Die Bill & Melinda Gates Foundation ist die mächtigste und reichste private Hilfsorganisation der Welt. Ihr Einfluss und ihre Macht reichen bis in Politik, WHO und Weltbank. Sie behindert andere Hilfsorganisationen und blockiert die Etablierung von Gesundheitssystemen in armen Ländern. Der Trust der Foundation ist in fragwürdige Unternehmen investiert und profitiert von den Hilfsprojekten.
Die Bill & Melinda Gates Foundation ist mächtig. So mächtig, dass Kritiker Zweifel daran haben, ob den ärmsten Menschen dieser Welt nachhaltig geholfen wird. Kritik an der reichsten privaten Hilfsorganisation der Welt gibt es an vielen Punkten. Neben den 35,9 Milliarden Dollar von Bill Gates kommen Jahr für Jahr weitere Milliarden vom reichsten Mann der Welt und Star-Investor Warren Buffet hinzu. Das viele Geld wird zudem vom eigenen Trust der Bill & Melinda Gates Foundation gewinnbringend angelegt. Das Stiftungskapital wird sich so in den nächsten Jahren mehr als verdoppeln. Damit ist das Vermögen der Bill & Melinda Gates Foundation größer als das jeweilige Bruttoinlandsprodukt von knapp 70 Prozent der Länder dieser Welt.
Die Bill & Melinda Gates Foundation ist maßgeblicher Großakteur bei der Bekämpfung von vermeidbaren Krankheiten in Entwicklungsländern. Sie unterstützt mit großen Summen die Weltgesundheitsorganisation und nimmt durch ihr Spendengeld Einfluss auf viele Hilfsorganisationen. Dass sich die Bill & Melinda Gates Foundation schwerpunktmäßig auf sogenannte vertikale Hilfsprogramme konzentriert ist ein großer Kritikpunkt. Sie legt ihr Augenmerk auf Krankheiten, wie Tuberkulose, Aids, Malaria oder Polio. Andere Gesundheitsprobleme der Bevölkerung werden nicht beachtet. Damit würden die Bill & Melinda Gates Foundation die Gesundheitssysteme in Afrika schwächen.
Die komplette Bill & Melinda Gates Foundation wird nach unternehmerischen Grundsätzen geführt. Genauso wie Microsoft die Computerwelt revolutionierte, verändert die Bill & Melinda Gates Foundation den Wohltätigkeitssektor. Bill Gates betreibt eine Art Wohltätigkeitskapitalismus (Philanthrocapitalism). Die Projekte sind detailliert geplant und werden strikt nach dem Kosten-Nutzen-Faktor berechnet. Der Profit ist in dem Fall nicht Geld, sondern gerettete Leben oder die Ausrottung von Krankheiten.
Wo sich die Bill & Melinda Gates Foundation engagiert, wird anhand von kalten Zahlen errechnet. Das wird „Auf der Basis der Disability Adjusted Life Years“ entschieden, erklärte einst Yamada, ehemaliger Präsident des globalen Gesundheitsprogramms der Bill & Melinda Gates Foundation. Die „Dalys“, so die Kurzform, zeigen in Zahlenform das Leid und den Tod. Ist jemand 15 Jahre an Tuberkulose erkrankt, zählen diese Jahre nur als Bruchteil gesunder Jahre. Die Null steht für gesunde Jahre und die Eins für Tod. In einer Rechenformel, in der unter anderem die verlorenen Jahre und der frühzeitige Tod einfließen, wird eine Kennzahl für ermittelt. Leiden viele Menschen an Tuberkulose und ist der Leidensfaktor hoch, nimmt sich die Bill & Melinda Gates Foundation des Problems an. „Wenn man den investierten Betrag in Beziehung zu den Dalys setzt, dann korreliert das fast linear“, erklärt Yamada die Nutzung der Stiftungsgelder. Die Dalys sind allerdings nicht so objektiv, wie gerne dargestellt. Es wird nicht differenziert zwischen Jung und Alt, arm und reich, schwarz oder weiß, Norden oder Süden.
