Dem größten Lebensmittelhersteller Nestlé wurde in Indien ein landesweites Verkaufsverbot von Maggi Nudelsuppen auferlegt. In den Produkten wurden in Tests neben zu viel Blei auch Glutamat nachgewiesen, obwohl Nestle mit dem „NO MSG added“-Label auf der Packung wirbt. Der Verzehr ist nicht nur gefährlich, sondern auch die Deklarierung ist trügerisch.
Nun droht Nestle einer der größten Imageverluste und größten Lebensmittelskandale der letzten Jahrzehnte. Indische Lebensmittelkontrolleure der Behörde für Nahrungsmittelsicherheit (The Department of Food & Drug Administration haben bereits im Mai in einem kleinem Laden im Bundestaat Uttar Pradesh in Chargen der weltweit beliebten Maggi Nudelsuppen die bis zu siebenfache Menge der zulässigen Blei-Konzentration nachgewiesen.
Daraufhin untersuchten und fanden Lebensmittelkontrolleure in anderen Bundesstaaten ebenfalls zu hohe Bleikonzentrationen in Maggi Nudelsuppen und verbannten das Produkt vom Markt. Die indische Behörde für Nahrungsmittelsicherheit gab bekannt, dass man ein strafrechtliches Verfahren gegen Nestlé India eingeleitet habe. Der Verkauf von Maggi Nudelsuppen wurde landesweit gestoppt und dem Unternehmen wurde die Produkten des Produkts untersagt.
Allein diese Tatsache ist schon ein herber Rückschlag für Nestlé für auf einem Markt in einem Land mit der zweitgrößten Einwohnerzahl der Welt. Doch es kommt noch schlimmer. Auf der Packung wirbt Nestlé mit dem „NO MSG added“-Label. „NO MSG added“ (No Monosodium glutamate added) bedeutet, dass der Geschmacksverstärker Natriumglutamat nicht hinzugeführt wurde. Doch genau diesen haben die Lebensmittelkontrolleure der Behörde für Nahrungsmittelsicherheit in den Proben ebenfalls nachgewiesen. Sie deklarieren das Produkt das Produkt als „unsicher und gefährlich“. Ein klarer Fall von Etikettenschwindel und Betrug am Kunden.
Die indischen Bürger zeigen ihren Unmut ganz deutlich. Sie protestieren auf der Straße und verbrennen symbolisch Packungen von Maggi Nudelsuppen. Besonders erbost sind die Bürger wie sich Nestlé in diesem Fall verhält, gerade weil Kinder mit Vorliebe Maggi Nudelsuppen essen. Immer mehr Beschwerden über Maggi tauchen in Verbraucher-Foren auf. Es wird von Käfern und Gummibändern in den Tüten berichtet sowie über Pilze und üble Gerüche.
Nestlé hatte angekündigt die Nudeln aus dem Handel zu entfernen. Die Wut richtet sich auch gegen die Behörde für Nahrungsmittelsicherheit. Amit Khurana vom Zentrum für Wissenschaft und Umwelt (CSE) in Neu Delhi erklärte, dass die Behörden Lizenzen vergeben und den Unternehmen erlaubt nahezu jegliches Logo auf die Packung zu drucken ohne jemals die Produkte zu testen. Es ist jetzt das erste Mal das die Lebensmittelprüfer tatsächlich ein industriell verarbeitetes Lebensmittel auf Schwermetalle untersuchten.
Nestlé wehrt sich gegen die Vorwürfe und erklärte den, den viel zu späten eigenen, Rückruf des Produktes, „weil die jüngsten Entwicklungen und unbegründete Bedenken eine Atmosphäre der Verwirrung geschaffen hätten“. Das Unternehmen verweist auf eigene Untersuchungen und vertritt die Ansicht, dass die Lebensmittelkontrolleure die Proben nicht nach Vorgaben des Protokolls getestet haben. Weiterhin kritisiert Nestlé die widersprüchlichen Vorgaben was die Deklarierung von dem Geschmacksverstärker Natriumglutamat betrifft. Nestlé-Chef Paul Bulcke weiß um den Ernst der Lage und reiste eilig nach Indien um die Lage zu beruhigen. Doch leider nur mit mäßigem Erfolg. In einer Pressekonferenz erntete er heftige Kritik an der anfangs zögerlichen Reaktion von seitens Nestlé und wurde mehrmals von den Reportern niedergeschrien.
