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Der Wasser-Energie-Nexus

Im FocusDer Wasser-Energie-Nexus

Alle vier Jahre erscheint der Weltwasserbericht der UNESCO, und vor rund einem Jahr, im März 2014, erschien der letzte. Im Fokus des Weltwasserberichts der UNESCO stand das Thema „Wasser und Energie“. In der Einleitung macht UN-Generalsekretär Ban Ki-moon deutlich, worauf bei den künftigen globalen Entwicklungen Wert gelegt werden müsse.

„Wasser und Energie sind untrennbar miteinander verbunden. Wasser ist unverzichtbar für die Produktion, Verteilung und Nutzung von Energie. Energie ist wiederum entscheidend für die Gewinnung und Lieferung von sauberem Trinkwasser – und für die Sicherheit von Wasser an sich.“

Menschen, vor allem aber die am meisten gefährdeten und marginalisierten, sehen sich überall mit großen Risiken konfrontiert beim Zugang zum Wasser, der entweder eingeschränkt oder gefährdet ist. Der Weltwasserbericht als Ergebnis der Zusammenarbeit von UN-Water und des UN-interinstitutionellen Koordinierungsmechanismus, welche sich allen Fragen und Problemen des Süßwassers widmen, liefert eine detaillierte Analyse dieser Zusammenhänge und ihrer Auswirkungen auf die weltweiten Bemühungen um eine nachhaltige Entwicklung und das Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele.

Der Bericht befasste sich mit einer Vielzahl von Schwerpunktthemen, einschließlich der Landwirtschaft, den Städten, der Industrie, der Infrastruktur und der Umwelt. Seine Botschaft ist klar: „Der ‚Wasser-Energie-Nexus′ (Wasser-und-Energie-Zusammenhang) besteht nicht alleine aus Wasserkraft und Biokraftstoffen. Wasser und Energie fördern das Wirtschaftswachstum und die Verbesserung der menschlichen Gesundheit. Sie sind Wegbereiter für die Verringerung der Armut, Schaffung von Arbeitsplätzen, die Stärkung von Frauen und Verbesserung des menschlichen Daseins im Allgemeinen. Das war auch die zentrale Lehre, die aus der letztjährigen Beobachtung des Internationalen Jahres für Wasserkooperation hervorgegangen ist. Dies ist auch eine grundlegende Prämisse meiner Initiative ‚Nachhaltige Energie für alle′.

Um moderne, kostengünstige und umweltverträgliche Energie- und Trinkwasserdienstleistungen für alle zu schaffen, brauchen wir einen nachhaltigen Ansatz für das Management von beiden Ressourcen – Frischwasser und Energie. Dies erfordert wiederum eine weitaus größere Koordination. Die zwei Schlüsselmechanismen des Systems der Vereinten Nationen, die UN-Water und die UN-Energy, werden in dieser Hinsicht eine entscheidende Rolle spielen. Diese Fragen werden auch grundlegende Elemente bei der Gestaltung der ‚Nach 2015′-Entwicklungsagenda sein. Der Weltwasserbericht ist an politische Entscheidungsträger, die Wasser- und Energiegruppen sowie Wissenschaftler auf der ganzen Welt gerichtet. Meine Hoffnung ist, dass er den Weg zu einem stärker integrierten Ansatz verweist, um diese Herausforderungen zu meistern sowie um Wasser- und Energielösungen zu finden, die für alle Menschen auf der Welt funktionieren“, so Ban Ki-moon in der Einleitung des UN-Weltwasserberichts.

Aus Sicht der UN sind Wasser und Energie in einem symbiotischen Verhältnis wechselseitig voneinander abhängig. Entscheidungen und Veränderungen in einem Sektor haben direkte und indirekte Auswirkungen auf den anderen Sektor. Dies gilt im Guten wie im Schlechten. So hängt die Menge an benötigtem Wasser für die Energieerzeugung wesentlich von der Art der Energieerzeugung ab. Demnach spielt die Verfügbarkeit von Wasser und die Zuteilung für den Energiesektor eine wesentliche Rolle dabei, wie viel Energie produziert werden kann und auf welche Weise. Andersherum gilt dies genauso. Je nach Verfügbarkeit von Energie entscheidet sich, wie viel Wasser und auf welche Art aufbereitet, gefiltert und zur Verfügung gestellt werden kann. Daher spielen Entscheidungen über die Nutzung und Bewirtschaftung von Wasser und Erzeugung von Energie jeweils vielfältige und weitreichende Rollen für den jeweils anderen Sektor. Was gut für das Wasser ist, kann negative Folgen für den Energiesektor bedeuten und umgekehrt. Schon heute steht die Menschheit vor großen Herausforderungen, und es werden zukünftig noch größere auf uns zukommen.

