Water-Footprint

Deutschland ist Exportweltmeister und ein absoluter Global Player im weltweiten Handel. Auch bei den Importen ist Deutschland ganz vorne mit dabei. Vor allem wenn es darum geht durch den Import von wasserintensiven Produkten aus wasserarmen Ländern die bereits bestehende Wasserkrise zu verschlimmern.

Die Wirtschaftsleistung Deutschlands schlägt einen Rekord nach dem anderen. Trotz ständiger Schulden- und Finanzkrisen ist Deutschland im weltweiten Handel so gut wie überall bei den relevanten Wirtschaftskennzahlen in den Top 3 oder Top 5 aufzufinden. Das damit auch die Ausbeutung von Schwellenländern mit einhergeht ist nun mal nicht zu ändern. Wer im weltweiten Wettbewerb bei den Gr0ßen am Tisch sitzen will, muss ökologische und soziale Kollateralschäden hinnehmen. Auch wenn es sich um eine lebenswichtige Ressource wie Wasser handelt. Wie sonst lässt sich die negative Bilanz Deutschlands von virtuellem Wasser durch den Wasserfußabdruck erklären.

Virtuelles Wasser

Den Begriff des virtuellen Wassers prägte der britische Geologe John Anthony Allan vom King´s College London um 1995. Er wollte damit die tatsächliche verbrauchte Menge Wasser pro Produkt oder Dienstleistung aufzeigen. So werden beispielsweise für die Produktion von einer Tasse Kaffee 140 Liter Wasser benötigt, für eine Jeans etwa 6.000 Liter. Allan erhielt 2008 für seine Arbeit den „Stockholmer Wasserpreis“ des Stockholm International Water Institute.

Es war ein langer Weg für den Geologen das Thema virtuelles Wasser in das Bewusstsein der Menschen, der Industrie und der Politik zu bringen. Bis die Wissenschaft das Konzept von Allan akzeptierte, ist mehr als ein Jahrzehnt vergangen. In der Wirtschaft und der Politik findet das Konzept sogar heute nur leidlich Beachtung. „Virtuelles Wasser hat nur einen kleinen Platz im Denken der Mächtigen“, sagte Allan 2006 in Frankfurt/Main bei einer Tagung des Institutes für sozial-ökologische Forschung zum Leitthema „Virtueller Wasserhandel“. Heute wäre die Aussage genauso zutreffend.

Die Bedeutung des virtuellen Wassers wird vor allem dann deutlich, wenn bedacht wird, dass nach Angaben der Vereinten Nationen jedes Jahr vier Millionen Menschen an Krankheiten durch verschmutztes Wasser bzw. durch Wasserknappheit sterben. Das sind mehr als 10.000 Menschen täglich, und mit 4.000 bis 6.000 toten Kindern trifft es überwiegend die Schwächsten der Gesellschaft. Laut UN werden bis 2030 mehr als 5,4 Milliarden Menschen davon betroffen sein.

Die Begriffe Wassermangel und Wasserknappheit sind international eindeutig definiert. Die schwedische Hydrologin Malin Falkenmark spricht von Wassermangel, wenn in einem Land die erneuerbaren Süßwasserreserven pro Kopf und Jahr 1.700 Kubikmeter unterschreiten. Bei Wasserknappheit liegt das Volumen unter 1.000 Kubikmetern pro Kopf und Jahr. 1995 hatten noch 92 Prozent der 5,7 Milliarden Menschen ausreichend Wasser zur Verfügung, es litten also „nur“ drei Prozent unter Wassermangel und fünf Prozent unter Wasserknappheit. Im Jahr 2050 wird fast die Hälfte der Menschen darunter leiden, 18 Prozent unter Wassermangel und 24 Prozent unter Wasserknappheit – unglaubliche 42 Prozent der Menschheit wird nicht über Zugang zu genügend sauberem Wasser verfügen.

