Die EPA-Vorschriften haben sich nicht den wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst. Es sind unsere Kinder. Es ist Gift, ein Gift das regelmäßig aufgenommen wird. Das kann unter keinen Umständen in Ordnung sein“, so Präsidentin und Geschäftsführerin Ruth Ann Norton von der Green und Healthy Homes Initiative.
Problematische Bleiwerte gibt es in 42 US-Bundesstaaten. Doch erst wenn 10 Prozent der Wasserproben mehr als 0,15 Milligramm/Liter aufweisen, ist der Wasserversorger verpflichtet zu handeln. Die US-Bundesstaaten mit den höchsten Werten aus Brunnen und Wasserhähnen waren Maine mit 26 zu hohen Werten von 44 Proben, Pennsylvania mit 37 zu hohen Werten von 43 Proben und New Jersey mit 23 überschrittenen Grenzwerten von 34 Proben. Bei einigen Schulen und Kindertagesstätten haben vier oder fünfmal hintereinander bei den Untersuchungen die Grenzwerte überschritten. Demnach wurde nie etwas unternommen, um die Konzentrationen von Blei zu verringern.
Vielen Schulen fehlt einfach das Geld, um der Ursache auf den Grund zu gehen, eventuell die Bleiwasserrohre zu ersetzen oder effektive Wasserfilter einzusetzen. Das Thema wird meist totgeschwiegen. Erst wenn Eltern kontinuierlich auf Tests bestehen und bei Überschreitungen auf Maßnahmen pochen, geschieht etwas. Nicht selten dauert es Monate oder gar Jahre bis sich die kommunalen Behörden oder die Schulleitung gezwungen sieht etwas zu unternehmen. Oftmals wird mit wenig dauerhaften Lösungen agiert. Die Trinkwasser-Brunnen abstellen und Flaschenwasser bereitstellen ist eine oft genutzt Maßnahme.
Auch in Deutschland gibt es noch viele Gebäude, die Bleirohre enthalten, wie Worldtimes-Online zuletzt über die Berliner Polizei berichtete. Wie oftmals falsche vermutet, gibt es auch kein ausdrückliches Verbot für Bleirohre. In der Praxis ist es jedoch schwer den Grenzwert für Blei einzuhalten, wenn im Gebäude alte Bleirohre verbaut sind. Nachfolgend Fragen und Antworten zu Blei im Trinkwasser (Quelle: Niedersächsisches Landesgesundheitsamt):
Welche Gebäude können betroffen sein?
Bleileitungen wurden teilweise bis in die Mitte der 70er Jahre in Deutschland verbaut. Danach sollten sie aufgrund ihrer Einstufung als gesundheitlich bedenklich für neue Trinkwasserleitungen nicht mehr verwendet werden.
Sind Bleileitungen ab jetzt verboten?
Ein ausdrückliches Verbot gibt es nicht, jedoch lässt sich der neue Grenzwert nur einhalten, wenn das Trinkwasser vorher keine Bleirohre durchströmt hat. Somit kommt der neue Grenzwert einem Verbot von Bleileitungen gleich.
Wie ist der Grenzwert für Blei?
Seit dem 1. Dezember 2013 gilt EU-weit für Blei ein Grenzwert von 0,010 mg/l (entspricht 10 µg/l). Dieser Wert wird seit 1990 von der WHO (Weltgesundheitsorganisation) empfohlen. Er ersetzt nach einer 10 jährigen Übergangszeit den alten Grenzwert der Trinkwasserverordnung von 0,025 mg/l (25 µg/l).
Wie kann festgestellt werden, ob die Leitung aus Blei ist?
Hauseigentümer:
Einsicht in die Unterlagen vom Hausbau.
Im Keller liegen Wasserleitungen i.d.R. frei:
Klopftest, kein metallischer Klang
Bleileitungen sind silbergrau
Bleileitungen sind weich und lassen sich mit einer Münze einritzen
Bleileitungen sind biegsam und darum teilweise in geschwungenen Linien verlegt
Lassen Sie sich bei der Kontrolle der Leitungen ggf. von einem Installateur begleiten.