Aufgaben der Gegenwart:
Die Ärmsten versorgen

Das Fundament für eine nachhaltige, andauernde sozio-ökonomische Entwicklung einer Gesellschaft sind Süßwasser und Energie. Diese beiden Grundvoraussetzungen sind entscheidend für das menschliche Wohl. Sie sind die maßgeblichen Faktoren für das Erreichen aller UN-Entwicklungsziele und spielen bei regionalen sowie globalen Krisen bezüglich Hunger, Armut, Klima, Gesundheit und Finanzen eine tragende Rolle. Im Hinblick auf mehr als drei Milliarden Menschen, die aufgrund der diversen Krisen weniger als 2,50 US-Dollar am Tag verdienen, zeigt sich deutlich, welchen Herausforderungen die Politik und Industrie beim Thema Energie und Wasser gegenüberstehen.

Trotz Verbesserungen hinsichtlich des Zugangs zur Wasserversorgung der letzten Jahre sind es derzeit immer noch laut dem UN-Weltwasserbericht etwa 768 Millionen Menschen, welche keinen Zugang zu guter Wasserversorgung haben. Anderen Schätzungen zufolge wird das Menschenrecht auf Wasser 3,5 Milliarden Menschen nicht ermöglicht. 2,5 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sanitärer Versorgung, eine der Hauptursachen der Sterblichkeitsraten durch Krankheiten aufgrund mangelnder Hygiene. 1,3 Milliarden Menschen haben keinen Strom, und rund 2,6 Milliarden Menschen nutzen feste Brennstoffe als Energielieferant, wie etwa Holz.

Leider trifft es die Ärmsten gleich doppelt. Die meisten, die unter Wassermangel leiden, haben zudem keinen Zugang zu einer direkten Energieversorgung. Medizinisch zeigt sich ein enger Zusammenhang durch Atemwegserkrankungen durch Innenraum-Luftverschmutzung und Durchfallerkrankungen aufgrund fehlender Wasserversorgung und sanitärer Einrichtungen. Wasser und Energie ergänzen sich, sind voneinander abhängig und bilden nur in gemeinschaftlicher Entwicklung einen Fortschritt zu einer besseren Welt für alle Menschen. Es wird nur über internationale, staaten- und interessenübergreifende Bemühungen möglich sein, die jetzt Unversorgten künftig mit Energie und Wasser zu versorgen.

Aufgaben der Zukunft:
Steigender Nachfrage nachkommen

Die zunehmende Nachfrage nach Wasser und Energie während der kommenden Jahrzehnte hat vielfältige Gründe: die rasant wachsenden Weltbevölkerung, die wachsende globale Wirtschaft, die sich verändernden Lebensgewohnheiten sowie des Konsumverhaltens insbesondere in den aufstrebenden Schwellenländern. Schon heute werden Ressourcen als knapp bewertet und Ökosysteme über die Maßen ausgebeutet. Besonders in den Ländern, in denen schnelle Entwicklungen vonstatten gehen müssen und vonstatten gehen werden, sind die Herausforderungen umfangreicher. Nach Schätzungen wird bis 2050 die Entnahme von Wasser um 55 Prozent ansteigen, wobei die steigende Nachfrage der Wirtschaft mit 400 Prozent Zuwachs den größten Anstieg verzeichnet.