Die Deutschen sind Weltmeister im Wasser sparen

Einige werden sich noch an den Ziegelstein im Spülkasten erinnern, um den Wasserverbrauch der Toilettenspülung zu reduzieren. Heute gibt es zum Glück moderne Spülkästen mit einer Spartaste. Unser ökologisches Gewissen ist stark ausgeprägt und dank moderner Armaturen, effizienter Haushaltsgeräte und der Nutzung von Brauchwasser für Garten und Toilette liegt der tägliche Bedarf durchschnittlich bei unter 130 Litern pro Bundesbürger. Leider wurde bei dieser Rechnung nicht das virtuelle Wasser eingerechnet. Ein normaler Morgen mit duschen, Zähne putzen, einer Tasse Kaffee (140 Liter), zwei Spiegeleiern (400 Liter), zwei Scheiben Brot (80 Liter) mit Käse (100 Liter) und Tomate (13 Liter) lassen die Bilanz des eigenen Wasserverbrauchs unbewusst zur Katastrophe werden.

Nur an so einem typischen Morgen sind schon mehr als 733 Liter Wasser genutzt worden und der Tag fängt gerade erst an. Wird also das virtuelle Wasser dazu gezählt, welches bei der Produktion jedes Produktes anfällt, liegt der Verbrauchsdurchschnitt der Bundesbürger bei mehr als 4.000 Litern täglich.

Noch ist das virtuelle Wasser nicht in unseren täglichen Gedanken verankert und keiner achtet so richtig auf den Wasserverbrauch einzelner Produkte des täglichen Bedarfs – schon gar nicht, wenn sie kein Wasser enthalten wie zum Beispiel die Jeans. Abgesehen vom virtuellen Wasser macht der bewusste Umgang der Deutschen mit dem Trinkwasser einigen Städten große Sorgen, die das Wasser sparen am Ende ad absurdum führt. Da die Leitungsnetze für größere Wassermassen ausgelegt wurden und durch das Sparen die Fließgeschwindigkeit reduziert wird, bilden sich vermehrt Keime.

Um dem entgegen zu wirken, spülen die Wasserbetriebe die Leitungen mit Trinkwasser. Es wird also Zeit für den Bundesbürger, nicht nur das sichtbare Wasser des täglichen Bedarfs einzusparen, sondern sich mehr Gedanken über das virtuelle Wasser zu machen und damit real die Wasserressourcen zu schonen. Vor allem gilt es die Ressourcen in den Ländern nicht weiter zu belasten, in denen Wasser sowieso Mangelware ist.

Der Wasser-Fußabdruck

Der Niederländische Wissenschaftler Arjen Hoekstra baute mit seinen Ideen auf dem Konzept des virtuellen Wassers auf und entwickelte den „Water-Footprint“ (Wasserfußabdruck). Der „Water-Footprint“ zeigt die virtuellen Wasserhandelsströme auf und veranschaulicht damit die Import-Export Bilanzen eines Landes. Durch den Wasserfußabdruck kann der tatsächliche Wasserverbrauch eines Landes, eines Unternehmens oder einer einzelnen Person ermittelt werden. Weltweit werden 80 Prozent des verbrauchten virtuellen Wassers für die Landwirtschaft verwendet und die restlichen 20 Prozent fallen auf industriell gefertigte Güter. Gerade in der Rinderzucht ist der Wassereinsatz enorm hoch.

Neben dem großen Durst eines Rindes werden auch die Futtermittel mit eingerechnet, die aus Rohstoffen wie etwa Sojabohnen bestehen. So werden bei der Produktion von einem Kilo Rindfleisch unglaubliche 14.000 Liter Wasser benötigt. Daniel Zimmer, Leiter des UNESCO IHE (Institute for Water Education) in den Niederlanden, sagte über den großen Fleischverbrauch der US-Bürger: „Wenn die ganze Welt so viel virtuelles Wasser verbrauchen würde wie die Menschen in Nordamerika, bräuchte die Welt 75 Prozent mehr Wasser für die Nahrungsmittelproduktion als heute.“

Werden die „Wasser-Fußabdrücke“ der verschiedenen Länder genauer betrachtet, wird deutlich wie ungerecht das Wasser verteilt ist. Das wasserreiche Deutschland ist der weltweit drittgrößte Importeur von virtuellem Wasser nach den USA und knapp hinter Japan. Es liegt daher nahe, dass Industrienationen, die durch ihre geografische Lage meist über große Wasserreserven verfügen, die Wasserknappheit in der dritten Welt zusätzlich verstärken.