Einfluss und Macht der Bill & Melinda Gates Foundation
Im letzten Jahr hat die Bill & Melinda Gates Foundation etwa 3,6 Milliarden Dollar für die Verbesserung der Welt ausgegeben, natürlich nur in die Verbesserung, die in den Augen der Bill & Melinda Gates Foundation vorrangig ist. Diese gewaltige Summe bringt bei anderen Institutionen Probleme, wie etwa bei der Weltgesundheitsorganisation. Etwa 80 Prozent des Budgets der Weltgesundheitsorganisation gehen auf Spenden zurück. Diese Gelder sind Zweckgebunden, womit sie nur für Dinge ausgegeben werden dürfen, die der Spender befürwortet. Die Bill & Melinda Gates Foundation spendet mehr Geld an die Weltgesundheitsorganisation als die Vereinigten Staaten. Im letzten Jahr waren dies 300 Millionen Euro. Als die Ebola Epidemie die Welt in Atem hielt, hatte die Weltgesundheitsorganisation kaum Mittel sich diesem Problem zuzuwenden. Erst als Bill Gates dieses Thema ebenfalls auf die Aktions-Liste der Bill & Melinda Gates Foundation hievte, konnte die WHO agieren. Als er schließlich im September 2014 rund 50 Millionen Dollar für die Ebola-Hilfe spendete, grasierte Ebola bereits in mehreren Ländern.
Wie wichtig Bill Gates und sein Geld in der Weltgesundheitsorganisation ist, zeigen die beiden Eröffnungsreden bei der Hauptversammlung. Auch seine Frau durfte schon dort sprechen. Normalerweise nehmen an diesen Treffen nur Experten und Regierungsvertreter teil. Privatpersonen sind dort nicht anzutreffen und halten schon gar nicht die Eröffnungsreden. Die Bill & Melinda Gates Foundation ist auch deshalb so einflussreich geworden, da die 194 Geberländer seit den 1990er Jahren ihre Budgets kontinuierlich verringert haben. Der Etat für Notfälle, zu der die Ebola Epidemie gehörte, wurde zuletzt halbiert. Von 469 Millionen Dollar in 2012/13 auf 228 Millionen Dollar für 2014/15.
Ein großer Kritiker ist der am Center for Primary Care and Public Health der Queen Mary Universität tätige David McCoy. Er arbeitete 15 Jahre als Arzt in Afrika und im öffentlichen Gesundheitswesen. „Die Bill & Melinda Gates Foundation unterstützt eine breite Auswahl von Organisationen und wirkt durch sie. Dazu gehören die Weltgesundheitsorganisation(WHO), große Gesundheitspartnerschaften zwischen der öffentlichen Hand und Unternehmen wie Global Fund oder der Globalen Allianz für Impfstoffe (GAVI), internationale Nichtregierungsorganisationen, Forschungsinstitute und führende Universitäten in den USA und Europa, die zu globaler Gesundheit forschen. Die Bill & Melinda Gates Foundation unterstützt sogar die Weltbank. Sie konzentriert ihren Einfluss und ihr Geld auf wenige ausgewählte Technologien und Krankheiten, insbesondere HIV, Tuberkulose, Malaria und solche, gegen die man impfen kann. Es ist wichtig zu verstehen, dass die Bill & Melinda Gates Foundation nicht nur eine Wohltätigkeitsorganisation ist, sondern Einfluss auf Politik, Forschung und selbst journalistische Berichterstattung hat. Mit einem Stiftungsvermögen von 29,3 Milliarden Euro und einem ähnlich großen Betrag, den Warren Buffett der Bill & Melinda Gates Foundation für die Zukunft zugesagt hat, ist sie extrem mächtig. Ich sehe Probleme in der Gestaltung und Herangehensweise dieser Programme und darin, dass die Bill & Melinda Gates Foundation keine Rechenschaft ablegen muss“, erklärte Mc Coy in einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin ‚enorm‘.
Im Januar war Deutschland im Rahmen der G7-Präsidentschaft Gastgeber für eine internationale Geberkonferenz für die Impfallianz GAVI. Der Einladung der Bundesregierung und dem unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzlerin Merkel stehenden Kongress folgten 200 Teilnehmer, darunter Bill Gates und Vertreter der Pharma-Industrie. Dies verwundert kaum, gehören neben den USA und Deutschland auch die Bill & Melinda Gates Foundation und Pharmakonzerne zu den größten Geldgebern von GAVI. Die Impf-Hilfsprojekte garantieren einen rentablen Markt für die Pharmakonzerne. Die Bill & Melinda Gates Foundation ist eng mit der Wirtschaft verbunden. Kritiker sehen darin einen Interessenskonflikt, wenn vermeintliche wirtschaftliche Interessen bei Hilfsprojekten eine Rolle spielen. Trevor Mundel, Präsident der Abteilung Globales Gesundheitsprogramm in der Bill & Melinda Gates Foundation, war zuvor Global Head der Entwicklung bei Novartis sowie in der klinischen Forschung bei Pfizer und eines seiner Tochterunternehmen tätig.