Mieter:
Hauseigentümer, Hausverwalter, Hausmeister fragen. Es besteht seitens des Eigentümers eine Aufklärungspflicht gegenüber dem Mieter, wenn Bleileitungen vorhanden sind.
Zusätzlich können Sie den Bleigehalt im Trinkwasser durch eine zugelassene Trinkwasseruntersuchungsstelle bestimmen lassen. Welche Untersuchungsstellen bei Ihnen in der Nähe sind, können Sie bei Ihrem Gesundheitsamt oder dem NLGA erfragen.
Was ist zu tun bei erhöhten Bleimesswerten?
1. Wasser ablaufen lassen!
Sollten die Messwerte im Leitungswasser tatsächlich deutlich erhöht sein, empfiehlt es sich Wasser – welches länger in der Leitung stand – ablaufen zu lassen. Es ist bekannt, dass sich in der Leitung stehendes Wasser durch Lösungsvorgänge mit Metallen anreichert. Wasser sollte z.B. morgens solange aus dem Hahn ablaufen gelassen werden, bis es nicht mehr kälter wird. Eine anderweitige Wassernutzung in der Wohnung, z.B. durch Toilettennutzung, Duschen, Geschirrspülen etc., kann die notwendige Ablaufzeit deutlich verkürzen. Erst danach sollte Wasser zu Trinkzwecken entnommen werden.
Zur Zubereitung von Säuglings- und Kleinkindernahrung sollten Sie das Wasser allerdings besser nicht verwenden und stattdessen auf abgepacktes Wasser ausweichen, das den Aufdruck „geeignet für die Zubereitung von Säuglingsnahrung“ trägt.
Im Zweifel wenden Sie sich an Ihr zuständiges Gesundheitsamt.
2. Kontrolle der Hausinstallation
In manchen Fällen kann eine umfangreichere Wasseruntersuchung auf Blei erforderlich sein, um zu klären, ob Bleirohre in der Hausinstallation vorhanden sind. Denn auch andere Leitungsmaterialien, wie Messingarmaturen oder verzinkte Eisenrohre, können kleine Mengen an Blei abgeben. Geeignet für so eine umfangreiche Untersuchung ist die sogenannte gestaffelte Stagnationsbeprobung. Sie beruht auf einer Empfehlung des Umweltbundesamtes und umfasst dabei in der Regel drei Proben, die nach Ablaufenlassen und Stagnation des Wassers genommen werden. Solche Messungen werden von zugelassenen Trinkwasser-Untersuchungsstellen durchgeführt.
Im Zweifel können Sie sich auch hier von Ihrem zuständigen Gesundheitsamt beraten lassen.
Kontrollieren Sie z.B. im Keller sichtbare Trinkwassereitungen. Bleirohre sind weich, grau, aufgrund der Biegsamkeit häufig in Bögen verlegt und lassen sich mit einer Münze einritzen. An der eingeritzten Stelle lässt sich das „blanke“, glänzende Blei erkennen. Ein Installateur kann Ihnen bei der Kontrolle helfen.
Was können Mieter tun, wenn Bleileitungen im Gebäude festgestellt wurden?
Informieren Sie Ihren Hausbesitzer und streben Sie mit ihm gemeinsam eine rasche Sanierung an. Wenn Sie eine Rechtsberatung benötigen z.B. hinsichtlich der Stichworte Mietminderung oder Kündigungsrecht, können Sie sich an einen Rechtsanwalt Ihrer Wahl oder z.B. an den Deutschen Mieterbund wenden.
Was müssen Hauseigentümer tun, wenn sie Bleileitungen feststellen?
Abgabe von Trinkwasser, welches den Grenzwert der Trinkwasserverordnung für Blei überschreitet, ist verboten und ggf. sogar eine Straftat!
Vermieter müssen die Mieter informieren, wenn Leitungen aus dem Werkstoff Blei in der von Ihnen betriebenen Anlage vorhanden sind.
Zudem müssen Hauseigentümer ihre Hausinstallation auf Anordnung des Gesundheitsamts untersuchen lassen.