Der Wasser-Fußabdruck Deutschlands

Nach der Definition von Hoekstra setzt sich der gesamte Wasserfußabdruck Deutschlands aus dem internen und externen Wasserfußabdruck zusammen. Der interne Wasserfußabdruck ist die Summe des Wasserverbrauchs für Trink- und Sanitärwasser sowie für Güter, die in Deutschland erzeugt und verbraucht werden. Der externe Wasserfußabdruck ist der Wasserverbrauch für Güter und Dienstleistungen, die in anderen Ländern produziert, von dort nach Deutschland exportiert und dort konsumiert werden.

Der gesamte Wasserfußabdruck Deutschlands beläuft sich auf 160 m³/Jahr. Insgesamt importiert die Bundesrepublik 125 Mrd. m³/Jahr und exportiert 65 Mrd. m³/Jahr an virtuellem Wasser. Bei dem Wert des Wasserfußabdrucks für importierte Güter muss beachtet werden, dass es sich um den Bruttowert handelt. Darin ist auch der Teil von wassertragenden Importgütern enthalten, die nach der Verarbeitung wieder in den Export gehen. Dies wird durch eine Import-Export-Saldierung berücksichtigt.

Zum besseren Verständnis der Wasserbilanz – die 160 Mrd. m³ pro Jahr entsprechen mehr als das Dreifache des Stauinhalts des Bodensees, des zweitgrößten Sees Europas. Wird dann das Defizit von Import und Export berücksichtigt, ist der Durst Deutschlands an virtuellem Wasser deutlich zu erkennen. In absoluten Zahlen mag die Zahl im internationalen Vergleich hoch sein, doch hinsichtlich der Diskrepanz zwischen Import und Export ist er im internationalen Vergleich außergewöhnlich hoch.

Es könnte argumentiert werden, dass der externe Wasserfußabdruck, abgesehen von der Abhängigkeit vom Import wassergetragener Produkte und der Sicherstellung der Versorgung solcher Produkte, keineswegs problematisch ist. In einer globalisierten Welt mit gut ausgebauten internationalen Handels- und Transportsystemen zu Land, zu Wasser und in der Luft haben unsere internationalen Handelspartner, auch die aus den Schwellen- und Entwicklungsländern, durch unseren hohen Import eine gesicherte Einkommensquelle für ihre Bevölkerung.

Daher müssen für eine faire Beurteilung auch immer die regionalen Klima- und Produktionsrahmenbedingungen des exportierenden Erzeugerlandes miteinbezogen werden. Da der größte Teil des globalen Wasserfußabdrucks auf die Erzeugung von Nahrungsmitteln zurückgeht, wurde gerade in diesem Bereich die Berechnung für diesen Bereich weiterentwickelt und verfeinert. Zu diesem Zweck wurden 2009 vom WWF (Sonnenberg, A., Chapagain, A., Geiger, M. & August, D.) und 2012 vom Statistischen Bundesamtes Wiesbaden entsprechende Studien durchgeführt.

Wasserfußabdruck landwirtschaftlicher Güter Deutschlands

Dem inländischen Wasserfußabdruck für landwirtschaftliche Güter steht ein externer Wasserfußabdruck von insgesamt 103 Mrd. m³ pro Jahr virtuellen Wassers gegenüber, der die Importe pflanzlicher und tierischer Produkte wiederspiegelt. Dieser Wert ist deutlich mehr als das Doppelte der inländischen Erzeugung von Agrarprodukten. 30 Mrd. m³ des importierten virtuellen Wassers im Agrarbereich kommen als Vorprodukte zur Herstellung von für den Export bestimmten Agrarerzeugnissen in die BRD. Das sind beispielsweise Futtermittel, wie Soja aus Brasilien, mit denen Tiere in Deutschland gefüttert werden und diese als Fleischprodukte exportiert werden. Dieser Export liegt bei knapp 66 Mrd. m³ Wasser pro Jahr und ist damit deutlich höher als der Wasserfußabdruck der gesamten inländischen Agrarproduktion.