Immerhin gibt der Milliardär Bill Gates von seinem gigantischen Vermögen etwas zurück, sollte man meinen. Dem wiederspricht Mc Coy eindringlich. „Er gibt kein Geld zurück. Es bleibt unter seiner Kontrolle, wie er es einsetzt. Ich möchte den Blick aufs große Ganze lenken, dessen Teil die Bill & Melinda Gates Foundation ist: den Zusammenhang zwischen dem immensen Reichtum und der Verarmung. Dass exzessives und konzentriertes Vermögen das Ergebnis einer fairen und effizienten wirtschaftlichen Entwicklung ist und den Armen durch den sogenannten Trickle-Down-Effekt hilft – es also von oben nach unten durchsickert -, das ist ein Mythos, den auch die Gates Foundation verbreitet. Charity ist oft ein Akt der Großzügigkeit. Aber sie kann auch das Macht- und Abhängigkeitsverhältnis zwischen Reichen und Armen verstärken oder dazu benutzt werden, ungerechte, undemokratische oder repressive Strukturen zu erhalten.“
Der Vermögens-Trust der Bill & Melinda Gates Foundation
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Verwaltung und Vermehrung des Stiftungsvermögens. Laut einer Sprecherin der Bill & Melinda Gates Foundation werden jährlich drei Milliarden Dollar für Entwicklungs- und Gesundheitsprojekte ausgegeben. Der Rest des gigantischen Stiftungsvermögens ist angelegt. Der Vermögens-Trust investiert einerseits in ethisch sowie ökologisch fragwürdige Industrien und andererseits in Unternehmen, wie Pharmafirmen, die von den Hilfsprojekten profitieren.
Zu den Unternehmen in welche das Stiftungsvermögen investiert ist gehören einige der größten Ölfirmen sowie namhafte Global Player aus der Rohstoff- und Chemie-Industrie. Dies ging aus der Steuererklärung 2013 hervor. Unter anderem ist da Shell, die mitverantwortlich für die jahrzehntelange Verschmutzung der Küstenregion Nigerias ist. Ein Teil des Vermögens ist zudem in den Bio-Tec und Agro-Chemie Konzern Monsanto angelegt sowie in die Rohstofffirmen Anglo American, BHP Billiton, Vale, Rio Tinto oder Glencore Xstrata, die wegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltsünden von sich Reden gemacht haben. Nach Angaben der amerikanischen Börsenaufsicht SEC gehörten auch Aktien der Pharmariesen Merck und Eli Lilly zum verwalteten Vermögen. Indirekt ist die Bill & Melinda Gates Foundation über Berkshire Hathaway, dem Finanzunternehmen des Großinvestors Warren Buffet, in Sanofi investiert.
Zuletzt kaufte der Softwaremilliardär für 52 Millionen Dollar Anteile des Tübinger Pharmakonzerns CureVac und hält damit fünf Prozent des Unternehmens. Gates wird, wahrscheinliche über Stiftungsprojekte, zusätzlich bei CureVac in die Forschung und klinische Entwicklung von Medikamenten investieren, wie etwa gegen Krebs, HIV, Ebola und Tuberkulose. Es geht etwa um 20 Produkte, die jeweils 100 Millionen Dollar Budget benötigen, also Gelder in Höhe von zwei Milliarden Dollar. Werden hier Durchbrüche erzielt, Patente zugelassen und die Medikamente auf dem Markt platziert stehen Milliarden von Dollar Profit zu Buche. Finanziert durch das Geld der Wohltätigkeitssparte und zu Gunsten des Bill & Melinda Gates Foundation-Trusts.
Es ist unwahrscheinlich, dass ein Pharmakonzern wirksame Medikamente zu einem günstigen und fairen Preis verkauft. „Es gibt eine Menge Marktversagen im Pharma-Sektor, das zu exorbitanten Gewinnen und ineffizienter Forschung mit zu vielen Interessenskonflikten führt. Das schadet der Allgemeinheit. Der Schlüssel liegt im System der geistigen Eigentumsrechte, das Gates mit aufgebaut hat, als er noch bei Microsoft war. Seine Bill & Melinda Gates Foundation arbeitet eng mit der Pharma-Industrie zusammen. Es sollte besser erforscht werden, wie viel privates und öffentliches Geld so in die Entwicklung von Medikamenten und Impfungen fließt, die dann privatisiert und gewinnbringend auf einem wettbewerbsverzerrten Markt verkauft werden“, erklärt Mc Coy.