Die thermische Stromerzeugung wird mit 140 Prozent und die Haushalte werden mit 130 Prozent mehr benötigtem Wasser die knappe Ressource weiter belasten. Die UN rechnet mit Schwierigkeiten, den höheren Bedarf in diesem Zeitraum sicherzustellen, was dazu führen wird, dass mehr als 40 Prozent der Weltbevölkerung bis 2050 in Regionen mit erhöhtem Wasserstress leben werden. Rund 20 Prozent der Grundwasserleiter sind bereits heute global übernutzt, einige davon extrem. Die zunehmende Zerstörung von Feuchtgebieten und Ökosystemen verschlechtert die natürliche Reinigung von Wasser. Bis 2035 steigt der weltweite Energiebedarf um mehr als 30 Prozent. China, Indien und der Nahe Osten mit ihrem Energiehunger werden davon rund 60 Prozent benötigen. Allein die Menge des benötigten Stroms wird in diesem Zeitraum um 70 Prozent ansteigen, wobei der Mehrbedarf beinahe nur auf die OECD-Länder fällt und auch hier allein Indien und China die Hälfte benötigen.

Konsequenzen der Energienachfrage für die Wasserressourcen

Energie kann auf unterschiedlichen Wegen erzeugt werden, und jede Form hat spezifische Auswirkungen auf die Wasserressourcen. Änderungen des Energie-Mix, beispielsweise geringere Nutzung von fossilen Brennstoffen wie Kohle und mehr Nutzung von erneuerbaren Energien wie Solarkraftwerke, verändern die Konsequenzen auf die Wasserressourcen und die vom Wasser abhängigen Ökosystemleistungen. Rund 90 Prozent der weltweiten Stromerzeugung werden mit sehr wasserintensiven Verfahren gewonnen. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur wurden 2010 etwa 583 Milliarden Kubikmeter Wasser für die Energieerzeugung verwendet, was etwa 15 Prozent der gesamten globalen Wasserentnahmen entspricht. 66 Milliarden Kubikmeter werden hierbei verbraucht, also nicht mehr dem Wasserkreislauf zugeführt. Bis 2035 steigen die Wasserentnahmen voraussichtlich um 20 Prozent und der Verbrauch um 85 Prozent. Was auf einer Seite ein Vorteil ist, ist auf der anderen Seite ein Nachteil. So verringert sich die Wasserentnahme bei modernen Kühlsystemen in effizienten Kraftwerken, doch der Wasserverbrauch ist höher. Ein großer Wasserverbraucher ist die Produktion von Biokraftstoffen, welche zu den wasserintensivsten Energieproduktionsmethoden zählt. So „grün“ und „öko“ ist diese Form von erneuerbarer Energie letztlich nicht.

Trotz des technologischen Fortschritts und vielen neuen Formen der Energieerzeugung wird sich in naher Zukunft nur geringfügig etwas ändern. Der Energie-Mix wird sich nur langsam weg von den fossilen Brennstoffen als Hauptenergielieferant entfernen. Die Abhängigkeit ist aus globaler Sicht zu hoch. Leider ist die Förderung von Gas und Öl sehr wasserintensiv und wasserverschmutzend, denn das „Produktionswasser“, welches mit den fossilen Rohstoffen gefördert wird, ist nur sehr schwer und mit hohen Kosten wieder verfügbar zu machen. Die unkonventionellen Fördermaßnahmen von Öl und Gas, wie das global zunehmende Fracking, sind noch wasserintensiver und schädlicher als die herkömmliche Förderung dieser Rohstoffe. Von der weltweiten Stromproduktion fallen 80 Prozent auf die wasserintensiven thermischen Kraftwerke. In Europa fallen 43 Prozent der gesamten Wasserentnahmen auf die Kraftwerkskühlung, in einigen Ländern ist es mehr als die Hälfte. Die Vereinigten Staaten liegen bei knapp 50 Prozent, und in China sind es mehr als zehn Prozent der nationalen Maximalwassermenge.

Hinter dem Vorhang des Wasser-Energie-Nexus

Die Maßstäbe der Politik über Regelungen zur Wassernutzung bzw. des Missbrauchs liegen bevorzugt in der industriellen und wirtschaftlichen Entwicklung, in Investitionen und Finanzierung, der Lebensmittelsicherheit, der öffentlichen Gesundheit und natürlich in der Energiesicherheit. Die Aufgaben der Länder und der internationalen Gemeinschaft muss verstärkt die vielen Aspekte, Vorteile und Möglichkeiten des Wassers berücksichtigen. Das Wasser muss in den Fokus der wasserabhängigen Sektoren, insbesondere bei der Energiegewinnung, rücken, damit ein nachhaltiges Wassermanagement erzielt werden kann.