 

Unterschieden werden muss beim Import von virtuellem Wasser zudem zwischen grünem Wasser (Niederschlag) und blauem Wasser (künstliche Bewässerung) unterschieden werden. Von dem importierten virtuellen Wasser sind 95 Prozent grünes Wasser und 5 Prozent blaues Wasser. Nachfolgend eine Aufstellung der Hauptimportländer und Waren für grünes und blaues Wasser.

Grünes Wasser

1. Brasilien
2. Den Niederlanden
3. Indonesien
4. Der Elfenbeinküste
5. Frankreich
6. Ghana
7. Polen
8. Kamerun
9. Italien
10. Argentinien

Kaffee, Kakao und Tee sowie pflanzliche Fette und Futtermittel sind die Hauptimportgüter aus diesen Ländern. In Brasilien hinterlässt Deutschland den größten externen Wasserfußabdruck.

Blaues Wasser

Mit nur 5,1 Mrd. m³ pro Jahr macht der Wasserfußabdruck des blauen Wassers lediglich 5 Prozent aus. Allein von der nackten Zahl scheint dies vernachlässigbar zu sein. Dem ist aber ganz und gar nicht so. Hinter den 5 Prozent versteckt sich die Herstellung besonders wasserintensiver Güter durch Bewässerung. Meist kommt diese in Ländern mit Wasserknappheit zum Einsatz und hat erheblichen Einfluss auf die Wasserverhältnisse. Die Bewässerungslandwirtschaft hat zudem die höchste Wachstumsrate im Agrarsektor, was zu einer Verschärfung der Wassersituationen durch blaues Wasser führen wird. Daher ist insbesondere der Blick auf das blaue Wasser im Wasserfußabdruck Deutschlands zu achten.

Die 10 wichtigsten Länder sind:

1. Spanien
2. Frankreich
3. USA
4. Italien
5. Die Niederlande
6. Indien
7. Türkei
8. Belgien
9. Usbekistan
10. Griechenland

Bei blauem Wasser sind die Hauptimportgüter aus diesen Ländern Obst, Gemüse, Nüsse, Zucker und Baumwolle.

Auswirkungen des externen landwirtschaftlichen Wasserfußabdrucks Deutschlands

Die Auswirkungen hängen von mehreren Faktoren in den Erzeugerländern ab. Zum einen sind es die klimatischen und naturräumlichen Bedingungen. Des Weiteren sind es die technologischen und verwaltungstechnischen Standards sowie die angebauten Produkte. Daher kann es sogar bei Ländern zu Wasserstress kommen, die bezüglich klimatischer Bedingungen mit reichlich Wasser gesegnet sind. Also auch wenn Deutschland Produkte aus Ländern mit grünem Wasser importiert, ist dies nicht als unproblematisch zu verstehen.

Brasilien gehört zu den Wasserreichsten Ländern der Welt und verfügt über rund 14 Prozent der weltweiten Wasserreserven. Dennoch kann das Land heute den Großteil der Bevölkerung nicht mit sauberem Trinkwasser versorgen. Der intensive Anbau von Soja als Futtermittel und Zuckerrohr für Biosprit sind nur durch exzessiven Pestizideinsatz möglich. Dadurch werden die natürlichen Wasservorräte zunehmend verschmutzt. Hinzu kommt das massive Abholzen des Regenwaldes für den Ackerbau, wodurch es zu Störungen des lokalen und globalen Wasserkreislaufs kommt.