Installieren Sie neue Wasserleitungen aus unbedenklichen Materialien. Welches Material am Besten geeignet ist, erfahren Sie von Ihrem Installateur.
Stimmt es, dass alte, verkalkte Blei-Leitungen durch eine Schutzschicht aus Kalk weniger Blei freisetzen und somit sicher sind?
Es ist zwar prinzipiell richtig, dass sich in Bleileitungen mit der Zeit eine Deckschicht aus schwerlöslichen Bleisalzen und Kalk bildet, jedoch ist der Grenzwert der Trinkwasserverordnung 2001 so niedrig, dass er trotz Deckschicht voraussichtlich nicht eingehalten werden kann.
Gibt es noch andere Quellen für Blei im Trinkwasser außer Bleirohre?
Gelegentlich können auch andere Leitungsmaterialien, wie Messingarmaturen oder verzinkte Eisenrohre, geringe Mengen an Blei abgeben. Daher sollten Sie Wasser, das länger als vier Stunden in einer Leitung „stand“ besser nicht zur Zubereitung von Speisen oder Getränken verwenden. Weitere Informationen hierzu finden Sie auch im Ratgeber „Trink was“ vom Umweltbundesamt.
Müssen alle Bleileitungen entfernt werden?
Haus- und Wohnungseigentümer sind dafür verantwortlich, dass die gesetzlichen Grenzwerte innerhalb des Hauses eingehalten werden. Werden Bleileitungen in der Hausinstallation benutzt, müssen diese gegen Rohre aus anderen Materialien ausgetauscht werden, da sich der Bleigrenzwert sonst kaum einhalten lässt. Da bereits bei Sanierungen in der Vergangenheit Bleileitungsabschnitte teilweise durch andere Rohrmaterialien ersetzt worden sein können, ist eine sachkundige Beurteilung und Planung der Sanierungsmaßnahme erforderlich. Hierbei können Sie Installateure beraten.
Nützen Filter gegen Blei?
Ja und nein: Es gibt zwar im weitesten Sinne „Filter“ die theoretisch für eine begrenzte Zeit Blei aus dem Wasser herausholen können, wenn die aber voll sind, kommt es zum „Durchbruch“: dann geben diese das gespeicherte Blei u.U. sogar schlagartig in höherer Konzentration ab, als es vorher vorhanden war! (Anm. d. Redaktion: Eine Ausnahme bilden Umkehrosmose-Anlagen, da sie über eine Molekularfilter-Membrane verfügen. Das Blei setzt sich nicht im Filter ab, sondern wird mit dem Abwasser des Wasserfilters direkt abgeleitet). Informationen zu diesem Thema finden Sie auch auf den Internetseiten der Verbraucherzentrale NRW oder der Stiftung Warentest.
Fazit: Filter am Wasserhahn erfüllen die Anforderungen der TrinkwV2001 an eine störungsfreie Bereitstellung von Trinkwasser nicht dauerhaft. Wenn Mängel bekannt sind, muss die Ursache abgestellt werden. Daher hilft dauerhaft nur ein Austausch der wasserführenden Leitungen.
Hilft Abkochen von Trinkwasser gegen zu hohe Blei-Konzentrationen?
Nein, Abkochen hilft zwar gegen Bakterien und tötet diese ab. Es hilft aber nicht gegen erhöhte Konzentrationen von Metallen wie z.B. Blei.
Lässt sich mit einem Teilaustausch der Bleileitungen, z.B. durch Kupferleitungen, die Bleibelastung des Trinkwassers senken?
Nein, der neue Grenzwert lässt sich nicht sicher einhalten, wenn das Trinkwasser vorher durch Bleirohre geflossen ist. Zusätzlich kann es unter Umständen sogar zu einem vermehrten Freisetzen von Blei kommen, wenn Edelmetalle wie z.B. Kupfer in Verbindung mit Bleirohren eingesetzt werden. Um zu erfahren welches die individuell Beste Lösung für eine Sanierung ist wenden Sie sich an Ihren Installateur.