Zu den fragwürdigen Investitionen des Trusts hält sich die Bill & Melinda Gates Foundation bedeckt. Für die Investitionsstrategie sei der Trust verantwortlich und der äußere sich grundsätzlich nicht öffentlich. Gates versucht die Anlagestrategie zu rechtfertigen. „Unser Beitrag zur Gesellschaft soll die größtmögliche Wirkung haben, und wir suchen nach Investmentmöglichkeiten, die maximale Rendite zu erzielen“, schrieb Bill Gates im ‚Wired‘ Magazin. Auf der Webseite klingen die Aussagen eher wie Hohn: „Bei ihren Weisungen an Investmentmanager beziehen Bill und Melinda außer den Unternehmensgewinnen noch andere Kriterien mit ein, unter anderem die Werte, auf denen die Arbeit der Bill & Melinda Gates Foundation basiert. Sie haben Bereiche ausgewiesen, in die das Geld der Bill & Melinda Gates Foundation nicht investiert wird, etwa wenn sie die Hauptgeschäftsaktivität verabscheuenswert finden. Deshalb investiert die Bill & Melinda Gates Foundation nicht in Tabakkonzerne.“
Wie Paradox die Investitionen der Geldverwaltung und den wohltätigen Ansprüchen der Bill & Melinda Gates Foundation sind, zeigt das Beispiel Nigeria. Mit 167 Millionen Euro wird das Impfprogramm gegen Masern und Polio unterstützt. Die Bill & Melinda Gates Foundation ist gleichzeitig in dem italienischen Öl-Konzern Eni investiert, der überschüssiges Öl im Niger-Delta verbrennt. Das verursacht einen Regen mit über 250 schädlichen Stoffen, der gesundheitsgefährdend für Mensch und Tier ist. Die Bill & Melinda Gates Foundation hilft den Kindern bei den Krankheiten Kinderlähmung und Masern, aber verdient Geld durch ein Unternehmen, welches mitverantwortlich für Atemwegserkrankungen der Kinder ist.
Für viele Kritiker handeln die Bill & Melinda Gates Foundation und die Vermögensverwaltung der Stiftung in einem krassen Widerspruch. „Eine Organisation, die sich um Menschen in Not kümmert, sollte ihr Geld nicht mit schmutzigen Anlagestrategien vermehren. Es ist eine zentrale Aufgabe von Umweltverbänden, dafür Sorge zu tragen, dass diese Gelder in saubere Investitionen umgelenkt werden“, sagt Marco Vollmar, Geschäftsführer der Umweltschutzorganisation WWF. Zahlreiche, kleinere Stiftungen achten darauf ihr Kapital ausschließlich in Unternehmen mit hohen ökologischen und ethischen Standards anzulegen. Dabei könnte die Bill & Melinda Gates Foundation in diesem Bereich eine wichtige Vorbildfunktion einnehmen. Es würde zu einer „seismischen Verschiebung“ in der Wohltätigkeitssparte kommen, wie ein Berater der Rockefeller-Bill & Melinda Gates Foundation erklärte.
Das Impfdesaster in Indien
Wie sinnvoll Impfungen sind ist ein kontroverses Thema. Die Zahl der Impfgegner in Deutschland beispielsweise nimmt zu, vor allem in den besser gestellten Gesellschaftsschichten (Mögliche Zwangs-Impfung gegen Masern ist eine nationale Kontroverse). Ein Schwerpunkt der Bill & Melinda Gates Foundation ist die Ausrottung von Krankheiten durch Impfung. In Indien wurde jetzt die Bill & Melinda Gates Foundation, die zwei von ihr begünstigten Organisationen PATH (Program for Appropriate Technology in Health) und GAVI (Global Alliance for Vaccines and Immunization) sowie die Weltgesundheitsorganisation verklagt. Der Klage ist eine Petition vorausgegangen, in denen die Beklagten fahrlässig und auf kriminelle Weise an anfälligen und ungebildeten Personen Impfstoffe getestet hätten. Jetzt wird in dem Verdacht ermittelt, ob die vier Beklagten Versuche an zehntausenden Kindern ohne entsprechende Aufklärung über mögliche Nebenwirkungen sowie ohne Einwilligung der Erziehungsberechtigten durchgeführt haben.