Obwohl Wasser überlebenswichtig ist, spielt es im Vergleich zum Energiesektor eine untergeordnete Rolle. Energie ist ein gigantisches und extrem profitables Geschäft. Die Lobby und die Marktkräfte für die Entwicklung des Energiesektors sind um ein Vielfaches größer und stärker als bei der Entwicklung des Energiesektors oder der Verbesserung des Sektors für Wasserdienstleistungen. Obwohl auch Wasser einen nicht unerheblichen wirtschaftlichen Faktor hat, werden Wasserversorgung und Abwasserentsorgung eher im Zusammenhang mit Gesundheit und sozialer Gerechtigkeit betrachtet. Der Großteil der westlichen Gesellschaft sieht zudem Wasser als öffentliches Gut und ist bereit, dafür zu kämpfen, wie Proteste, Petitionen und Bürgerbegehren gegen die Privatisierung der Wasserversorgung zeigen. Volkswirtschaftlich trifft die Definition „öffentliches Gut“ auf Wasser nicht zu, und die EU versucht alles, um Wasser als Ware und nicht als Menschenrecht zu etablieren. Zwar wurden der Zugang zu sauberem Wasser und die Sanitärversorgung am 28. Juli 2010 von der Generalvollversammlung der Vereinten Nationen als Menschenrecht anerkannt, allerdings sind die Menschenrechte nicht rechtlich bindend und somit nicht einklagbar.

Dennoch zeigt sich hier eine Diskrepanz zwischen Wasser und Energie. Energie wird weder als öffentliches Gut betrachtet, noch wird ein Menschenrecht darauf gefordert. Diese gesellschaftlichen, sozialen, wirtschaftlichen und kommerziellen Unterschiede führen dazu, dass Energie in den meisten Ländern eine wesentlich höhere politische Aufmerksamkeit erhält als Wasser.

Neben der Politik ist die Industrie gefragt, denn der Innovationsdruck wird sich weiter erhöhen, um von den Formen der wasserintensiven Energieproduktion wegzukommen. Vor allem in den Regionen, mit denen die Energieindustrie mit anderen intensiven Wassernutzern wie Landwirtschaft, Industrie, städtische Trinkwasser- und Sanitärversorgung in Konkurrenz steht oder aufgrund Wasserknappheit sowie Erhalt wichtiger Ökosysteme weniger Wasser zur Verfügung hat. Trends wie Fracking, das Fördern von unkonventionellen Gas- und Ölvorkommen, oder Biokraftstoffe sind eine ernsthafte Bedrohung für die globalen Wasserressourcen. Politische Maßnahmen können für den einen Sektor Vorteile schaffen und gleichzeitig zu nachteiligen Auswirkungen in anderen Sektoren führen. In anderen Fällen kann es zu Win-win-Situationen kommen, wenn beide Seiten der Medaille betrachtet und Kompromisse geschlossen werden. Im Idealfall haben Maßnahmen für den einen Sektor positive Nebeneffekte auf die anderen Sektoren.

Solche Ziele können nur durch Kompetenzüberschneidungen erzielt werden. Entscheidungsträger und Entwickler im Energiesektor müssen die Komplexität des Wasserkreislaufs kennen sowie diverse Formen der Wassernutzung bewerten, abwägen und nutzen. Andersherum müssen Entscheidungsträger des Wassersektors mehr über die Technologien, Innovationen und Möglichkeiten der Energiegewinnung wissen und sich mit den Auswirkungen auf den Wassersektor beschäftigen.

Wege zur Erreichung der Ziele

Viele Wege führen nach Rom, lautet ein altes Sprichwort. Eine gemeinsame Entwicklung von Infrastruktur und Technologien sowie eine ausgewogene Nutzung von Wasser und Energie können den positiven Nutzen erhöhen und nachteilige Kompromisse verringern. Synergetische Produktion ist ein zielführender Weg, wie beispielsweise eine Kombination von Kraftwerken und Entsalzungsanlagen, Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen oder Energierückgewinnung aus Abwasser. Technische Lösungen sind durchaus vorhanden, es fehlt vielmehr an politischen Regelungen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für eine sektorübergreifende Zusammenarbeit. Letztlich ist alles eine Kostenfrage. Ein Umdenken bei der Ausgabeneffizienz könnte die Infrastrukturfinanzierungslücke schließen, die bei Energie schon groß, bei Wasser umso größer ist. Innovative Gesetze und Regelungen in den Bereichen branchenübergreifende, synergieorientierte Zusammenarbeit oder eine integrierte Planung von Wasser und Energie zur Senkung von Kosten und Steigerung der Tragfähigkeit wären nötig. Landesweite Bewertung von Kompromissen, nachfrageseitige Interventionen und Dezentralisierung von Dienstleistungen könnten ebenfalls den nötigen Synergie-Effekt vorantreiben.