Reicht es aus erstmal die Bleileitungen zur Küche auszutauschen und später irgendwann die, die zum Badezimmer führen? Schließlich wird das Wasser ja aus der Dusche nicht getrunken.
Es ist richtig, dass auf diese Weise die Aufnahme von Blei gesenkt werden kann, aber dennoch muss das Wasser im Badezimmer ebenso wie in der Küche Trinkwasserqualität haben. Nach der Trinkwasserverordnung ist „Trinkwasser“ alles Wasser, das zum Trinken, zum Kochen, zur Zubereitung von Speisen und Getränken aber ausdrücklich auch zur Körperpflege und -reinigung und bestimmt ist.
Welche Materialien sind geeignet um die Bleileitungen zu ersetzen?
Die verwendeten Werkstoffe in der Hausinstallation haben großen Einfluss auf die Wasserqualität. Bei der Auswahl der Werkstoffe ist auch die am Ort vorhandene Trinkwasserzusammensetzung zu berücksichtigen. Planer oder qualifizierte Installationsunternehmen beraten bei der Auswahl des besten und zugleich für den Anwendungsfall kostengünstigsten Werkstoffes. So ist sichergestellt, dass Trinkwasserinstallationen und speziell die verwendeten Geräte, Armaturen und Werkstoffe den technischen Regelwerken und den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entsprechen. Um zu erfahren welches die individuell Beste Lösung für eine Sanierung ist wenden Sie sich an Ihren Installateur.
Wer darf die Sanierung der Trinkwasserleitungen vornehmen?
Die „Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV)“ schreibt vor, dass ausschließlich dafür zugelassene Installateur- und Heizungsbauerbetriebe an Hausinstallationen arbeiten dürfen – nicht die Nutzer selbst! Fachbetriebe sind bei den Wasserversorgungsunternehmen als Vertragsinstallationsunternehmen (VIU) eingetragen. Sie können sich auch an den Fachverband Sanitär-, Heizungs-, Klima- und Klempnertechnik (FVSHK) wenden.
Kann der Vermieter die Kosten der Sanierung auf den Mieter umlegen?
Werden Bleileitungen infolge einer Grenzwertüberschreitung ausgetauscht handelt es sich um einen Mangel der Mietsache und der Hauseigentümer muss die Kosten selbst übernehmen. Weitere Informationen hierzu finden Sie z.B. auf den Internetseiten des Deutschen Mieterbundes.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit der Austausch von Bleileitungen vom Land gefördert werden kann und in welcher Höhe wird gefördert?
Der Austausch von Bleileitungen in der Trinkwasserinstallation kann im Zusammenhang mit Modernisierungsmaßnahmen nach § 2 Abs.1 des Niedersächsischen Wohnraumfördergesetzes in Form von anfänglich zinsfreien Darlehen gefördert werden. Im aktuellen Wohnraumförderprogramm fallen darunter bei selbstgenutztem Wohneigentum Maßnahmen der energetischen und/oder altersgerechten Modernisierung von Gebäuden, die bis zum 01.01.1995 fertig gestellt worden sind. Die Modernisierungsförderung beträgt bis zu 40 v. H. der durch die Maßnahme insgesamt verursachten Kosten, bei mindestens 10.000 € und maximal 75.000 € Modernisierungskosten. Im Rahmen energetischer Modernisierung von Mietwohnungen bzw. der Modernisierung von Mietwohnungen in städtebaulichen Sanierungsgebieten können auch allgemeine Modernisierungsmaßnahmen u. a. zur Verbesserung der Wasserversorgung gefördert werden. Die Gesamtförderung beträgt auch hier bis zu 40 v. H. der durch die Maßnahme insgesamt verursachten Kosten, höchstens jedoch der Kosten eines vergleichbaren Neubaus. Die Wohnraumförderung des Landes wird über die Investitions- und Förderbank Niedersachsen – NBank abgewickelt.
Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ermöglicht die Förderung des Austauschs von Bleileitungen in Form von Darlehen im Zusammenhang mit Modernisierungs-, Instandsetzungs- und Umbaukosten bei Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum im Rahmen des KfW-Wohneigentumsprogramms Nr. 124.