16.000 Mädchen im Alter zwischen neun und 15 Jahren wurden im Khammam-Bezirk in Telangana gegen Gebärmutterhalskrebs mit dem Impfstoff Gardasil in drei Dosen geimpft. Der Impfstoff gegen das Human Papilloma Virus (HPV) stammte vom Pharmakonzern Merck. Nach wenigen Monaten wurden zahlreiche Mädchen krank, fünf verstarben. In Vadodara, Gujarat wurden 14.000 Mädchen geimpft, hier mit dem Impfstoff Cervarix von Glaxo-Smith-Kline, wo zwei verstarben. Ein Ausschuss legte am 30. August 2014 eine Studie vor, die Unregelmäßigkeiten aufdeckte. Es wurde festgestellt, dass den zuständigen Behörden in einem Großteil der Fälle keine ordnungsgemäßen Einverständniserklärungen für eine Impfung vorlagen. Ein großer Teil der Mädchen stammt aus indigenen Gruppen, die eine eigene Sprache sprechen. Es fand keine Aufklärung in ihrer Sprache noch auf ihrem Bildungsniveau statt. In anderen Fällen gaben Schuldirektoren im Namen der Schülerinnen ihre Einwilligung in die Behandlung.
In dem Verfahren geht es um die Verletzung der staatlichen Schutzpflichten. Das Human Rights Law Network (HRLN) in Delhi will jedoch noch mehr erreichen. Es muss die Verantwortlichkeit der Pharmakonzerne untersucht werden, die eindeutig von den Resultaten der Versuche profitieren. Das Europäische Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte ECCHR hat auf Anraten des HRLN ein Rechtsgutachten beim indischen Gericht eingereicht. Damit will das ECCHR die Betroffenen im indischen Gerichtsverfahren juristisch unterstützen und gleichzeitig den Weg ebnen, um die Beklagten in ihren Herkunftsländern zu verklagen.
Zuvor wurde die Bill & Melinda Gates Foundation nach Medienberichten bereits für Lähmungen in 47.000 Fällen nach einer Polio-Impfung (gegen Kinderlähmung) in Zusammenhang gebracht. Diese gehen auf eine Publikation der beiden Kinderärzte Neetu Vashisht und Jacob Puliyel im Magazin “Indian Journal of Medical Ethics” zurück. „2011 gab es extra 47.500 neue Fälle von NPAFP [non-polio acute flaccid paralysis]. Klinisch nicht zu unterscheiden von polio paralysis, aber zweimal tödlicher. Die Fälla von NPAFP waren direkt proportional der verabreichten Dosen des oralen Polio-Impfstoffes. Obwohl diese Daten innerhalb des Polio-Kontroll-Systems gesammelt wurden, wurden sie nicht untersucht.“ Laut der Publikation sei dieser orale Polio-Impfstoff in den Vereinigten Staaten verboten, da er als Hauptverursacher aller gemeldeten Fälle von Polio sei. „Hat Gates nicht gewusst, dass OPV in den USA fallengelassen wurde, als er erklärte, dass er die gute Gesundheit, die in den westlichen Ländern herrscht, den Ländern in der Dritten Welt bringen möchte? Und wenn er es nicht wusste, wie kann er dann Impfstoffe für die Kinder der Welt propagieren ohne grundlegende und wirklich kritische Informationen?“, stellt Prof. Kiyul die berechtigte Frage.
Der Impfstoff Pentavalent wurde geradezu in das indische Impfprogramm hineingedrückt. GAVI subventionierte die Impfung mit 265 Millionen Dollar. So wird die Impfung etabliert und nachhaltig in das medizinische Vorsorgesystem eingeführt. Ab 2016 wird das öffentliche Gesundheitssystem die Kosten tragen müssen. Wie hoch sie sein werden, ist nicht abzusehen, wie Puliyel warnt. Auch ein möglicher Interessenskonflikt bei GAVI wird kritisiert. Zum „who is who“ des Verwaltungsrates gehören neben diversen Regierungsvertretern ein Mitarbeiter der Bill & Melinda Gates Foundation, von der Investmentbank Goldman Sachs, eine Hedgefonds-Managerin sowie ein Partner des Consulting-Konzerns BDO, der Pharmafirmen betreut. Das von der Bill & Melinda Gates Foundation unterstützte GAVI Hilfsprojekt wird gelenkt von Wirtschaftsinteressen.
