Während seiner Doktorarbeit stößt ein Doktorand zufällig auf Salze einer Fluoressigsäure im Fluss Neckar. Weitere Nachforschungen führen nach Bad Wimpfen zu einem Chemieunternehmen. Nach Angaben des Konzerns sei es nie zu einer Gefährdung gekommen.
Es war purer Zufall, dass es die Verunreinigung des Trinkwassers entdeckt wurde. Am Technologiezentrum Wasser in Karlsruhe entwickelte ein Doktorrand ein Verfahren, um besonders kleine Moleküle im Wasser nachzuweisen. Dafür untersuchte er im Rahmen seiner Doktorarbeit Trinkwasser aus dem Raum Mannheim/ Heidelberg mit Anteilen von Neckarwasser. In den Proben wurden Verunreinigungen entdeckt. Es handelte sich dabei um Salze einer Fluoressigsäure, genau genommen von Trifluoressigsäure (Trifluoracetate TFA). Die Salze sind ein Abbauprodukt eines Pflanzenschutzmittels.
Daraufhin wurden weitere Proben an unterschiedlichen Stellen des Neckar genommen und ausgewertet. Am Ende führte die Spur die Forscher des Technologiezentrums auf die Einleitstelle des Chemiekonzerns Solvay Bad Wimpfen (Kreis Heilbronn). Dort konnte die stärkste Konzentration des Salzes im Fluss nachgewiesen werden.
Die Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke Bodensee-Rhein hat nach dem Stand der Ergebnisse ihre Besorgnis geäußert und forderte das Unternehmen und die zuständigen Behörden auf Maßnahmen zu ergreifen. Die Einleitung des Stoffes müsse in Neckar und Rhein reduziert werden. Es gibt zwar keinen Grenzwert für TFA in der Deutschen Trinkwasserverordnung, doch als Abbauprodukt eines Pflanzenschutzmittels gibt es zumindest Maßnahmewerte. Hier gilt bei Trinkwasser ein Wert von 10 Mikrogramm pro Liter.
Solvay arbeitet nun mit dem Regierungspräsidium Stuttgart und der Aufsichtsbehörde zusammen. Unternehmensintern gibt es ebenfalls Untersuchungen zu den Frachten im Abwasser. Auch das Umweltbundesamt wurde zur Bewertung der Situation hinzugezogen. Laut den vorliegenden Ergebnissen wurde der Maßnahmewert am unteren Neckar weitgehend unterschritten. Nur in einem Einzelfall wurden 16 Mikrogramm pro Liter gemessen. Als erste Gegenmaßnahmen wurden Brunnen am Neckar abgeschaltet und dem Trinkwasser unbelastetes Wasser beigemischt. In einer Presseerklärung des Unternehmens wurde zudem Entwarnung gegeben. Es gab zu keiner Zeit eine Gefährdung und Solvay arbeite eng mit den zuständigen Behörden zusammen, um dies zukünftig auch sicherzustellen.
„Solvay produziert in Bad Wimpfen Trifluoressigsäure. Das Molekül wird insbesondere für die Synthese besonders wirksamer Arznei- und Pflanzenschutzmittel benötigt. Das Werk hat die entsprechende Produktionsanlage Ende September aus Vorsorge und freiwillig vorläufig heruntergefahren. Hintergrund sind Messungen in einem Forschungsprojekt der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) auf Trifluoressigsäure im Neckar. Dieses Forschungsprojekt dient dem besseren Schutz des Trinkwassers. Die Messergebnisse sollen darauf hindeuten, dass die Produktion in Bad Wimpfen mit Anteilen im Abwasser zu den gemessenen Werten beiträgt.
Solvay leitet keine Trifluoressigsäure in den Neckar, sondern neutralisiert und nachbehandelt sein Abwasser, sodass nur Salze der Trifluoressigsäure (Trifluoracetate) in den Neckar gelangen. Das Unternehmen legt Wert auf die Feststellung, dass es zu keinem Zeitpunkt gesetzlich festgelegte Abwassergrenzwerte oder Vorgaben der Behörden überschritten hat. Alle Anlagen in unserem Werk in Bad Wimpfen waren und sind im bestimmungsgemäßen Betrieb. Es gibt keinen Anlass zu Beunruhigung.
Nach Vorliegen der Messergebnisse hat die Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke Bodensee-Rhein ihre Besorgnis geäußert und die Behörden sowie Solvay aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen und entsprechende Frachten im Neckar und Rhein zu senken. Solvay arbeitet dabei eng mit der Aufsichtsbehörde, dem Regierungspräsidium (RP) Stuttgart, zusammen und hat interne Untersuchungen zu Frachten im Abwasser gestartet“.