Mag mit dem Beispiel Brasilien ein extremer Fall hier genannt worden sein, zeigen sich die Auswirkungen der externen Wasserfußabdrucks Deutschlands auf den Import von blauem Wasser durchweg negativ. Um darzulegen, welche Länder unter negativen Auswirkungen des Exports von virtuellem Wasser leiden, muss vorher festgestellt werden, welche dieser Länder bereits heute mit Wasserdefiziten zu kämpfen haben. Dafür haben Hoekstra und Mitstreiter in den Jahren 2011/2012 die größten Flusseinzugsgebiete der Welt auf Wassermangel untersucht. Sie haben dann die Berechnungen des blauen Wasserfußabdrucks dem natürlichen Wasserdargebot gegenübergestellt. Dies wurde in räumlicher und zeitlicher (Monatsbasis) und unter Berücksichtigung eines ökologisch erforderlichen Mindestabflusses dargestellt.

Wasserknappheit wurde dahingehend definiert, wenn mindestens in einem Monat des Jahres der Bedarf an Wasser für die Bewässerung die verfügbaren ober- und unterirdischen Wasservorräte übersteigt. Dies ist der Fall bei 9 der 10 oben aufgeführten Hauptimportländer von blauem Wasser nach Deutschland. Die Bundesrepublik hinterlässt seinen höchsten externen blauen Wasserfußabdruck schon heute in Ländern wo bereits Wasserstress herrscht.

Spanien

Die Meldungen des letzten Sommers sind vielen bestimmt noch bekannt. In Spanien herrschte Wassernotstand und die Urlauber wurden angehalten Wasser zu sparen. Trotz ungünstiger Wasserverhältnisse wegen des semiariden Klima ist Spanien der Obst- und Gemüsegarten Europas. Die intensive Landwirtschaft benötigt schon heute mehr als 75 Prozent des gesamten Wasserverbrauchs Spaniens. Und das obwohl die wassersparende Technik der Tröpfchenbewässerung verbreitet eingesetzt wird.

Im Süden Spaniens ist die Lage besonders katastrophal. Die Grundwasservorkommen und oberirdischen Gewässer werden völlig übernutzt, zum Teil auch durch hunderte illegal gebohrte Brunnen. Die Provinz Almería ist heute schon ein Wassernotstandsgebiet und die Wasserversorgung der ortsansässigen Bevölkerung ist gefährdet. Mitschuld ist der Anbau wasserintensiver Produkte wie Paprika und Erdbeeren.

Türkei

Auch für die Türkei ist die Landwirtschaft ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Auch hier ist mit 71 Prozent des Gesamtverbrauchs der Wasserressourcen die Landwirtschaft, insbesondere Baumwolle und Getreide, für den Wasserstress der Hauptverursacher. Massive Übernutzung der Vorkommen sowie illegale Wasserentnahmen führen zu gravierenden Schäden in der Umwelt und zu Versorgungsengpässen bei der Wasserversorgung der Bevölkerung. Mit Talsperrenbau im großen Stil an Euphrat und Tigris will die Türkei seine Wasserkrise meistern. Dies führt seit Jahren zu Konflikten mit den Anrainerstaaten. Wenig wird gegen die ineffiziente Bewässerungstechnik getan, wodurch ein Großteil des Wassers unproduktiv verloren geht.

WTO Water Footprint 2

Indien

Der wirtschaftliche Aufschwung Indiens ist ebenfalls zum großen Teil dem Agrarsektor zu verdanken. Indien setzt vermehrt auf die Bewässerung der wasserintensiven Baumwolle, die aktuell das wichtigste Wirtschaftsgut des Landes darstellt. Trotz zunehmenden und intensiven Pestizideinsatzes sind die Ernteerträge niedrig. Obwohl der Anbau von Baumwolle nur 5 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche einnimmt, werden dort 54 Prozent der Pestizide ausgebracht. Die Folge ist die zunehmende Verschmutzung des Wassers sowie eine massive gesundheitliche Beeinträchtigung der Farmer und der Bevölkerung.