GMO´s und Afrika
Zu den neueren Bereichen in denen sich die Bill & Melinda Gates Foundation verstärkt engagiert gehören der Klimawandel und die Nahrungssicherheit der Ärmsten. Für den technikverliebten Bill Gates liegt da die Lösung in der umstrittenen Agro-Chemie-Branche, speziell in GMO´s (genetically modified organism/gentechnisch veränderter Organismus). Dies zeigt sich deutlich in dem heftig kritisierten Vorzeige-Projekt AGRA (Alliance for a Green Revolution in Africa/ Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika), welches auf Anreiz des ehemaligen UN-Generalsekretärs Kofi Anan von der Bill & Melinda Gates Foundation und der Rockefeller-Stiftung 2006 gegründet wurde. Hinter den technischen top-down-Ansätzen stehen häufig Interessen von Großkonzernen. Die AGRA ist verflechtet mit den Saatgutkonzernen Monsanto und Syngenta. Die AGRA ist zudem ein Teil der 2012 ins Leben gerufenen „Neuen Allianz für Ernährungssicherung“ der G-8. Ein Punkt auf der Agenda der G-8 ist die Stärkung der Eigentumsrechte auf Saatgut, zum Schutz der Privatinvestitionen in die Entwicklung und Produktion von diesen Produkten.
Auf der Webseite der Bill & Melinda Gates Foundation wird erklärt worauf bei AGRA der Fokus gelegt wird. Oberflächlich betrachtet klingt es gut, wer aber zwischen den Zeilen liest, erkennt die große Gefahr von westlicher Wirtschaftsabhängigkeit im Agrar-Sektor für Afrika: „Die Organisation legt bei ihrer gesamten Arbeit viel Wert auf den sinnvollen Einsatz von Wissenschaft und Technologie und innovativen Ansätzen […] Das erste AGRA-Programm befasste sich mit dem fehlenden Zugang für Bauern zu hochwertigem Saatgut, vor allem für die Hauptnahrungsmittel Mais, Sorghumhirse und Maniok. Die Organisation hilft afrikanischen Saatzuchtteams dabei, auf konventionelle Art und Weise Saatgut mit höherem Ertrag zu entwickeln, das für die afrikanischen ökologischen Verhältnisse ideal geeignet ist. AGRA hilft kleinen Unternehmen auch dabei, hochwertige Hybridsamen zu züchten, zu vervielfältigen und zu vermarkten, die für Bauern auch erschwinglich sind. Es gibt mittlerweile Dutzende kleiner Unternehmen im Saatgutbereich, die gemeinsam ungefähr ein Drittel der Samen produzieren, die von Kleinbauern in Afrika verwendet werden. Teil dieses Prozesses ist auch der Transport von Saatgut und Düngemittel zu den kleinen Dorfläden, die Unternehmer mit Hilfe von AGRA aufgebaut haben. Dadurch müssen Bauern nicht mehr so weit laufen, um diese Produkte zu kaufen. In einigen Fällen liegt der nächste Laden 50 km entfernt.“
Die Bill & Melinda Gates Foundation hat vor Jahren mehr als 23 Millionen Dollar für 500.000 Monsanto-Aktien ausgegeben. Monsanto ist nicht an Wohltätigkeit interessiert, sondern nur an Profite und Sicherung der Marktdominanz. Auf einer Bio-Tech Konferenz der Industrie im Januar 1999 hat ein Repräsentant der Arthur Anderson, LLP erläutert, wie sie Monsanto geholfen haben einen strategischen Plan zu entwerfen. Zunächst fragte sein Team die Monsanto Führungskräfte, wie ihre ideale Zukunft in 15 bis 20 Jahren aussehe. Sie beschrieben eine Welt in der alles kommerzielle Saatgut gentechnisch verändert und patentiert ist. Die Berater des Unternehmens Arthur Anderson arbeiteten sich von dem gewünschten Ziel rückwärts zum damaligen Stand und entwickelten eine Strategie und taktische Vorgehen, um das gewünschte Ziel zu erreichen. Sie präsentierten Monsanto wie sie die Industriedominanz erhalten können und natürliche Samen praktisch ausgestorben sind.
Bei AGRA wird genau auf dieses angeblich verbesserte Saatgut gesetzt. Hauptsächlich ist es Hybridsaatgut. Dies mag zwar mehr Ertrag bringen, aber ob es für die Millionen von Kleinbauern, die von AGRA unterstützt werden, sinnvoll und nachhaltig ist, bleibt zu bezweifeln. Zunächst einmal müssen die Bauern jedes Jahr neue Samen kaufen, denn aus Hybridsamen lassen sich absichtlich keine neuen Samen gewinnen. Zudem bekommen die gentechnisch veränderten Samen speziellen Dünger und spezielle Pestizide, natürlich gleich vom Samenproduzenten Monsanto oder Syngenta. All das sind Kostenfaktoren, die mit dem höheren Ertrag der Ernte in Relation gestellt werden müssen. Mehr Ertrag heißt für die Bauern nicht gleichzeitig mehr Profit und Existenzsicherheit. Im Gegenteil, es wird eine Abhängigkeit geschaffen, aus der Kleinbauern nicht mehr hinauskommen. Können sich die Kleinbauern die AGRO-Chemie Produkte und GMO´s nicht mehr leisten, sind sie endgültig ruiniert und ärmer, hungriger sowie hoffnungsloser als je zuvor. In Afrika produzieren Kleinbauern rund 70 Prozent der Nahrung. Traditionell züchten und tauschen die Bauern ihre Samen auf lokalen Märkten. So wird eine große Sortenvielfalt gewährleistet.