Die Erzeugung von Strom ist in der Industrie der Energiegewinnung zwar einerseits innovativ, aber nicht unbedingt konfliktlösend bezüglich der Wassernutzung. Photovoltaik und Windenergie sind wohl die nachhaltigsten Formen der Stromerzeugung für den Wassersektor, allerdings sind Sonne und Wind nicht ständig in gleicher Menge verfügbar. Außer der Geothermie sind alle Stromproduzenten sehr wasserintensiv. Ohne einen massiven Ausbau der wasserarmen erneuerbaren Energien wird sich am globalen Energie-Mix nicht viel ändern, und die fossilen Brennstoffe werden weiterhin den größten Teil zur Energiegewinnung beitragen. Unterschätzt wird das Potenzial der Erdwärme bei der Stromerzeugung, und ihr Anteil an der Gesamtstromproduktion ist nach wie vor verschwindend gering. Dabei ist diese Form der Energiegewinnung klimaneutral, produziert geringe CO2-Emissionen, verbraucht kein Wasser und ist endlos verfügbar.

Das Ernähren der Menschheit ist wasser- und energieintensiv. Die globale Landwirtschaft benötigt 70 Prozent des gesamten Wassers und die Nahrungsmittelproduktion inklusive der Versorgungskette ein Drittel der Gesamtenergie. Ein Irrsinn ist die stetig steigende Nachfrage nach Ausgangsmaterialien für Biokraftstoffe, die auch den globalen Preisanstieg von Weizen, Reis und Mais an den Rohstoffbörsen verursachte. Jede neue Ackerfläche für Biokraftstoffe ist eine Ackerfläche weniger für Nahrungsmittelanbau. Neben der Bewässerung brauchen die einzelnen Stufen der Verarbeitung zu Biokraftstoff nicht unerhebliche Mengen an Wasser. So ist der Wasserbedarf oftmals bei bewässerten Kulturen viel größer als bei fossilen Brennstoffen. Hier hat die Politik eindimensional gedacht. Subventionen für Biokraftstoffe, auch für Pumpen, verleiten die Landwirtschaft zu hohen Wasserentnahmen und führten in vielen Regionen zu Wasserknappheit sowie Erschöpfung der Grundwasserressourcen. Hier muss gehandelt werden, denn was nach „grün“ für den Energiesektor aussieht, ist eine rote Karte für den Wassersektor.

Der demografische Wandel führt ebenfalls zu Problemen. Viele Großstädte in Schwellen- und Entwicklungsländern, besonders die schnell wachsenden, können die Wasser- und Energiedefizite der Infrastruktur nicht verhindern und haben kaum die finanziellen Mittel, diese zu verbessern. Für Abwasser- und Wasserunternehmen ist Energie oftmals der größte Kostenfaktor. Systematische und objektive Untersuchungen der Wasser- und Abwasserversorger und deren Prozesse könnten die Energie- und Wasserverluste reduzieren und die Effizienz steigern. In der Städteplanung und -erweiterung selbst kann vieles erreicht werden: Dezentralisierung von Wasser und Abwasser und hin zu kleinen Siedlungen, die sich selbst versorgen. Weitere Maßnahmen sind Diversifizierung von Wasserquellen in Verbindung mit dem Einsatzzweck. Für Toilette oder Gartenbewässerung ist kein Wasser in Trinkqualität nötig. Die chemisch in Abwasser gebundene Energie könnte als Energie für Heizen und Kochen genutzt werden oder für den Betrieb von kleinen Kläranlagen. Solch ein Biogas kann fossile Brennstoffe ersetzen, den zu entsorgenden Klärschlamm reduzieren und einen kostengünstigeren Betrieb der Kläranlage bewirken.