Diese Beispiele verdeutlichen die Relevanz eines hohen externen Wasserfußabdrucks wie ihn Deutschland hat. Die importierenden Länder sind mitverantwortlich für die dramatischen Situationen in diesen Ländern. Gefragt sind hier die internationale und nationale Politik, die Unternehmen im Export- und Importland, aber auch die Verbraucher in Deutschland. Dem Verbraucher muss klar sein, wie viel „Wasser“ er im täglichen Einkaufskorb hat.

Anderswo wird auch nicht intelligenter gehandelt. Australien ist eine der trockensten Regionen der Welt. Das hindert die Australier jedoch nicht, Obst, Wein und Fleisch in großem Umfang zu exportieren. In Israel ist die Lage nicht anders. Die Israelis leben beim Wasserkonsum über ihre Verhältnisse. 1,9 Milliarden Kubikmeter stehen ihnen jährlich aus erneuerbaren Wasservorkommen zur Verfügung. Sie verbrauchen jährlich dennoch etwa 200 Millionen Kubikmeter mehr. Dadurch sickert, genau wie in den Mittelmeerländern, immer mehr Meerwasser in die Grundwasserspeicher. 20 Prozent der Reserven sind bereits versalzen. Wenn dann noch bedacht wird, dass 75 Prozent des jährlichen Wasserverbrauchs allein auf das Konto der Landwirtschaft gehen, ist es verständlich, warum der Rechnungshof des Landes feststellt: „Mit Grapefruits und Orangen wird Wasser ausgeführt, zum Schaden der Volkswirtschaft.“

Zusammenfassung

Die Bundesrepublik importiert zwei Mal so viele Agrarerzeugnisse aus dem Ausland wie es sie selbst produziert. Damit liegt Deutschland hinter den USA und knapp hinter Japan auf Platz 3 im weltweiten „Wasserimport“. In mehr als 200 Ländern hinterlässt Deutschland seinen Wasserfußabdruck.

Die heftigen Auswirkungen zeigen sich deutlich, wenn der außergewöhnlich hohe externe Wasserfußabdrucks Deutschlands in Relation mit der Karte mit Flusseinzugsgebieten und den dazu gehörigen Ländern, die unter Wassermangel leiden, mit deren Wassernutzung im Agrarsektor gebracht werden. Unter den Top 10 der Importländer leiden 9 schon heute unter einer mehr oder weniger ausgeprägten Wassernot.

Der hohe externe Wasserfußabdruck bedeutet, dass hier eine Verlagerung des Wasserfußabdrucks von Deutschland in ein anderes Land stattfindet. Dies kommt einer Abwälzung der Kosten und Konsequenzen des hohen Wasserverbrauchs gleich. Deutschland verlagert so den Wasserverbrauch ins Ausland und trägt nicht die Umwelt- und Sozialkosten der mit der Produktion einhergehenden Verschmutzung des Wassers und der Umwelt im Exportland. Dadurch wird eine nicht nachhaltige Nutzung der Ressource Wasser in den Erzeugerländern sogar eher gefördert, da die Exporte für diese Länder erheblichen wirtschaftlichen Nutzen bringen.

In der gesamten Mittelmeerregion gehören leere Stauseen, ausgetrocknete Flussbetten und verdorrte Felder immer mehr zum Ist- Zustand. Das sind alles Auswirkungen falscher Agrarpolitik. Denn anstatt Produkte anzubauen, die zu diesen Regionen passen, gehen Spanien und Griechenland immer mehr zu bewässertem Anbau von Mais, Baumwolle, Tomaten oder Erdbeeren über – auch weil das von der EU mit Subventionen gefördert wird.

Die Agrarpolitik der EU ist ebenso dafür verantwortlich, dass vier Millionen Hektar fruchtbaren Landes in einem natürlichen Grüngürtel der Erde dem Ackerbau auf Kosten des Steuerzahlers entzogen wurden. Damit ist unter anderem die deutsche Landwirtschaft gemeint. In der EU könnte Weizen angebaut werden, der den wasserarmen Regionen helfen würde, die Ressourcen zu schonen. Positiver Nebeneffekt wäre es, die eigene Import-Export Bilanz von virtuellem Wasser zu verbessern und virtuelles Wasser zu exportieren.