Bulcke versuchte zu erklären: „Wir wenden in Indien die gleichen Qualitätsstandards und Methoden wie auf der ganzen Welt an“ und zudem haben „unsere Tests […] ergeben, dass Maggi absolut sicher ist.“ Desweiteren werde das Unternehmen die „No MSG added“ Deklaration von den Verpackungen entfernen. Nestlé leidet ohnehin schon an einem schwachen Wachstum auf dem indischen Markt und dieser Lebensmittelskandal wird die Marktposition nicht unerheblich schwächen. Besonders die von den Indern geliebten Nudelsuppen machen 25 Prozent des Jahresumsatzes in Indien aus. 80 Prozent der in Indien verkauften Instant Nudelsuppen kommen von Nestlé mit einem Umsatz von etwa 213 Millionen Euro.
Die Klage gegen Nestlé schwächt die Marke zusätzlich. Sollte es zu einer Verurteilung kommen, wird es für die verantwortlichen Firmenvertreter Nestlé India sehr ernst. Ihnen droht eine Gefängnisstrafe von mindestens drei Jahren. Aber nicht nur das Unternehmen ist im Fokus der Staatsanwaltschaft. Auch die indischen Schauspieler Amitabh Bachhan, Madhuri Dixit and Preity Zinta wurden verklagt, weil sie in Fernsehwerbespots für die Maggi Nudelsuppen warben. Ihnen wird vorgeworfen große Geldsummen angenommen zu haben, um die Werbebotschaft zu vermitteln, dass Maggi Nudelsuppen gesund sein. Damit haben sie vorsätzlich Falschinformationen vertreten und die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen des Landes auf Spiel gesetzt.
Auch aus der Branche erntet Nestlé Kritik. Viele Experten und Marktanalysten kritisieren die Geschäftspolitik des Unternehmens, denn das Land mit der zweitgrößten Bevölkerung der Erde zählt zu den größten Hoffnungsmärkten der Lebensmittelindustrie. Arvind Singhal, Vorsitzender der auf den Einzelhandel spezialisierte Beratungsfirma Technopak erklärt: „In diesen Tagen und Zeiten der sozialen Medien kann man Regierung und Konsumenten nicht in Zweifel ziehen.“ Singhals Worte sind deutlich: „Wenn sie mich fragen, war alles falsch, was Nestlé gemacht hat.“
Das Hongkonger Finanzhaus CLSA berichtet: „Auch wenn nur Nudeln betroffen sind, könnte sich das wegen des gemeinsam Brandings auch auf andere Produkte wie Pasta oder Ketchup auswirken“. Finanzexperten der Investmentbank Morgan Stanley raten ebenfalls zur Vorsicht. Innerhalb von zwei Handelstagen hat die Aktie über zehn Prozent an Wert verloren.
Bedenklich ist nun das gesamte Image von Maggi Nudelsuppen in Indien, welches sich durch diesen Skandal regelrecht selbst zerlegt hat. Das Produkt ist in Indien seit 1983 erhältlich und galt vor allem in den 80ern als das westliche Lifestyle-Produkt, welches für jedermann erschwinglich war. Mit gerade mal 20 Cent konnte sich nahezu jeder eine Maggi Nudel leisten. Es stand als Sinnbild für einen gesunden Snack der sorgenfrei verzehrt werden kann sogar guten Willens seinen Kindern geben konnte, anstelle einer Nudelsuppe von einer der vielen unhygienischen und verdreckten Straßenküchen an der Ecke nebenan.