Die Industrie als Großverbraucher von Wasser und Energie denkt in Richtung Effizienz, aber nicht unbedingt, was den Verbrauch von Wasser und Energie betrifft, sondern die Verfügbarkeit der beiden Ressourcen zu niedrigen Preisen. Dennoch werden Maßnahmen getroffen, die zu weniger Verbrauch führen, auch aufgrund der Kostenfrage von Wasser und Energie. Kurzfristig führen Maßnahmen zur Effizienz der beiden Ressourcen, ob einzeln oder zusammen, zu höheren Kosten. Erst nach einiger Zeit machen sich die Investitionen in Einsparungen bezahlt. Während multinationale und Großkonzerne ihre Energie- und Wassereffizienz verbessern, sieht es bei kleinen bis mittleren Unternehmen nicht so gut aus, obwohl diese in den meisten Ländern einen Anteil von über 70 Prozent am Verbrauch haben. Hier müssten Kapital, Subventionen, Steuererleichterungen oder andere Anreize geschaffen werden, damit diese Unternehmen Innovationen und Technologien für effizientere Maßnahmen für mehr Energie- und Wassereffizienz umsetzen.

Neben allen technischen Möglichkeiten und Ingenieursleistungen wird zukünftig die Verfügbarkeit von Wasser stark von gesunden Ökosystemen abhängen. Es wird nötig sein, natürliche Kreisläufe zu erhalten, statt sie zu zerstören und auszubeuten. Diese natürlichen „Ökosystemdienstleistungen“ können durch natürliche und grüne Infrastruktur die Möglichkeiten der technischen Infrastrukturen ergänzen, erweitern, unterstützen und verbessern, was zu weniger Kosten besseres Risikomanagement und nachhaltige Entwicklung bewirken würde.

Herausforderungen einzelner Regionen

Wasser-energie-nexus-alternative-StromerzeugungGlobal gesehen ist für die meisten Regionen die Energiegewinnung aus Wasserkraft keine ernstzunehmende Option, denn es spielen der Hinblick auf knappe Wasserressourcen und die Konflikte diverser Wassernutzer die übergeordnete Rolle. Ansonsten stehen die unterschiedlichen Regionen der Erde, bedingt durch den Fortschritt und die klimatischen Bedingungen, vor unterschiedlichen Herausforderungen. In Europa und Nordamerika, trotz relativ hoher Wasservorkommen, geht die Tendenz zu mehr nachhaltiger Nutzung von Energie und Wasser. Hier wird auch zunehmend auf die wechselseitige Abhängigkeit bzw. Veränderung der beiden Ressourcen mehr Wert gelegt. Hier ist eine Tendenz zum Ausbau von Pumpspeichern zu erkennen, die ein guter Ansatz sind.

In Zentralasien und Südosteuropa wird trotz der Nachteile die Wasserkraft ausgebaut, oftmals ohne die Interessen anderer Wassernutzer zu berücksichtigen. Bezüglich Fracking sind diese Regionen hinsichtlich bezüglich den großen Mengen an Wasser, den Risiken der Verschmutzung, Gefahren für die Gesundheit sowie der Nachhaltigkeit zumindest kritisch.

Der Asien-Pazifik-Raum hat mit einer exponentiell steigenden Nachfrage von Energie zu kämpfen, was leider zunächst auf Kosten des Wassersektors ausgetragen wird. Der Hauptenergielieferant Kohle bleibt weiterhin die erste Wahl, trotz Verschmutzung des Wassers im Bergbau und die wasserintensive Kühlung der thermischen Kraftwerke. Zudem wird das Potenzial als bedeutender Markt und Exporteur für Biokraftstoffe gesehen, was zusätzlich auf Kosten des Wassers gehen wird. Hier wurde noch gar nicht richtig über die synergetische Nutzung und Produktion von Wasser und Energie nachgedacht.