AGRA-Kritiker Peter Clausing sieht in AGRA den Versuch „den profitablen Teil der afrikanischen Kleinbauernschaft in die globale Marktwirtschaft einzubinden“. Afrikas Landwirtschaft ist ein noch kaum genutzter Markt für Saat- und Düngerunternehmen. Er hat auch Potenzial für Kapitalinvestitionen und Finanzspekulationen. Als „last frontier“, die letzte Grenze, bezeichnete die Weltbank die Agrar-Industrie in Afrika. AGRA hat diese Grenze schon ein ganzes Stück weit erobert und die Felder im wahrsten Sinne des Wortes bestellt. Im Dezember 2012 verkündete Kofi Annan in einer Rede in Berlin die Erfolge der unheiligen Allianz namens AGRA. Es seien 400 neue Pflanzensorten entwickelt und freigegeben worden. Es wurden 14.000 AgrarhändlerInnen ausgebildet, um die Hybridsorten, die Düngemittel und Pestizide in den Dörfern und Gemeinden zu verkaufen.
Ein weiteres fragwürdiges Projekt ist das mit 47 Millionen Dollar von Bill Gates und Warren Buffet finanzierte Projekt WEMA (Water Efficient Maize for Africa/Wassereffizienter Mais für Afrika). Es soll den dürregeplagten Kleinbauern mit hitzetoleranten Maissorten helfen, die weniger Wasser benötigten als herkömmliche Sorten (Hilfsprojekt mit dürreresistentem Mais als Profittreiber enttarnt).
Monsanto wirbt auf seiner Webseite damit, dass der bis zu 21 Millionen mehr Menschen Nahrung bieten könnte. Die Bill & Melinda Gates Foundation behauptet, dass die Biotechnologie, gentechnisch entwickeltes Getreide und industrieller Einsatz erforderlich sind, um die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren und Programme wie WEMA werden helfen die Armut und den Hunger in den Entwicklungsländern zu beenden. Ein Bericht des African Centre for Biosafety erklärte wiederum, dass WEMA die Ernährungssouveränität von Afrika bedroht und lediglich der Erschließung neuer Märkte für Agribusiness-Riesen wie Monsanto dient.
Dass Hybrid-Sorten und grüne Gentechnik nicht die Lösung liefern kann, wurde bereits in den USA bewiesen. Nach 17 Jahren Freilandversuchen hat es nur eine dürretolerante gentechnisch veränderte Maissorte bis zur Marktreife geschafft. Selbst unter moderaten Dürrebedingungen bietet diese Maissorte bestenfalls einen Ertragsgewinn von nur einem Prozent. Diese Steigerung wäre auch mit traditionellen Zuchtmethoden umsetzbar. Dennoch setzt das WEMA-Projekt auf das Monsanto´s insektenresistente und gentechnisch veränderte MON810 Maissaatgut. 15 Jahre nach der Einführung von gentechnisch verändertem Mais in Südafrika ist das African Centre for Biosafety (ACB) letztendlich zu dem Entschluss gekommen, dass es sich dabei um ein „Totalversagen“ handelt, da MON810 nur ein Gift produziert das Insekten tötet.
„Wenn es Zweifel und Ungewissheiten an der Sicherheit von Lebensmittelprodukten gibt, müssen Vorsorgemaßnahmen getroffen werden, um die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen“, erklärte die Gesundheitsministerin Mugo in Kenia, als sie 2013 genmanipulierte Lebensmittel verbot. Sie stützte ihre Entscheidung auf eine Langzeitstudie aus Europa. Die mit Gen-Mais gefütterten Ratten sterben jünger und erkranken häufiger an Krebs als die mit herkömmlicher Nahrung gefütterten Artgenossen. Im Mai 2014 verkündete auch Simbabwe, dass das Verbot für gentechnisch veränderte Pflanzen und Lebensmittel erhalten bleibt. Der tansanische Präsident hingegen ist ein Fan von Monsanto, wofür er nicht nur von der Bevölkerung heftig kritisiert wird. Die Landwirtschaftsministerin Rose Kamili ist nicht müde zu betonen, wie durch die Abhängigkeit von Monsanto in Indien mehr als 1.000 Bauern wegen hoher Verschuldung und überhöhter Preise von Samen, Dünge- und Pflanzenschutz Selbstmord begingen. in Indien, Argentinien und in Chile ist Monsanto wegen den ausbeuterischen Preisen auf der schwarzen Liste und weil es zu Tragödien und Katastrophen kam, erwägen die Länder gegen Monsanto zu klagen.
