Zum ersten Mal wurde amtlich der H5N8 Virus auf europäischem Boden in einem Wildvogel nachgewiesen. Die Krickente wurde im Rahmen des Wildvogelmonitoring im Landkreis Vorpommern Rügen geschossen. Bundesagrarminister Christian Schmidt hat eine Krisensitzung einberufen. Krickenten sind sehr mobil und legen Strecken bis zu 8.000 Kilometer zurück.
Die Situation um das asiatische Vogelgrippevirus H5N8 hat eine neue Dimension erreicht. Anfang November ist das Virus in einem Putenbetrieb in Heinrichwalde ausgebrochen. Nachdem etwa 2.000 Geflügel verendet waren mussten alle 31.000 Puten ebenfalls zwecks Eindämmung getötet werden. Es wurde zudem in einem Umkreis von 50 Kilometern des Mastbetriebes ein Risikogebiet ausgerufen.
In der Nacht von Freitag auf Samstag wurde im Zuge des Wildvogelmonitoring eine Wildente gezielt geschossen und untersucht. Das Ergebnis ergab, dass die Krickente mit dem gleichen Virus infiziert war, wie der Putenbetrieb in Vorpommern Rügen und die Geflügel in den Niederlanden. Der infizierte Wildvogel war deutlich außerhalb des Risikogebietes entdeckt worden und zeigte keine äußeren Anzeichen der Krankheit. „Wir haben damit nun eine neue, unschöne Situation. Wir müssen jetzt von einem europaweiten Seuchengeschehen sprechen. Außerdem verdichtet sich jetzt der Verdacht, dass nach den Ausbrüchen bei uns, in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich, das Erregerreservoir wohl in der Wildvogelpopulation liegt. Denn es handelt sich zumindest bei den Fällen in den Niederlanden und bei uns nach bisherigem Kenntnisstand um die exakt gleiche Virusvariante. Das bedeutet andererseits auch, dass wir uns nun gezwungen sehen, zum Schutz der Nutztierbestände, ein landesweites Aufstallungsgebot zu verfügen. Ich bitte daher alle Geflügelhalter im eigenen Interesse, den möglichen Kontakt des Geflügels zu Wildvögeln zu unterbinden“, mahnte Dr. Till Backhaus, Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz M-V.
Die Tierseuche hat diverse Namen. Anfangs wurde von Geflügelpest gesprochen, doch nachdem klar war, dass es sich um ein Grippevirus handelt gilt der Terminus Vogelgrippe oder je nach Tiergattung, Hühner-, Enten-, oder Gänseinfluenza. Die Vogelgrippe Typ H5N1 war im Februar und Dezember 2013 in Deutschland zuletzt aufgetreten. 14.500 Enten in Brandenburg und einige Hundert Hühner sowie Strauße im Schwarzwald wurden Opfer des Virus. Der aktuell festgestellte Erreger Typ H5N8 ist laut Landwirtschaftsministeriums ein hochansteckender Subtyp der Vogelgrippe. Bisher war dieser Virustyp nur in Asien zu finden und ist nun amtlich auch in Europa nachgewiesen worden.
Das Virus ist höchstwahrscheinlich von Südkorea über Ostrussland nach Europa gelangt. Krickenten sind Wandervögel und leben in großer Zahl am Baikalsee in Russland. Tiere vom Baikalsee sind auch in Südkorea gesichtet worden und sie fliegen auch nach Europa. Dieser Übertragungsweg ist der wahrscheinlichste und zugleich am schwierigsten zu kontrollierende. Die Übertragung über den Transport von Zuchtgeflügel oder über das Futter halten Experten nun für unwahrscheinlich.
Jetzt sind die Geflügelzüchter gefragt ihre Betriebe zu schützen. „Ich appelliere eindringlich an alle Geflügelhalter zu hoher Aufmerksamkeit und zur konsequenten Einhaltung der Biosicherheitsmaßnahmen. Hierzu gehört insbesondere, unklare Krankheits- bzw. Todesfälle bei Geflügel durch eine schnellstmögliche Untersuchung auf Geflügelpest abzuklären. Des Weiteren darf Wildvögeln kein Zugang zu Futter, Einstreu und Gegenständen gewährt und Tiere dürfen nicht mit Oberflächenwasser getränkt werden, zu dem wildlebende Vögel Zugang haben“, erklärte Bundesagrarminister Christian Schmidt.
Minister Till Backhaus ordnete für Mecklenburg-Vorpommern gestern die unverzügliche Unterbringung aller Nutzgeflügel in Ställe oder überdachte Voliere an. Dies betrifft etwa 40.000 Züchter mit rund 13 Millionen Hühnern, Enten und Puten. Veterinärämter und Polizei kontrollieren die Maßnahme. Die Geflügelbetriebe in einem Umkreis von zehn Kilometern um das Gebiet der Krickente stehen unter besonderer Beobachtung. Dort sind, neben kleinen privaten Züchtern, fünf Betriebe mit mehr als 100.000 Tieren. „Ein Sperrbezirk wurde aber nicht eingerichtet“, sagte Minister Till Backhaus. Bisher sind Übertragungen auf den Menschen nicht bekannt, doch eine potenzielle Gefährdung für den Menschen könne aber auch nicht ausgeschlossen werden.