Im arabischen Raum haben vor allem die Staaten mit mittlerem bis niedrigem Haushaltseinkommen Schwierigkeiten, die steigende Nachfrage nach Wasser und Energie zu bewerkstelligen. Es fehlt noch am Verständnis der Abhängigkeiten und wechselseitigen Wirkungen von Wasser und Energie, was sich in Konflikten der Industrien Wasser, Energie, Strom und Landwirtschaft zeigt. Dabei zeigen die reicheren Staaten wie Dubai oder Abu Dhabi welche Möglichkeiten solarbetriebene Meerwasserentsalzungsanlagen und Energierückgewinnung aus Abwasser bieten, auch wenn es sich derzeit um kleinere Projekte handelt, so wird dennoch an den Entwicklungen und Umsetzungen weiter gearbeitet.

In der Karibik und Lateinamerika haben die Wasserversorgungsunternehmen oftmals Probleme, sich selbst zu finanzieren. Mit 30 bis 40 Prozent ist Energie der größte Kostenfaktor. Daher wären günstigere Energiepreise vorteilhaft für den Wassersektor. Im Umkehrschluss steigt das Interesse an Biokraftstoffen, die in der Regel wasserintensiv sind. Hier wird sich die Frage stellen, ob wassersparende Bewässerungsmethoden und Stromsubventionen einen wechselseitigen Vorteil für beide Sektoren bewirken kann.

Afrika südlich der Sahara nutzt überwiegend traditionelle Formen der Energiegewinnung, also das Verbrennen unverarbeiteter Biomasse. Dies führt zu massiver Umweltverschmutzung und Gesundheitsproblemen. Es ist auch die weltweit einzige Region, in der die Zahl der Menschen ohne Zugang zu Strom steigt. Allerdings verfügt Afrika über großes Potenzial bei der Energiegewinnung durch Wasserkraft. Zwar ist dies nach heutigen Maßstäben immer noch nicht optimal, doch könnte Afrika von den positiven und negativen Erfahrungen anderer Länder lernen. Damit würden zumindest der noch nachteiligeren Energieerzeugung durch Verbrennung von Biomasse sowie dem Problem der steigenden Zahl von Menschen, die keinen Zugang zu Strom haben, erheblich entgegengewirkt. Veränderungen kommen in kleinen Schritten, also warum nicht mit Hilfe der Erfahrungen anderer Staaten ein Optimum an Wasserkraft bereitstellen, um zunächst die dringendsten Problem zu beheben?

Fazit des UNESCO-Weltwasserberichts 2014

Nach Auswertung aller Fakten sehen einige Beobachter den Zusammenschluss der beiden Sektoren Wasser und Energie als ein Muss. Dies ist vielleicht zunächst zu hoch gegriffen, auch wenn dies in einigen Fällen funktionieren würde und unter Umständen Vorteile bringt. Bessere Resultate würden sich aber durch eine intensivere Zusammenarbeit und bessere Koordination ergeben, was in den meisten Situationen zu vorteilhaften Effekten in beiden Sektoren führt. Eine wirksame Zusammenarbeit erfolgt nicht durch einen Zusammenschluss beider Sektoren zu einer Institution, abgesehen davon, dass dies aus vielen Gründen in den meisten Nationen gar nicht umsetzbar wäre. Vielmehr muss der Informationsaustausch zwischen den Sektoren und das Verständnis zum anderen Sektor verbessert werden. Bisher achtet jeder Sektor in der Regel vornehmlich auf sich und denkt bei einer Maßnahme nicht über Nachteile oder Konsequenzen für den anderen Sektor nach. Entwickler, Planer und Entscheidungsträger beider Sektoren sind aufgefordert, bestehende Grenzen und Barrieren zu überwinden. Neben freiwilliger Zusammenarbeit sind Politik und Gesetzgeber gefragt. Schaffung von Anreizen, politische Maßnahmen, Steuererleichterungen oder Subventionen können eine Zusammenarbeit für beide Sektoren forcieren. Viele Antworten stehen schon parat, um Verbesserungen von Effizienz und Nachhaltigkeit der Energie- und Wassernutzung, Win-win-Situationen, Einsparungen und Synergien zu erzielen.

In Fällen, wo Energie und Wasser in direktem Wettbewerb stehen oder es Konflikte zwischen Wasser- und Energiezielen gibt, können nur Kompromisse helfen. Da beide Sektoren wechselseitig voneinander abhängig sind, wird es früher oder später zu Kompromissen kommen müssen, denn ohne Wasser keine Energie und ohne Energie kein Wasser – so einfach ist das.

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