Zusätzlich könnte die EU Druck auf die Eliten wasserarmer Länder ausüben, damit diese stärker auf ihre Wasserreserven achten und endlich modernere Anbaumethoden und Bewässerungssysteme nutzen. Scheinbar liegen die Prioritäten jedoch beim wirtschaftlichen Wachstum der EU und der marktwirtschaftlichen Vorherrschaft als einer der Global Player, anstatt ein fairer Handel mit Schwellen- und Drittländern.

Für den WWF (World Wide Fund For Nature) sind das virtuelle Wasser und der Wasserfußabdruck wichtige Instrumente für die Zukunft. Mit ihnen soll das Verständnis für Wasser und die Reduzierung des Ressourcenverbrauchs vorangetrieben werden. Der WWF arbeitet außerdem an Anwendungsmöglichkeiten und Strategien, wie die Industrie ihren Wasser-Fußabdruck verringern kann. Dabei geht es nicht nur um die Einsparung von Wasser an sich, vielmehr sollen die Länder und Unternehmen darauf achten, dort Wasser einzusparen, wo es sowieso knapp ist.

Das Ziel lautet den negativen Folgen für die Natur und den Menschen entgegen zu wirken. Der WWF führt deshalb Feldprojekte durch, um nachhaltige Landwirtschaftsmethoden und wassersparende Bewässerungs-und Anbaumethoden zu testen. Oft sind die kilometerlangen Kanäle für Reis, Baumwolle und Zuckerrohr technisch veraltet, auf dem Weg zu den Feldern gehen durch Verdunstung und defekte Kanäle Unmengen an Wasser verloren.

WTO Water Footprint 3

Ausblick

Wasserkrisen und Druck auf die verfügbaren Wasserreserven werden in naher Zukunft weiter dramatisch ansteigen. Die exponentiell zunehmende Weltbevölkerung und der dadurch steigende Ernährungsbedarf sowie die sich ändernden Konsumgewohnheiten der aufstrebenden Länder wie China werden die Übernutzung der Wasserressourcen noch steigern. Neue Prognosen schätzen, dass bereits in der nächsten Generation etwa die Hälfte der Menschheit unter chronischem Wassermangel leiden wird, sofern sich die Konsumgewohnheiten der Menschen nicht grundlegend ändern.

Dabei zählt jeder Einzelne. Jeder kann einen Beitrag dazu leisten die prognostizierte Katastrophe zu verhindern oder zumindest zu mindern. Entgegen der allgemeinen Meinung sind wir durch unsere Einkaufsentscheidungen im Alltag diejenigen, die bestimmen was in den Regalen liegt. Unser Einkaufsverhalten spiegelt sich in den Regalen wieder, denn es sind unsere Entscheidungen beim Einkaufen was die Lebensmittelindustrie aus anderen Ländern importiert. Nur wenigen ist bewusst, dass wenn sie im Winter Erdbeeren aus Spanien kaufen, damit den Wassernotstand in diesem Land fördern.

Natürlich setzt dies einen informierten und mündigen Käufer voraus. Eine umweltfreundliche und global-soziale Einstellung ist auch mit Arbeit und Nachdenken verbunden, was scheinbar immer mehr Menschen zu viel Mühe macht bzw. es nur wenig interessiert, was außerhalb des eigenen Radius passiert. Verantwortung für die Zukunft und die Welt zu übernehmen ist Privileg. 


Sollen solche tiefgreifenden Wandlungsprozesse nicht auf einzelne „Vorkämpfer“ beschränkt bleiben, sind wie der Sozialphilosoph J. Heinrichs treffend formuliert hat, Grundwertediskussionen in unserer Gesellschaft nötig, wie etwa über unseren zukünftigen Lebensstil. Nur dann kann daraus eine soziale Bewegung entstehen, die das notwendige transformative Potential besitzt.

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