Der Protest gegen die auch durch vermeintliche Hilfsprojekte eingeführte westliche AGRO-Industrie wächst. Ein Zusammenschluss von Kleinbauern, Hirten, Jägern und Sammlern, indigene Völker, Bürgern und Umweltschützer aus Afrika wollen kein genmanipuliertes Saatgut. Sie wollen die Entscheidungen für die Ernährungssicherheit und Landwirtschaft nicht in den Händen von Großkonzernen wie Monsanto, Syngenta, DuPont, Dow AgroSciences LLC, Bayer und BASF wissen. Wieso sollen die Konzerne entscheiden welches Saatgut, welche gentechnischen Merkmale, welche chemischen Produkte nötig sind, um die Bedürfnisse der afrikanischen Menschen und Bauern zu erfüllen? Doch die Länder wie Simbabwe, bekommen immer mehr Druck, um die Verbote aufzuheben. In Ghana wurde der ‚Plant Breeders Bill’, ein Pflanzenzüchtergesetz, erlassen, durch das die AGRO-Konzerne ihr gentechnisch verändertes Saatgut in den Markt einführen können. Mit dem Gesetz ist es den Kleinbauern verboten traditionelle Landwirtschaft zu betreiben. Auch das Lagern, der Tausch und das Züchten von Saatgut werden ihnen untersagt. Das Gesetz schützt das geistige Eigentum der Konzerne. Sollten die Kleinbauern irgendetwas anpflanzen was unter Patentrecht steht, drohen hohe Strafen, selbst wenn die Äcker durch Samenflug verunreinigt werden. Es wird den Kleinbauern nichts anderes übrig bleiben als Saatgut zu kaufen. Woher sollen sie wissen, ob Monsanto nicht das Patentrecht auf das Saatgut besitzt, das sie seit Jahrzehnten anbauen?
Die durch die AGRO-Lobby beeinflusste Regierung rechtfertigt die Entscheidung damit, dass die neuen Gesetze „einen Anreiz schaffen würden, neue Saatgutsorten zu entwickeln, um mehr und besser vermarktbares Getreide zu produzieren“. Die Farmer sehen darin nur die Übertragung ihrer Rechte an Monsanto, Rechte die seit Jahrhunderten für die Ernährung Ghana´s sorgten. Das Gesetz wird von den Gegnern daher auch „Monsanto-Gesetz“ genannt. „Mit diesem System werden Bauern gezwungen, in jeder Saison Saatgut zu kaufen“, erklärt die Ghana National Association of Farmers and Fishermen. „Die wirtschaftlichen Folgen für das Leben der Bauern sind katastrophal […] Die Quelle der Nahrung ist Saatgut. Wer das Saatgut kontrolliert, kontrolliert die gesamte Nahrungskette“, warnt auch Duke Tagoe von Food Sovereignty Ghana, der weltweit die immensen Schulden der Bauern kennt, die sie wegen dem Saatgut-Monopolisten Monsanto haben.
Es ist erschreckend, das im Mantel der Wohltätigkeit, die Bill & Melinda Gates Foundation ein wesentlicher Faktor ist, um die Ziele der Wirtschaft zu erreichen. Was passiert, wenn die Bill & Melinda Gates Foundation mit dem WEMA und AGRA Projekten fertig ist. Dann wird das Saatgut nicht mehr subventioniert. Es wird abertausende Kleinbauern Afrikas in den Ruin und Armut treiben. Das kann nicht der Weg für das erklärte Ziel sein, den Hunger in der Welt auszurotten, wie Bill Gates es formuliert. Die Bill & Melinda Gates Foundation wird wegen ihrem Vermögens-Trust auf jeden Fall profitieren. Die Bill & Melinda Gates Foundation ist ein in vielerlei Hinsicht fragwürdiges humanitäres Großprojekt, was mit Kontrolle, Macht und Einfluss nur dort tätig ist, was es selbst als humanitär erstrebenswert hält. Der Begriff Wohltätigkeitskapitalismus ist gar nicht so schlecht gewählt, denn die Wohltätigkeit der Bill & Melinda Gates Foundation fließt in die Industrie, also in das Kapital.